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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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doch recht gut aussieht.»
    Thomas lehnte sich an die Mauer des Klosters und schloss die Augen. Genevieve gefangen. Die Kirche verfolgte sie immer noch, und als Thomas ihr zum ersten Mal begegnet war, hatte sie in einer Zelle gesessen und auf den Scheiterhaufen gewartet, weil sie als
Beghard
, als Ketzerin, verurteilt worden war. Er fluchte.
    «Es nützt nichts, den Psalmenschreiber zu zitieren», sagte Keane.
    Thomas hielt die Augen geschlossen. «Ich nehme dir diese Mistgabel ab», sagte er bitter, «und ramme sie dir in den Bauch.»
    «Das ist nicht der beste Einfall, den Ihr im Leben hattet», sagte Keane, «denn ich kann Euch nicht mehr helfen, wenn eine Mistgabel in meinen Eingeweiden steckt.»
    Thomas öffnete die Augen. Die Mistgabel hatte sich gesenkt und zeigte nun auf seine Beine. «Du willst mir helfen?»
    «Mein Vater ist das Oberhaupt eines Clans, versteht Ihr? Und ich bin der dritte Sohn, und das ist ein bisschen, als wäre man das fünfte Bein eines Pferdes, deshalb will er, dass ich Priester werde. Immerhin könnte es nützlich sein, einen Priester in der Familie zu haben. Das macht die Vergebung der Sünden um einiges bequemer, aber das ist nicht nach meinem Geschmack. Auf den Knien kann ich meine Fähigkeiten nicht entfalten. Also brauche ich jemanden, der mir ein Pferd, eine Rüstung und ein Schwert gibt, damit wäre ich sehr viel glücklicher.»
    «Oh Gott, du und Bruder Michael?»
    «Dieser Mönch? Ich dachte mir schon, dass er zu Euch gehört, aber niemand wollte mir glauben. Er hat auch wirklich sehr verängstigt ausgesehen, als Ihr ihm das Messer an die Kehle gesetzt habt.»
    «Wie heißt du?», fragte Thomas.
    «Éamonn Óg Ó Keane», sagte Keane, «aber das Óg sollt Ihr nicht beachten.»
    «Warum nicht?»
    «Weil Ihr es einfach nicht sollt. Es bedeutet, dass ich jünger als mein Vater bin, aber wir sind alle jünger als unsere Väter.»
    «Nun, Éamonn Óg Ó Keane», sagte Thomas, «jetzt bist du einer meiner Waffenknechte.»
    «Dafür sei Gott dem Herrn gedankt», sagte Keane und ließ die Zinken der Mistgabel auf die Pflastersteine sinken. «Nichts mehr hören von diesem kleinen Rattenschiss Roger de Beaufort. Wie kann er nur glauben, dass ein winziger Säugling zur Hölle verdammt ist? Aber er tut es! Dieser schwachsinnige Mistkerl wird noch als Papst enden, denkt an meine Worte!»
    Thomas brachte den Iren mit einer Handbewegung zum Schweigen. Wo war Genevieve? Wo auch immer man sie festhielt, das Einzige, was Thomas sicher wusste, war, dass er aus dieser Stadt entkommen musste. «Deine erste Aufgabe», erklärte er dem Iren, «wird sein, uns durch die Stadttore zu bringen.»
    «Das wird schwierig. Sie haben eine sehr hohe Belohnung für Eure Ergreifung ausgesetzt.»
    «Sie?»
    «Die Statthalter.»
    «Also bring mich aus der Stadt», sagte Thomas.
    «Scheiße», sagte Keane nach einer kurzen Pause.
    «Scheiße?»
    «Scheißkarren, Fäkalienfuhrwerke», sagte der Ire. «Sie sammeln den Kot und fahren ihn aus der Stadt, jedenfalls machen sie das bei den Reichen. Die Armen können in ihrem Unrat waten. Gewöhnlich warten ein paar Fuhrwerke, um aus der Stadt zu fahren, wenn die Tore geöffnet werden, und», er hielt inne und sah Thomas mit unbewegter Miene an, «Ihr könnt mir glauben, dass die Torwachen die Karren nicht kontrollieren. Stattdessen weichen sie zurück, halten sich die Nase zu, winken sie durch und wünschen ihnen eine schnelle Fahrt.»
    «Aber zuerst», sagte Thomas, «gehst du in das Gasthaus bei der Kirche Saint Pierre, und …»
    «Die Blinden Titten, meint Ihr?»
    «Das Gasthaus bei Saint Pierre …»
    «Die Blinden Titten», sagte Keane, «so heißt es in der Stadt, weil das Schild die heilige Lucia ohne Augen und mit einem richtig schönen Paar üppiger …»
    «Geh einfach dorthin», sagte Thomas, «und suche Bruder Michael.» Der unwillige Mönch war in dem Gasthaus untergekommen, und Thomas hoffte, von ihm etwas Verlässliches über Genevieves Schicksal zu erfahren.
    «Ich werde das ganze Gasthaus aufwecken», gab Keane zu bedenken.
    «Dann ist es so.» Thomas wagte nicht, selbst zu dem Gasthaus zu gehen, denn er war sicher, dass es unter Beobachtung stand. Er nahm eine Münze aus seinem Beutel. «Kauf Wein, löse ihnen die Zungen. Sieh dich nach dem Mönch um, nach Bruder Michael. Stell fest, ob er weiß, was mit Genevieve geschehen ist.»
    «Das ist der Name Eurer Frau, oder?», fragte Keane, dann runzelte er die Stirn. «Könnt Ihr Euch vorstellen, dass die

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