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Worten Vater Marchants spürte er, dass er sein Heil gefunden hatte. Er war ein Ritter des Fischerordens, dem die Kirche eine Aufgabe übertragen und eine Belohnung im Himmel versprochen hatte. Seine Seele hob sich dem feierlichen Augenblick entgegen, und er schwor sich, dass er diesem Männerbund aus vollem Herzen und mit aller Kraft dienen würde.
«Erhebt euch und betet», forderte Vater Marchant die Männer auf, «denn morgen brechen wir zu unserer Mission auf.»
«Gott sei gedankt», sagte Robbie.
Sculley furzte. Das Geräusch echote in der Abteikirche wider und schien sehr lange nachzuhallen.
«Gott», sagte Sculley, «der war feucht.»
Der Orden des Fischers war geweiht und würde in den Krieg ziehen.
«Das Geheimnis», sagte Thomas, «liegt darin, einen Bolzen in die Nut einzulegen.»
«Einen Bolzen?»
«Ein Geschoss. Einen Pfeil.»
«Ah!», sagte die Frau. «Ich wusste doch, dass ich etwas vergessen hatte. Das kommt vor, wenn man alt wird. Man vergisst Sachen. Mein Mann hat mir gezeigt, wie man sie benutzt», sie legte die Armbrust auf eine kleine Holzbank, die zwischen zwei Orangenbäumen stand, «aber ich habe nie damit geschossen. Obwohl ich mehrmals in Versuchung war, ihn zu erschießen. Seid Ihr auf der Flucht?»
«Ja.»
«Wir werden nass. Kommt hinein.» Die Frau war alt und gebeugt, ein winziges Geschöpf, das Thomas kaum bis zur Mitte reichte. Das Gesicht der Alten war von Falten zerfurcht, wettergegerbt und wirkte sehr gewitzt. Sie trug einen Nonnenhabit, doch darüber einen schweren Umhang aus karmesinroter Wolle mit einem Besatz aus Eichhörnchenfell.
«Wo bin ich?», fragte Thomas.
«Ihr seid in einen Konvent gesprungen. Das Kloster Saint Dorcas. Vermutlich sollte ich Euch willkommen heißen, also willkommen.»
«Saint Dorcas?»
«Sie hat viele gute Werke getan, wird mir immer wieder erzählt, also war sie bestimmt eine schreckliche Langweilerin.» Die alte Frau trat durch einen niedrigen Türbogen, und Thomas, der ihr folgte, nahm die Armbrust mit. Es war eine wundervolle Waffe, der Schaft aus dunklem Walnussholz von Silberintarsien geschmückt. «Sie hat meinem Mann gehört», erklärte ihm die Frau, «und mir ist so wenig von ihm geblieben, dass ich die Waffe behalte, um mich an ihn zu erinnern. Nicht, dass ich mich wirklich gern an ihn erinnere. Er war ein ganz besonders garstiger Mann, sein Sohn kommt eher nach ihm.»
«Sein Sohn?», fragte Thomas und legte die Armbrust auf einen Tisch.
«Auch mein Sohn. Der Comte de Malbuisson. Ich bin die verwitwete Comtesse der gleichnamigen Region.»
«Madame», sagte Thomas und verbeugte sich vor ihr.
«Meine Güte! Es gibt also doch noch Manieren!», sagte die Comtesse fröhlich, dann setzte sie sich auf einen gutgepolsterten Stuhl und klopfte auf ihre Knie. Einen Augenblick lang glaubte Thomas, sie wollte ihn einladen, sich auf ihre Knie zu setzen, doch dann kam zu seiner Erleichterung eine große graue Katze hinter einer Kommode hervor und sprang auf ihren Schoß. Die Frau wedelte mit der Hand, um Thomas anzudeuten, dass er sich setzen könne, wo er wollte, doch er blieb stehen. Der Raum war klein, maß nur vier oder fünf Schritt in jeder Richtung, doch mit Mobiliar vollgestellt, das in einen großen Saal zu gehören schien. Da waren ein Tisch mit einem Tapisserie-Überwurf, zwei hohe Truhen, eine Bank und drei Stühle. Vier Kerzenständer aus massivem Silber standen auf dem Tisch, daneben einige Schüsseln, Teller und ein kunstvoll gefertigtes Schachspiel, während an den mit Kalkmilch getünchten Wänden ein Kruzifix und drei steife Lederpaneele hingen, von denen eines mit einer Jagdszene bemalt war, ein anderes mit einem Ackermann und das dritte mit einem Hirten und seiner Herde. Eine Tapisserie, die zwei Einhörner in einem Rosenhag zeigte, hing über einem schmalen Durchgang und verbarg wohl das Schlafgemach der Comtesse. «Und Ihr seid?», fragte sie.
«Mein Name ist Thomas.»
«Thomas! Ist das Englisch? Oder Normannisch? Ihr klingt englisch, finde ich.»
«Ich bin Engländer, aber mein Vater war Franzose.»
«Ich habe Mischlinge schon immer gemocht», sagte die Comtesse. «Warum seid Ihr auf der Flucht?»
«Das ist eine sehr lange Geschichte.»
«Ich mag lange Geschichten. Ich bin weggesperrt worden, weil ich sonst Geld ausgeben würde, das meine Schwiegertochter selbst verprassen will, also sitze ich hier, und meine einzige Gesellschaft sind die Nonnen. Es sind gute Seelen», sie hielt inne, «… im
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