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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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geflohen, einem entfernten Cousin, der Roland zum Krieger erzogen hatte, aber zu einem Krieger, der wusste, dass die Welt ein Schlachtfeld zwischen Gott und dem Teufel war, zwischen Licht und Finsternis, zwischen dem Guten und dem Bösen. Und nun sah Roland, wie sich die Finsternis weiter verdunkelte, als sich die Schatten über das pestgeplagte Land schoben. Der Teufel war dort draußen, dachte er, der Teufel schlich in den schwarzen Wäldern umher, eine Schlange, die um die eingefallene Kirche kroch.
    «Vielleicht sind sie uns nicht gefolgt», sagte er beinahe flüsternd.
    «Vielleicht werden gerade jetzt die ersten Bogen gespannt», sagte Genevieve, «oder vielleicht legen sie Feuer unter uns.»
    «Seid still», flehte er eher, als er befahl.
    Die ersten Fledermäuse schwirrten umher. Ein Hund bellte im Dorf und wurde zum Schweigen gebracht. Die trockenen Äste von Kiefern raschelten im schwachen Wind, und Roland schloss die Augen und betete zum heiligen Basil und zum heiligen Denis, seinen beiden Schutzpatronen. Er hob sein Schwert Durandal mitsamt der Scheide und berührte mit der Stirn den großen Schwertknauf. «Lass das Böse in dieser Finsternis nicht zu mir kommen», betete er. «Mach mich gut», flehte er, wie es ihn seine Mutter gelehrt hatte.
    Aus dem Wald drang dumpfer Hufschlag. Roland hörte Sattelleder knarren und das Klirren von Zaumzeug. Ein Pferd wieherte, und dann wurden Schritte laut. «Jacques!», rief eine Stimme aus dem Dunkel. «Jacques! Bist du da?»
    Roland hob den Kopf. Die ersten Sterne leuchteten über den Hügeln. Die Mutter des heiligen Basil war eine Witwe gewesen. «Lass meine Mutter nicht ihren einzigen Sohn verlieren», betete er.
    «Jacques, du Bastard!», rief die Stimme. Die Waffenknechte im Turm sahen Roland an, doch er war noch ins Gebet versunken.
    «Ich bin hier!», rief Jacques Sollière in die Dunkelheit, «bist du das, Philippe?»
    «Ich bin der Heilige Geist, du Schwachkopf», rief der Mann namens Philippe zurück.
    «Philippe!» Die Waffenknechte im Turm waren aufgesprungen und riefen Willkommensgrüße.
    «Es sind Freunde», erklärte Jacques, an Roland gewandt, «die Männer des Comtes.»
    «Oh Gott», seufzte Roland. Er konnte kaum glauben, wie groß die Erleichterung war, die ihn durchflutete, so groß, dass ihm schwach wurde. Er war kein Feigling. Kein Mann, der Walter von Siegenthaler in der Turnieraufstellung gegenübergetreten war, konnte ein Feigling genannt werden. Der Deutsche hatte bei fast zwanzig Turnieren Männer getötet oder zum Krüppel gemacht und immer behauptet, es wäre versehentlich geschehen, aber Roland hatte vier Mal gegen diesen Mann gekämpft und ihn jedes Mal gedemütigt. Er war kein Feigling, und doch hatte ihn in dieser Dämmerung das Entsetzen gepackt. Der Krieg kannte keine Regeln, und alles Waffengeschick der Welt reichte möglicherweise nicht aus, um ihn überleben zu lassen.
    Philipp tauchte als Schatten unterhalb des Turmes auf. «Der Comte hat uns geschickt», rief er.
    «Labrouillade?», fragte Roland, auch wenn diese Frage unnötig war. Die Waffenknechte des Comtes hatten ihre Gefährten mit aller Vertrautheit begrüßt.
    «Die Engländer rücken vor», erklärte Philippe. «Seid Ihr der Sire de Verrec?»
    «Ja. Wo sind die Engländer?»
    «Irgendwo nordwärts», sagte Philippe vage, «aber deshalb sind wir gekommen. Der Comte braucht all seine Waffenknechte.» Noch mehr Soldaten tauchten aus der Dunkelheit auf und führten ihre Pferde in das eingestürzte Kirchenschiff. «Können wir ein Feuer machen?»
    «Gewiss.» Roland eilte die Treppe hinunter. «Der Comte hat Euch geschickt, weil die Engländer vorrücken?»
    «Er ist nach Bourges befohlen worden und will mit wenigstens sechzig Mann in den Kampf ziehen. Er braucht die Männer, die bei Euch sind.» Philippe sah zu, als ein Diener aus Stahl und Flintstein Funken schlug, um ein Strohbüschel anzuzünden. «Habt Ihr
le Bâtard
gefunden?»
    «Er sitzt als Gefangener in Montpellier, hoffe ich.» Roland fühlte sich immer noch schwach und konnte kaum glauben, wie sehr ihn die Angst überwältigt hatte. «Er ist in Montpellier», wiederholte er, «aber ich habe seine Frau.»
    «Das wird ein Fest für die Männer», sagte Philippe.
    «Sie steht unter meinem Schutz», sagte Roland steif. «Ich werde vorschlagen, sie gegen die Comtesse auszutauschen.»
    «Das wird ein noch größeres Fest für die Männer», sagte Philippe.
    «Denn damit wird der Gerechtigkeit Genüge getan.»
    «Zur

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