1358 - Der Vampirpakt
brauchte nur einen Blick in sein Gesicht zu werfen, um zu wissen, dass etwas nicht stimmte.
Suko gehörte zu den Menschen, die sicherlich für viele Dinge Verständnis aufbrachte. Ich kannte ihn als einen sehr toleranten Menschen.
Doch auch bei ihm gab es eine Grenze. Das war eben menschlich.
Diese Grenze war durch Saladin überschritten worden, als er es geschafft hatte, Suko unter seine Kontrolle zu bringen. Da war mein Freund nicht mehr Herr seiner eigenen Sinne gewesen, und es wäre beinahe zu dem schrecklichen Mord an Godwin de Salier gekommen. Ein gütiges Schicksal hat ihn letztendlich davor bewahrt, aber vergessen hatte mein Freund den Hypnotiseur nicht. Das hatte er mir oft genug gesagt.
»Wenn ich ihm noch mal gegenüberstehe, wird er für das, was er mir angetan hat, büßen.«
Genau das Versprechen hatte ich nicht vergessen. Es kam jetzt wieder in mir hoch, und als ich Suko in das Lokal kommen sah, befürchtete ich das Schlimmste.
Saladin hatte etwas bemerkt. »Was ist los, Sinclair?«
»Noch nichts«, murmelte ich und stand langsam auf.
Dem Hypnotiseur gefiel meine Reaktion nicht. Er ahnte auch etwas, drehte sich um – und sah natürlich Suko, der unseren Tisch schon fast erreicht hatte.
Sofort lag die Spannung fast zum Greifen in der Luft. »Das hätte ich mir fast denken können«, flüsterte er.
Ich wollte es auf keinen Fall zu einer Auseinandersetzung kommen lassen, huschte an Saladin vorbei und lief direkt auf Suko zu, mit der Andeutung der ausgebreiteten Arme.
»Bitte nicht.«
Er blieb stehen. Sein Gesicht, auf dem oft ein Lächeln lag, schien jetzt aus Beton gemeißelt zu sein. Der Ausdruck in seinen Augen sagte mir, dass er die Abrechnung durchziehen würde.
»Lass mich zu ihm, John.«
»Ja, aber…«
»Kein Aber, verflucht! Du weißt selbst, was ich mir geschworen habe.«
»Das ist alles richtig. Nur muss ich dir leider sagen, dass sich gewisse Dinge verändert haben. Es ist nicht mehr so, wie du meinst. Wir können uns hier keinen Eklat leisten.«
Meine Worte waren nicht auf fruchtbaren Boden gefallen, das sah ich Suko an. Er schaut einfach durch mich hindurch, und im nächsten Augenblick schob er mich zur Seite wie eine Puppe.
Ich hatte das Pech gehabt, auf dem falschen Bein zu stehen und deshalb ins Schwanken zu geraten.
Suko hatte Platz. Er ging auf Saladin zu, und ich beobachtete die Szene von der Seite her.
Der Hypnotiseur war nicht dumm. Er wusste genau, was hier gespielt wurde, und hatte sich erhoben. Aber ich sah auch das Lächeln auf seinen Lippen. Er wollte die Auseinandersetzung nicht. Er streckte Suko sogar die rechte Hand entgegen.
Das alles kümmerte meinen Freund nicht. Er ging so weit wie er gehen musste.
Dann schlug er zu!
Er musste es tun. Es hatte zu lange in ihm gesteckt, und es war ein Schlag, den weder Saladin noch ich richtig kommen sahen. Durch die Luft wirbelte ein Schatten wie eine Sense. Ich hörte noch den dumpfen Aufprall, als die Handkante den Hals des Hypnotiseurs traf.
Saladin schrie auf. Zugleich zuckte er zusammen und sackte noch in der gleichen Sekunde in die Knie.
Es war kein Schrei zu hören. Nicht mal ein Stöhnlaut. Alles lief normal ab, aber es gehörte nicht zur Normalität, denn Saladin fiel zurück auf und gegen den Stuhl. Er riss ihn um, und es glich schon einem Wunder, dass der Tisch nicht umkippte.
Saladin lag bewusstlos am Boden. Er war auf die Seite gefallen. So wie er hätte auch ein Toter aussehen können, und Suko, der neben ihm stand, streichelte wie versonnen über seine Handkante.
»So«, sagte er, wobei er nickte. »Genau das hat einfach als Anfang sein müssen…«
***
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Luigis Restaurant wohl zu den ruhigen Zonen gehört. Das aber hatte sich jetzt verändert. Die Kollegen, die hier saßen und in Ruhe essen wollten, waren zunächst sekundenlang geschockt. Dann allerdings erwachten sie aus ihrer Erstarrung. Plötzlich redeten nicht nur zahlreiche Personen durcheinander, sie sprachen auch auf mich ein, und ich hörte immer wieder die Frage, warum ich nicht eingegriffen hatte. Aber man wollte auch wissen, wer dieser harmlose schleimige Typ war.
Ich hob beide Arme. Als Luigi vor mir auftauchte, mit hochrotem Kopf und mit zitternder Unterlippe, sprach ich auf die Leute ein.
Meine Stimme klang so laut, dass sie auch im hintersten Winkel des Restaurants gehört wurde.
»Es ist alles okay, Freunde. Es gibt keine Probleme mehr. Was hier passiert ist, musste sein. Ich weiß selbst, dass es
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