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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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herüber. «Was zum Teufel?», begann er und unterbrach sich abrupt, als ein nackter Mann rücklings aus einem der oberen Fenster geworfen wurde. Der Mann landete schwer auf dem Rücken, blieb liegen und machte kleine, hilflose Bewegungen. «Das ist …», sagte Baillaud.
    «Einer Eurer Männer», sagte Thomas. «Die Huren in dieser Stadt müssen recht kräftig sein.»
    «Beim Blute Christi», fing Baillaud an und wollte zu dem Mann, der auf dem Boden lag, doch dann blieb er stehen, weil ein zweiter nackter Mann aus der Tür des Gasthauses gekommen war. Der Mann, zwei Waffenknechte von Thomas auf den Fersen, hastete verzweifelt weg.
    «Ich ergebe mich!», rief der Mann. «Genug! Genug!»
    «Lasst ihn!», sagte Thomas.
    «Der Bastard hat einen vollen
Pissepot
auf mich geschleudert», knurrte Arnaldus.
    «Du trocknest wieder», sagte Thomas.
    «Es war keine Pisse drin», sagte der Gascogner und trat den nackten Mann kräftig zwischen die Beine. «Und jetzt lasse ich ihn in Ruhe.»
    «Was seid Ihr …», fing Baillaud an.
    Thomas lächelte aus dem Sattel herunter. «Man nennt mich
le Bâtard
», sagte er, «und wir sind die Hellequin.» Er berührte das Heft seines Schwertes, nur um Baillaud daran zu erinnern, dass es existierte. «Wir nehmen Eure Pferde und Waffen», fuhr er fort, dann ließ er sein Pferd umdrehen und trieb es zu den Leuten aus der Stadt, die immer noch vor der Kirchentreppe versammelt waren. «Zahlt eure Steuern!», rief er. «Macht eure Herren reich, damit sie sich, wenn wir sie fangen, ein hohes Lösegeld leisten können. Ihr werdet arm sein, aber wir sind dann reich! Und unsere ganze Dankbarkeit gehört euch!» Sie starrten ihn einfach nur an.
    Thomas hatte nun mehr Ersatzpferde, mehr Waffen und mehr Rüstungen. Falls es Verfolger aus Montpellier gab, lagen sie weit zurück, doch es waren nicht solche Verfolger, um die er sich Sorgen machte. Es war Genevieve, um die er sich Sorgen machte.
    Also ritten sie weiter nach Norden.
     
    Der Pfeil traf Philippe mitten in die Brust. Das knirschende Geräusch erinnerte Roland an ein Schlachterbeil, das mit einem kräftigen Hieb in einen Tierkörper eindringt. Philippe wurde von der Gewalt des Pfeilschusses zurückgeworfen. Der Pfeil hatte sein Kettenhemd durchdrungen, eine Rippe zerschmettert und einen Lungenflügel durchstochen. Er versuchte zu sprechen, doch es stiegen nur Blutblasen aus seinem Mund auf, dann stürzte er rücklings zu Boden. Noch mehr Pfeile flogen. Zwei weitere Männer wurden getroffen. Blut strudelte durch den Fluss. Ein Pfeil jagte an Rolands Kopf vorbei, verfehlte sein Ohr nur um eine Handbreit. Der Windzug fühlte sich an wie ein Schlag. Ein Pferd schrie, aus seinem Bauch ragte ein Pfeil. Die Pfeile waren viel länger, als Roland gedacht hatte. Es erstaunte ihn, dass er das überhaupt bemerkte. Ein weiterer Pfeil traf einen Baum und blieb zitternd im Stamm stecken.
    Philippe starb. Männer suchten hastig Deckung hinter Bäumen oder der niedrigen Flussböschung, aber es war Jacques, der sie rettete. Er rannte zu Genevieve und riss ihr den Sohn aus den schützenden Armen. Er packte den Gürtel des Jungen und hielt das Kind mit einer Hand hoch, während er mit der anderen ein langes Messer aus der Scheide zog. Er legte dem Jungen die Klinge an die Kehle. Genevieve schrie, und der Pfeilbeschuss hörte auf. «Sag ihnen, dass dein Sohn stirbt, wenn auch nur noch ein einziger Pfeil fliegt», sagte Jacques.
    «Du …», fing Genevieve an.
    «Sag es ihnen, Weib!», knurrte Jacques.
    Genevieve legte die Hände wie einen Trichter um den Mund. «Keine Pfeile mehr!», rief sie auf Englisch.
    Stille, bis auf das Gurgeln aus Philippes Kehle. Jedes Keuchen ließ mehr Blut aus seinem Mund quellen. Das Pferd begann mit weiß verdrehten Augen zu wiehern.
    «Sag ihnen, dass wir losreiten», sagte Jacques, «und dass der Junge stirbt, wenn sie versuchen, uns daran zu hindern.»
    «Ihr müsst uns in Ruhe lassen!», rief Genevieve.
    Dann tauchten die Bogenschützen aus einem Wäldchen auf, das etwa hundert Schritt östlich lag. Es waren sechzehn, und alle hielten den Langbogen in der Hand. «Genny!», rief einer von ihnen.
    «Sie bringen Hugh um, wenn du versuchst, sie aufzuhalten», rief sie zurück.
    «Was Neues von Thomas?»
    «Nein, Sam! Jetzt lass sie gehen!»
    Sam zeigte mit einem Winken, dass sie gehen konnten, und Roland begann wieder zu atmen. Zwei Männer hoben den sterbenden Philippe auf ein Pferd, zwei Tote wurden über andere Sättel gelegt.

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