1361 - Sheilas Horrorzeit
Ich habe die Fahndung still weiterlaufen lassen. Es kann ja sein, dass Saladin aus dem Schatten hervortritt, wenn er denkt, dass sich für ihn alles beruhigt hat.«
»Ja, so sehe ich das auch.«
»Und weiter?«
Ich lachte bitter. »Es gibt möglicherweise kein weiter, Sir. Wir haben uns trotzdem Gedanken gemacht. Dass wir außen vorstehen, ist klar, aber wir können auch nicht im Haus der Conollys bleiben und verzweifeln. Wir müssen Sheila finden.«
»Ja, das versteht sich, John…«
»Ich lege die Betonung auf Sheila, Sir. Suko und ich gehen davon aus, dass er mit ihr etwas vorhat und sich selbst im Hintergrund hält. Er wird sie lenken und dabei in etwas hineindrängen, was sie als normaler Mensch nie tun würde.«
»Woran denken Sie, John?«
»An ein Verbrechen.«
»Genauer, bitte.«
Mein Chef brachte mich in Verlegenheit. »Ich kann es Ihnen nicht sagen, Sir. Aber ich schöpfe aus den Erfahrungsschätzen. Er hat in Alet-les-Bains zugeschlagen. Er hat die Studenten unter seine Kontrolle gebracht. Er ist bei den Verbrechen selbst im Hintergrund geblieben. Wir haben ihn nicht unter Anklage stellen können. Die Beweise reichten einfach nicht aus, und ich denke, dass er nach dem gleichen Muster weitermacht. Deshalb befürchte ich, dass er Sheila losschicken wird, um durch sie die Taten zu begehen.« Ich legte eine Pause ein und wartete darauf, was Sir James sagen würde.
Dass er mich begriffen hatte, bekam ich schnell bestätigt. »Sie meinen, dass wir speziell nach Sheila fahnden sollen.«
»Genau das. Saladin wird sich ausklinken. Es reicht ihm, wenn er im Hintergrund bleibt und sich die Hände reibt. Dass dies schlimm ist, weiß ich, aber man kann nichts daran ändern.«
Sir James überlegte einen Moment und fragte dann: »Ist es die einzige Möglichkeit, die Ihnen einfällt?«
»Leider schon, Sir. Ich denke, dass wir unseren nicht eben erfolglosen Apparat einsetzen müssen, um Sheila aufzutreiben. Er wird sie nicht entführt haben, um sie in einem Versteck zu behalten. Er hat etwas mit ihr vor.«
Der Superintendent schwieg. Ich musste ihm einfach die Gelegenheit geben, um nachzudenken.
»Gut«, sagte er schließlich. »Wenn man es so betrachtet, dann haben Sie Recht.«
»Setzen Sie alles in Bewegung?«
»Sicher. Nur wird es etwas dauern. Wir schicken Sheilas Foto per E-Mail an jede Polizeidienststelle. Die Kollegen sollen es sich einprägen oder ausdrucken. Werden Sie bei den Conollys bleiben?«
»Bei Bill, Sir.«
»Das habe ich auch gemeint. Dann hören wir wieder voneinander.« Er legte auf, und ich drehte mich zu Suko um.
Dabei streifte mein Blick die Tür, in der Bill Conolly stand. Er hatte sich umgezogen und sah aus, als hätte man ihn aus Holz geschnitzt.
»Ich habe alles gehört«, sagte er mit leiser und schleppender Stimme. »Ich weiß, dass man nicht mehr tun kann. Ich weiß auch, was in Alet-les-Bains geschehen ist…« Seine Stimme versagte. Er ging auf den mit Flaschen bestückten Servierwagen zu und hob eine Flasche Whisky an. Gläser standen ebenfalls bereit. Bill schenkte sich einen Doppelten ein, den er in zwei Schlucken wegkippte. Dann drehte er sich uns zu und sah uns an.
»Eines schwöre ich euch. Wenn dieses Scheusal Sheila etwas antut oder sie sogar in den Tod treibt, knöpfe ich ihn mir vor. Und ich sage euch, da ist der Teufel im Vergleich zu mir noch ein armer Geselle.«
»Wir verstehen dich, Bill«, sagte Suko. »Aber wir werden zusehen, dass es nicht so weit kommt.«
Er stellte das Glas mit einer harten Bewegung weg. Es hatte einen dicken Boden, sonst wäre es zerbrochen. »Wie denn, verdammt?«, schrie er uns an. »Durch eure blöde Fahndung?«
Wir blieben ruhig. Es brachte nichts, wenn wir den Emotionen freien Lauf ließen.
»Antwortet, zum Teufel!«
»Hast du eine bessere Idee?«, fragte ich ihn.
Bill schnaufte. Er verdrehte die Augen. »Nein, noch nicht. Aber es muss einen anderen Ausweg geben.«
»Die Kollegen fanden kein Paar auf einem Motorrad, das mit Sheila und Saladin Ähnlichkeit hatte. Ich denke, dass sie Zeit genug hatten, zu verschwinden.«
Suko zuckte mit den Schultern. »Leider.«
Bill schwieg. Er überlegte. Dabei zuckte es in seinem Gesicht, und schließlich schüttelte er den Kopf. »Ich weiß nicht, ob ich das so unterschreiben würde. Ja, sie haben Zeit genug gehabt. Aber Saladin ist raffiniert. Er kann sich in einen anderen Menschen hineinversetzen, und deshalb glaube ich, dass er anders vorgegangen ist.«
»Wie denn?«, wollte ich
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