1358 - Im Dimensionsgefängnis
atembar; sie enthielt etwas mehr Sauerstoff als die Standardatmosphäre in der TIMEFLOWER, etwas weniger Stickstoff und etwas mehr Helium.
Nach etwa zehn Minuten endete der Gang in einer kreisrunden Halle, in der auf Gestellen dicht an dicht alle möglichen Teile gelagert waren. Es mußten insgesamt mindestens 100.000 Tonnen sein, und es handelte sich sowohl um mächtige Kompaktelemente für Schwarzschildreaktoren als auch um winzige Mikrochips, die zu Hunderten in transparenten Packungen steckten.
Sieben Reparatur und Wartungsgänge strebten von diesem riesigen Ersatzteillager fort. Ein achter Gang war breiter und besaß in der Mitte zwei gegenläufige Transportbänder.
Ich sprang auf das wegführende Transportband und ließ mich von ihm tragen. Es war eine Wohltat, zumal Kamashiten körperlichen Anstrengungen möglichst aus dem Weg gingen. Das lag daran, daß wir auf unserer Heimatwelt quasi in Symbiose mit der Gesamtheit der Natur lebten und daß diese Natur, uns eingeschlossen, von einer Kollektivintelligenz gesteuert wurde. Da wir Kamashiten in diesem Verbund die geistig dominierende Rolle spielten, verwöhnte uns diese Natur so sehr, daß wir in einer Art Schlaraffenland lebten.
Um eine geistige und körperliche Degeneration zu vermeiden, mußten alle Kamashiten vom 16.
Lebensjahr (umgerechnet auf terranische Zeitrechnung) an mindestens vier Jahre lang Kamash verlassen und auf den Raumschiffen anderer galaktischer Zivilisationen Dienst tun. Dabei lernten wir vieles, was wir auf Kamash niemals unbedingt gebraucht hätten. Dennoch waren wir im Lauf zahlreicher Generationen körperlich und teilweise auch geistig mutiert und liebten den Müßiggang, was von boshaften Leuten manchmal als Faulheit bezeichnet wurde. Das waren dann meist solche bedauernswerten Intelligenzen, denen der Streß frühzeitig den ersten Herzinfarkt bescherte.
Genüßlich wickelte ich einen Konzentratwürfel aus und verzehrte ihn während der Fahrt. Dabei dachte ich zum erstenmal daran, einen Blick auf meinen Chronographen zu werfen.
Er zeigte den 31. Januar 447 NGZ, 23. 37.11 Uhr Standardzeit, an.
Resignierend erkannte ich, daß das wertlos für mich war, denn der Chronograph konnte während des Unterkühlungs-Tiefschlafs wegen der Nebenwirkung der Konservierungsfelder auf alle elektronischen und positronischen Systeme nicht gearbeitet haben. Am 31. Januar 447 NGZ hatten die Traav mich in den Unterkühlungs-Tiefschlaf versetzt.
War ich nun nach ein paar Stunden schon wieder erweckt worden, so daß wir tatsächlich noch den 31.
Januar des gleichen Jahres schrieben? Oder hatte ich ein paar Tage geschlafen? Oder ein paar Jahre?
Der letzte Gedanke jagte mir einen gehörigen Schreck ein. Gewißheit würde ich aber erst dann erhalten, wenn ich auf Intelligenzen traf, die mit der Zeitrechnung der Galaktiker vertraut waren und die nicht sofort die Feindseligkeiten eröffneten.
Oder wenn ich Lullog wiederfand. Ich stürzte, als mein Transportband eine Verteilerhalle erreichte und mich an ein Bremsfeld weiterreichte. Der Rest des Konzentratriegels fiel mir aus der Hand. Auf dem Bauch liegend, sammelte ich die Bruchstücke ein und schob sie mir in den Mund.
Plötzlich warnte mich mein sechster Sinn.
Ich rollte mich vehement zur Seite, sah, daß dort, wo ich eben noch gelegen hatte, ein grellweißer Energiestrahl in den Boden schlug und ihn in eine Pfütze kochenden Metallplastiks verwandelte, sprang auf und schnellte mich in den nächsten Gang hinein.
Dort war ich fürs erste in Sicherheit.
Aber es war eine trügerische Sicherheit, denn der Angreifer war ein Kampfroboter, wie ich aus den Augenwinkeln erspäht hatte, und er würde mir zweifellos in den Gang folgen.
Dann gab es kein Entkommen mehr.
Deshalb floh ich nicht weiter, sondern rollte mich in dem neuen Gang sofort vom Transportband, auf dem ich gelandet war, sprang auf und stellte mich dicht neben die Öffnung zur Verteilerhalle.
Als Sekunden später der Roboter in meinem Gesichtsfeld auftauchte, hatte ich das zu meiner SERUN-Ausrüstung gehörende Seil zu einem Lasso geknüpft und über meinem Kopf herumgewirbelt.
Der Waffenarm des Roboters ruckte hoch, als die Augenzellen seiner Positronik mich meldeten. Aber da war die Schlinge bereits über seinen Kugelschädel geglitten, ich hatte sie strammgezogen und die Maschine mit einem kräftigen Ruck aus dem Gleichgewicht gebracht.
Das zum Vorwurf der Faulheit an die Adresse von uns Kamashiten!
Ich war bereits wieder
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