1364 - Killer-Engel
Als Mensch hat man Schwächen. Jedenfalls mehr als ein gewisser Lügenengel. Und so wird er versuchen, ihn in seinen Bannkreis zu ziehen, und wenn ich es recht bedenke passen die beiden zusammen.«
»Das stimmt.«
Suko fuhr rasant eine scharfe Kurve. Ich protestierte erst gar nicht.
»Aber da ist noch etwas«, fuhr ich fort, als er nach der Kurve die Geschwindigkeit weiter erhöhte. »Belial ist nicht allein. In seiner Umgebung existieren noch andere von seiner Sorte, und wenn unsere Annahmen zutreffen, wird sich der Schwarze Tod bald auf eine gute Streitmacht verlassen können, um sein Atlantis in veränderter Form wieder aufzubauen.«
»Kann sein.«
Ich hoffte es natürlich nicht. Und ich hoffte vor allen Dingen nicht, dass sich die Macht des Schwarzen Tods noch mehr vergrößerte.
Wir rasten weiterhin durch die Stadt. Die Zeit lief uns davon. Ich hätte die Staatsanwältin gern angerufen, traute mich aber nicht, weil ich nicht wusste, in welcher Lage sie sich befand.
Und so wartete ich darauf, dass wir unser Ziel endlich erreichten, was auch nicht mehr lange dauerte. Das Haus kam bereits in Sicht.
Wir mussten nur noch um den Komplex herumfahren, um den Parkplatz zu erreichen, wo wir den Rover abstellen konnten.
Wieder meldeten sich die Reifen mit schrillen Geräuschen, als würden unter ihnen Ratten zerquetscht. Wir hatten Glück und fuhren auf dem direkten Weg in eine Parktasche hinein.
Der schnelle Stopp schleuderte mich noch kurz in den Gurt, dann schnellte ich aus dem Fahrzeug.
Die Haustür war bestimmt verschlossen. Aber das Haus hatte einen Hintereingang. Der lag uns am nächsten. Wir hofften, dass er noch nicht abgeschlossen war.
Man kann es Zufall nennen oder Glück. Vielleicht auch beides. Jedenfalls wurde die Tür von innen geöffnet und ein Mann erschien, der eine Kiste auf seinen vorgestreckten Armen trug. Er sah uns, der Schreck fuhr ihm durch die Glieder, und er stieß einen halblauten Schrei aus.
Die Kiste rutschte ihm dabei von den Armen, aber Suko fing sie schnell ab.
Der Mann taumelte in das Haus hinein. Wir folgten ihm, und da das Licht im Flur brannte, konnte er meinen Ausweis sehen, den ich ihm entgegenhielt.
»Scotland Yard!«
Ich hatte das Wort scharf geflüstert und sah, wie er zusammenzuckte, zugleich auch erleichtert war. Bevor er fragen konnte, was wir überhaupt wollten, waren wir schon an ihm vorbei und liefen auf die Treppe zu.
Wir hätten auch einen Lift nehmen können, doch darauf verzichteten wir. Die Restzeit des Hausflurlichts ausnutzend, eilten wir die Stufen der hellen Steintreppe hoch.
Zum Glück brauchten wir nur bis in die erste Etage zu laufen, denn dort wohnte Purdy.
Suko entdeckte sofort die nur angelehnte Tür. »Purdy denkt eben mit. Kompliment.«
Wir stießen die Tür weiter auf und betraten die Wohnung, die für uns kein Neuland war. Wir wurden nur diesmal nicht von der Hausherrin empfangen, und es waren auch keine Geräusche zu hören, wie Stimmen, Lachen oder leise Musik.
Wir schlichen durch die Diele. Wo sich Purdys Wohnzimmer befand, war uns natürlich bekannt. Der Weg führte uns dorthin. Die Tür war nicht ins Schloss gefallen, und noch bevor wir sie aufdrücken konnten, hörten wir die Schüsse…
***
Sie waren zu dritt und sahen beim ersten Hinschauen wirklich aus wie riesige Vögel, die auf dem Dach gelauert hatten und sich dann nach unten stürzten, als es sich für sie lohnte.
Es ging alles so schnell, dass Purdy die Einzelheiten nicht mitbekam. Sie wusste nur, dass das Verhängnis von oben her auf sie niederstürzte und sie sich so schnell wie möglich zurückziehen musste.
Das tat sie auch. Sie warf sich nach hinten. So schwungvoll, dass sie über die gesamte Länge des Balkons torkelte und nicht mehr auf die vier Stühle achtete, die abgedeckt an der Hauswand standen.
Sie krachte hinein und fiel dabei auf die Plane, die zusammensank.
Wie auf einer breiten Leinwand sah sie die drei Gestalten vor sich und über der Brüstung schweben.
Sie taten ihr noch nichts. Sie glotzten Purdy nur an, und die schaute zurück. In diesen Momenten dachte sie gar nicht daran, sich zu befreien. Der Anblick war einfach zu schlimm.
Wer oder was waren sie?
Dürre Gestalten mit einer dünnen Haut, unter der die Rippen- und Schulterknochen hervortaten. Dabei sah die Haut aus, als wäre sie mit einer bleichen Kalkschicht bemalt worden, und das zog sich von den Zehen bis zur Stirn hin. Sie waren nackt, aber irgendwelche Geschlechtsmerkmale sah Purdy
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