1366 - Die Freiheit des Bewußtseins
Zusammenhänge kann ich nur ahnen, aber ich sehe, daß uns die Suche nach der Zukunft immer wieder zurück in die fernste Vergangenheit führt. Vor fünfzigtausend Jahren flüchteten die Lemurer vor den Halutern nach Andromeda, und schon damals gab es den Sonnentransmitter im Zentrum der Milchstraße. Sie kannten also das System des Materietransportes. Warum sollen sie nicht auch hier gewesen sein?"
„Gigantisch!" staunte Testare überwältigt. „Und verdammt logisch", stimmte Ellert zu. „Aber die Gegenwart ist ebenso wichtig. Barkon, wir haben keine Zeit zu verlieren. Was ist mit den Kontrollen?"
„Immer diese jugendliche Hast", entgegnete. Barkon ironisch. „Ich bin schon dabei. Es gibt gewisse Unterschiede in der Konstruktion ..."
Er ging hinüber zum Abstrahler und dann wieder zurück zur äußeren Kontrolltafel. Es wurde ihm klar, daß der Abstrahlprozeß, zusammenhängend mit der Entmaterialisation, nur vom Innern der Kabine aus aktiviert werden konnte. Und zwar nicht durch das Schließen der Tür allein, sondern durch eine Kontrolltaste.
Justiert werden mußte das Ziel aber hier in der Halle.
Erneut widmete er sich den Symbolen. Es waren nur zehn davon vorhanden.
Ellert bezähmte seine Ungeduld. Barkons Andeutungen hatten ihn mehr berührt, als er sich selbst gegenüber zugeben wollte. Sobald er seinen Wunschkörper besaß, den er, wie Barkon versichert hatte, jederzeit nach Belieben verlassen konnte, würde er den Versuch unternehmen, in die Vergangenheit zurückzukehren, nach Lemuria zur Zeit der Vernichtung. Er würde der Spur jener folgen, die später hier, als es die Dorten noch nicht gab, den Transmitter auf den Boden eines leeren und unbewohnten Planeten setzten - und warum? Es gab eine Verbindung vom Dom Kesdschan nach hier. Warum nicht auch umgekehrt?
Außerdem war er sich nicht sicher, ob Barkon bereits alle seine Geheimnisse preisgegeben hatte. Er verschwieg einiges. Auch die Koordinaten des Ortes der Erfüllung behielt er für sich. Aus Furcht, er, Ellert, könnte ihn dann verlassen, um den Ort allein mit Testare aufzusuchen? „Ich denke, wir können es wagen", sagte Barkon in die Stille hinein. „Aber, um ganz ehrlich zu sein, hundertprozentig sicher kann ich nicht sein, wenn ich auch die meisten Symbole entziffern konnte. Eins jedoch ist sicher: Die Hälfte der Transporte führt in die Mächtigkeitsballung von ES. Die andere Richtung Estartu, nehme ich an."
„Dann wird dir die Entscheidung nicht schwerfallen."
„Kaum, Ellert und Testare. Wohin immer uns auch der Transmitter bringt, wir werden in ein Gebiet geraten, das uns nicht unbekannt sein dürfte. Du wirst dich am Ziel von uns lösen, Ellert, und den Teil des Universums erkunden, der uns aufnimmt. Danach wird es mir leichter fallen, eine letzte Transition vorzunehmen."
„Wenn die Kontrollen verständlich sind", blieb Ellert skeptisch. „Dann habe ich schon ein Idee, wie wir es ohne Transmitter schaffen. Vertraue mir, Ellert, und auch du, Testare. Einmal im sicheren >Hafen von ES<, ist die Orientierung einfach. Du kennst dort jede Galaxis, Ellert, wenn du sie nur von ferne siehst. So, und nun wollen wir nicht mehr Zeit vergeuden."
Seine rechte Hand schob sich vor und verharrte über der dritten Taste der oberen Reihe. Langsam, fast feierlich, drückte er sie ein.
Sie leuchtete auf.
Die Justierung hatte sich eingestellt und war bereit.
Barkon drehte sich abrupt um und ging ohne Zögern in die Abstrahl und Entmaterialisierungskabine, schloß die Tür und aktivierte den Abstrahlmechanismus.
Durch die Wände der Kabine hindurch sah Ellert mit den Augen Barkons noch, wie sich die Tür der Halle öffnete und Shanondoyle eintrat. Der Dorte blieb stehen und sah gerade noch, wie die Gestalt des Barkoniden in der transparenten Kabine verschwamm und dann spurlos verschwand.
Die Leuchttasten an den Kontrollen erloschen.
Und dann konnte auch Ernst Ellert nichts mehr sehen.
Die fünfte Dimension hatte ihn, Testare und Barkon in sich aufgenommen.
ENDE
Weitere Kostenlose Bücher