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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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und so klopfte Junien. Aber Sankt Amand dachte, es wären Diebe, die ihn ausrauben wollten, also weigerte er sich, die Tür zu öffnen. Ich verstehe nicht, warum sich Junien nicht erklärt hat! Es war Winter, es schneite, und alles, was er hätte tun müssen, war, Amand zu sagen, wer er war! Aber anscheinend war Junien so dumm wie die Übrigen, und weil er nicht in Amands Haus konnte, legte er sich zum Schlafen in den Garten, und wie Ihr sehen könnt, war Gott so freundlich, dafür zu sorgen, dass kein Schnee auf ihn fiel. Also schlief er tief und fest, und am nächsten Tag wurde das Missverständnis aufgeklärt. Es ist keine sehr aufregende Geschichte.»
    «Sankt Junien», sagte Thomas erneut und starrte auf den schlafenden Mönch. «Aber warum ist er in dem Buch?», fragte er sich laut.
    «Seht Euch die Vorderseite an», sagte die Comtesse.
    Thomas blätterte die steifen Seiten um und sah, dass die erste Seite mit einem Wappen geschmückt war. Es zeigte einen aufsteigenden roten Löwen auf weißem Feld. Der Löwe fletschte die Zähne und hatte die Krallen ausgestreckt. «Ich kenne dieses Wappen nicht», sagte Thomas.
    «Meine Schwiegermutter stammte aus dem Poitou», erklärte die Comtesse, «und der rote Löwe ist das Wappen des Poitou. Alle Heiligen in diesem Buch stehen mit dem Poitou in Verbindung, mein Lieber, und ich vermute, es gab einfach nicht genügend, die geblendet, verbrüht, geköpft, ausgeweidet oder mitten durchgesägt wurden, also haben sie den armen kleinen Junien dazugenommen, um noch eine Seite zu füllen.»
    «Aber Petrus nicht», sagte Thomas.
    «Ich glaube nicht, dass der heilige Petrus jemals im Poitou war, warum sollte er also in dem Buch sein?»
    «Ich dachte, Sankt Junien wäre ihm begegnet.»
    «Bestimmt haben sich die Heiligen gegenseitig besucht, mein Lieber, um über so schöne Dinge wie die Litanei zu sprechen, oder darüber, welcher ihrer Freunde kürzlich verbrannt oder lebendig gehäutet worden war, aber Petrus war lange gestorben, bevor Junien im Schnee übernachtet hat.»
    «Gewiss», sagte Thomas, «aber es gibt eine Verbindung zwischen Junien und Petrus.»
    «Davon weiß ich nichts», sagte die Comtesse.
    «Aber irgendwer wird es wissen», sagte Thomas, «im Poitou.»
    «Im Poitou, ja, das ist gut möglich, doch dazu müsst Ihr zuerst aus Montpellier entkommen», sagte die Comtesse heiter.
    Thomas lächelte schief. «Zurück über die Klostermauern, vermute ich.»
    «Ich bin sicher, dass diejenigen, die nach Euch suchen, die Klostermauern im Auge behalten. Könnt Ihr es ertragen, bis zum Dunkelwerden zu warten?»
    «Wenn ich Euch nicht lästig falle», sagte Thomas galant.
    «Ihr könnt in der Dunkelheit weg. Wenn das Komplet gesprochen ist, gehen die Nonnen schlafen. Ihr geht aus meiner Tür, dann den Gang hinunter. An dessen Ende liegt ein Raum für Almosen, von dem eine Tür auf die Straße führt. Der Weg hinaus kostet Euch kaum eine Minute, aber davor müssen wir noch ein paar Stunden zusammen verbringen.» Sie sah ihn zweifelnd an, dann begann sie zu strahlen. «Sagt, spielt Ihr Schach?»
    «Ein wenig», sagte Thomas.
    «Ich war recht gut darin», sagte die Comtesse, «aber jetzt im Alter?» Sie seufzte und blickte auf die Katze hinunter. «Mein Verstand ist so weich wie dein Fell, nicht wahr?»
    «Spielen wir, wenn es Euch Vergnügen macht», sagte Thomas.
    «Ich werde nicht gut spielen», sagte sie traurig, «aber dennoch: Sollen wir es ein wenig spannender machen, indem wir um Geld spielen?»
    «Wenn Ihr möchtet», sagte Thomas.
    «Sagen wir, einen Leopard für jedes Spiel?»
    Thomas zuckte zusammen. Ein Leopard entsprach beinahe fünf englischen Schillingen, also dem Wochenlohn eines sehr guten Handwerkers.
    «Nur, um es spannender zu machen. Aber Ihr müsst mir meine Unaufmerksamkeit verzeihen. Der Alraunenwein macht mich schläfrig, fürchte ich, und ich werde die dümmsten Fehler begehen.»
    «Dann sollten wir vielleicht doch nicht um Geld spielen.»
    «Ich kann auf ein paar Leopards verzichten», sagte sie vage, «vielleicht auf einen oder zwei, und es verleiht dem Spiel mehr Reiz, nicht wahr?»
    «Dann einen Leopard», stimmte Thomas zu.
    Die Comtesse lächelte und wies ihn mit einer Geste an, das Schachbrett und die Figuren auf dem kleinen Tisch neben ihrem Stuhl aufzubauen. «Ihr könnt mit Weiß spielen, mein Lieber», sagte sie, und sie lächelte immer noch, als Thomas mit seinem ersten Bauern vorrückte. «Ihr werdet bluten», sagte sie dann und klang ganz

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