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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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und erhob sich von dem Stuhl neben Bertille.
    Thomas bedeutete dem Priester mit einer Geste, wieder Platz zu nehmen. Bertille saß an dem großen Tisch, auf dem rußend und rauchend zwei Kerzen brannten. Eine Magd, die Genevieve ihr von den Dienstmädchen in Castillon d’Arbizon zur Verfügung gestellt hatte, kniete neben ihr. Die Augen der Comtesse waren vom Weinen gerötet. Sie sah zu Thomas auf. «Ihr werdet mich zurückbringen, oder?»
    «Ja, Madame.»
    «Thomas …», begann Vater Levonne.
    «Ja», wiederholte Thomas schroff und schnitt damit den Einspruch ab, den der Priester hatte erheben wollen.
    Bertille senkte den Kopf und begann erneut zu weinen. «Wisst Ihr, was er mir antun wird?»
    «Er hat meine Frau und meinen Sohn», sagte Thomas.
    Sie schluchzte leise.
    «Mein Gott», zischte Keane neben Thomas.
    Thomas beachtete den Iren nicht. «Es tut mir leid, Madame», sagte er.
    «Wann?», fragte sie.
    «Heute Nacht, hoffe ich.»
    «Da wäre ich lieber tot», sagte sie.
    «Thomas», sagte Vater Levonne, «lasst mich mit dem Comte reden.»
    «Was zum Teufel soll das nützen?», fragte Thomas unwilliger, als er gewollt hatte.
    «Lasst mich einfach mit ihm reden.»
    Thomas schüttelte energisch den Kopf. «Der Comte de Labrouillade», sagte er, «ist ein erbärmlicher Bastard, ein fetter, bösartiger, wütender Bastard, und zu dieser Abendstunde ist er vermutlich halb betrunken, und wenn ich Euch in seine Burg gehen lasse, kommt Ihr wahrscheinlich nicht mehr heraus.»
    «Dann bleibe ich dort. Ich bin Priester. Ich gehe dorthin, wo ich gebraucht werde.» Vater Levonne hielt inne. «Lasst mich mit ihm reden.»
    Thomas dachte kurz nach. «Von außerhalb der Burg vielleicht.»
    Levonne zögerte, dann nickte er. «Das wird gehen.»
    Thomas nahm Keane am Ellbogen und zog ihn in den Hof hinaus. «Du lässt Vater Levonne nicht in die Burg gehen. Sie würden ihn vermutlich auch noch als Geisel nehmen.»
    Dem Iren hatte es ausnahmsweise einmal die Sprache verschlagen, doch schließlich konnte er wieder etwas sagen. «Beim Blute Christi», sagte er sehnsüchtig, «ist das eine Schönheit.»
    «Sie gehört Labrouillade», sagte Thomas abweisend.
    «Sie könnte die Sterne zum Verblassen bringen», sagte Keane, «und einem Mann den Verstand aufweichen.»
    «Sie ist verheiratet.»
    «Eine solche Schönheit», sagte Keane nachdenklich, «da glaubt man wirklich, dass Gott uns liebt.»
    «Und jetzt such frische Pferde», sagte Thomas, «dann bringst du mit Vater Levonne die Botschaft nach Labrouillade.» Er drehte sich zu dem Priester um, der ihnen ins Mondlicht hinaus gefolgt war. «Ihr könnt sagen, was Ihr zu sagen habt, aber wenn Ihr den Comte nicht dazu bringen könnt, Genevieve gehen zu lassen, werde ich sie gegen die Comtesse austauschen.»
    «Ja», sagte Vater Levonne niedergeschlagen.
    «Ich will diese Sache hinter mich bringen», sagte Thomas, «weil wir morgen nach Norden reiten.»
    Nach Norden reiten. Um sich einem Prinzen anzuschließen oder um
La Malice
zu suchen.
     
    Roland de Verrec hatte das Gefühl, seine Seele flöge wie ein Vogel in einen klaren Himmel hinauf, ein Vogel, der die Wolken des Zweifels durchstoßen und in die Höhen der Herrlichkeit aufsteigen konnte, ein Vogel mit den Flügeln des Glaubens, ein weißer Vogel, so weiß wie die Schwäne im Graben der Burg des Comtes de Labrouillade, in deren kerzenbeschienener Kapelle er nun kniete. Er war sich bewusst, dass sein Herz nicht einfach nur schlug, nein, es trommelte in seiner Brust, als hielte es den Takt mit den klatschenden Flügelschlägen seiner auffliegenden Seele. Roland de Verrec war in Ekstase.
    An diesem Abend hatte er von dem Orden des Fischers erfahren. Vater Marchant hatte ihm vom Zweck des Ordens erzählt und von der Aufgabe,
La Malice
wiederzufinden. «Aber ich weiß von
La Malice
», hatte Roland gesagt.
    Vater Marchant war verblüfft gewesen. «Was wisst Ihr darüber, mein Sohn?»
    «Es ist das Schwert, das Petrus im Garten Gethsemane trug», hatte Roland gesagt, «ein Schwert, das gezogen wurde, um unseren Heiland zu schützen.»
    «Eine heilige Waffe», hatte Vater Marchant sanft gesagt.
    «Aber verflucht, Vater. Es heißt, das Schwert ist verflucht.»
    «Das habe ich auch gehört», hatte Vater Marchant gesagt.
    «Verflucht, weil Petrus es gezogen hat und von Jesus dafür gerügt wurde.»
    «‹Dixit ergo Iesus Saint Petro mitte gladium in vaginam …›»
, hatte Vater Marchant ein Bibelzitat angefangen, sich dann aber

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