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136 - Im Schloss der Daa'muren

136 - Im Schloss der Daa'muren

Titel: 136 - Im Schloss der Daa'muren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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braucht er auch nicht! Aber vielleicht war das eine Sünde gewesen? Man musste vorsichtig sein bei allem, was man sagte und tat! Das hatte sich neulich erst gezeigt, an Muhme Rodica.
    Man schrieb das Jahr 1457. In Rumänien, und speziell hier in Siebenbürgen, hatte es einige Veränderungen gegeben. Fürst Vlad Draculea war endlich nach Bukarest abgereist und hatte dort den Thron bestiegen, als Woiwode der Walachei.
    (Woiwode: slawischer Adelsrang, vergleichbar mit einem germanischen Herzog.)
    Diesen Erfolg hatte erzwar hauptsächlich dem ungarischen König zu verdanken, doch die reichen Siebenbürger Sachsen waren daran ebenfalls beteiligt gewesen. Und nicht gerade unerheblich! Sie hatten gehofft, dass mit dem Abzug des Fürsten aus den Karpaten – oder aus Siebenbürgen, wie das Gebiet auch genannt wurde – wieder Ruhe einkehren würde und dass sich Vlad Draculea, wenn überhaupt, nur wohlwollend an seine Helfer erinnern würde.
    Sie hatten sich geirrt.
    Es war erst ein Jahr vergangen seit Vlads Thronbesteigung, und schon eilte dem Fürsten ein grausiger Ruf voraus.
    Reisende wussten zu berichten, dass er Gesandten die Hüte am Kopf festnageln ließ, und dass er Zigeuner zum Kriegsdienst zwang, indem er sie vor die Wahl stellte, entweder gegen die Türken zu kämpfen oder ihre eigenen Kinder zu verspeisen.
    Florin schüttelte sich. Es gab viele solcher Geschichten über Vlad Draculea, dem die Leute inzwischen nicht ohne Grund den Beinamen Tepes gegeben hatten. (Tepes: »der Pfähler«, sprich: »Tzepesch«)
    Es hieß, der Fürst hätte begonnen, die Armut in Bukarest zu beseitigen, indem er die Armen beseitigte. Gelegentlich fiel er auch in den Karpaten ein – und niemand wagte sich ihm zu widersetzen. Niemand wollte bei lebendigem Leibe aufgespießt werden oder seine Kinder essen.
    Vlad Draculea war ein furchtbarer Mann.
    Graf Tihomir war sein Vetter.
    Er hatte langes schwarzes Haar und Augen, die von innen zu leuchten schienen. Wie bei einem Teufel. Und so benahm er sich auch. Tihomir war verhasst bei seinen Leibeigenen, aber weit mehr noch – gefürchtet. Er blutete die Dorfbevölkerung gnadenlos aus; seine Tribute, Zölle und Steuern waren so hoch wie bei keinem anderen Herrscher vor ihm.
    Tihomir liebte die Jagd. Dabei machte er auch nicht vor den Dorfkindern Halt. Florin nickte versonnen. Zu Beginn der letzten Erntezeit hatte der Graf eine Jagdgesellschaft eingeladen, und der war Radu zum Opfer gefallen. Johlend und hoch zu Ross hatten die feinen Herren Florins Bruder in den Dorfweiher getrieben und nicht mehr herausgelassen, sodass er ertrank. Radu war fünf Jahre alt gewesen. Florin blieb urplötzlich stehen. Aus dem dunklen Tann wehten Geräusche zu ihm her: das Stapfen schwerer Füße im Schnee und ein tiefes, kehliges Schnaufen. Der Junge tastete nach einem Baum und glitt hastig in Deckung.
    ***
    »Gott, ist das kalt!« Matt rieb sich die Hände und hauchte hinein. Aruula und Jenny hatten einen Moment Halt gemacht, um durchzuatmen und sich zu orientieren. Nun schulterten die Frauen erneut ihren Anteil an dem Wenigen, das für Operation Annie gebraucht wurde und mitgenommen worden war –Waffen, Ausrüstung und etwas Proviant. Aruula gähnte herzhaft. Jenny hüllte sich in Schweigen.
    Der Befreiungsschlag sollte kurz und konsequent über die Bühne gehen: Ein Fußmarsch von wenigen Stunden, um unauffällig ins Zielgebiet zu gelangen; die Lage sondieren, rein in die Burg, Ann holen und gleich wieder verschwinden. Ein in London stationierter EWAT war bereits unterwegs. Er würde morgen früh hier eintreffen, und sobald Matt über Funk seine genaue Position bekannt gab, würde er sie anfliegen, die Passagiere aufnehmen und nach London in Sicherheit bringen.
    So war es geplant.
    Matt seufzte. Er hatte schon detailliertere Pläne entwickelt.
    Aber diesmal war nicht mehr drin gewesen, denn ihm fehlten ein paar wichtige Informationen. Zum Beispiel konnte er nur darüber spekulieren, ob und in welcher Form die nähere Umgebung der Schäßburg bewacht wurde.
    Unauffällig vorwärts!, lautete deshalb die Parole. Bei der eigentlichen Aktion würde man improvisieren. Zunächst galt es, die alles entscheidende erste Aufgabe zu bewältigen: Unauffällig das Schloss erreichen.
    Den Haken an Operation Annie kannte jeder der drei Gefährten, aber niemand sprach ihn aus.
    Es war kurz vor Tagesanbruch. Der EWAT hatte die Strecke Berlin-Schäßburg in Rekordzeit bewältigt und war gegen sechs Uhr Morgens auf einer freien

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