1370 - Das Vampir-Lager
er mit dem Rücken aufprallte.
Ein Mensch wäre vorerst nicht mehr aufgestanden. Aber diese Gestalt durfte man damit nicht vergleichen. Sie sah nur aus wie ein Mensch. Tatsächlich steckte eine andere Triebfeder in ihr.
Glenda Perkins behielt die Flasche weiterhin in der Hand, als sie um den Tisch an der Schmalseite herumlief. Dabei gelang ihr ein Blick zur Treppe hin, aber Marek ließ sich dort noch immer nicht blicken.
Okay, dann mache ich eben allein weiter!, dachte Glenda, deren Adrenalinpegel sehr hoch gestiegen war.
Der Blutsauger versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Es war nicht so einfach, er drehte sich, er schob sich hoch auf die Knie und wollte aus dieser Position wieder auf die Füße kommen.
Glenda stand schlagbereit neben ihm. Sie hörte ihr eigenes scharfes Atmen. Noch ein Stück wollte sie ihn höher kommen lassen, dann…
»Glenda!«
Mareks Ruf war nicht zu überhören. Die Frau fuhr auf dem Absatz herum und schaute hin zur Treppe, wo der Pfähler tatsächlich auf halber Höhe stand.
Er hatte die Arme angehoben. In der rechten Hand hielt er den Pfahl, mit dem er schon so viele Blutsauger ins Nirwana befördert hatte. Zwischen den Fingern der Linken aber glänzte das Metall einer Pistole. Glenda ging davon aus, dass sie mit geweihten Silberkugeln geladen war.
»Soll ich ihn…«
»Nein, Frantisek. Überlass ihn mir.«
»Gut. Welche Waffe?«
Glenda zögerte. Pistole oder Pfahl? Mit einer Pistole konnte sie umgehen. Hin und wieder nahm sie auch am Schießtraining teil.
»Die Pistole bitte!«
»Es ist sogar eine Beretta. Wie ungewöhnlich. Und ich habe sie durchgeladen.« Marek schien die Lage sogar riesigen Spaß zu bereiten. Endlich gab es wieder Action, und Glenda lief ihm entgegen, um die Waffe an sich zu nehmen.
»Du schaffst es, Glenda!«
»Das weiß ich!«
»Du musst es einfach schaffen. Es ist ungemein wichtig für dein Selbstbewusstsein.«
»Danke.«
Glenda atmete pfeifend aus, als sie die Beretta an sich nahm. Mit beiden Händen hielt sie das Schießeisen fest und drehte sich um die eigene Achse nach links.
Der Vampir wollte ihr Blut. Er war wieder auf die Beine gekommen. Jetzt ging er direkt auf Glenda Perkins zu und hatte den Tisch bereits passiert.
Glenda hob die Waffe an.
Ruhig bleiben!, hämmerte sie sich ein. Du musst unter allen Umständen nur die Ruhe bewahren. Du darfst nichts Verkehrtes tun.
Du darfst vor allen Dingen nicht daneben schießen.
Zwei Hände sorgten für einen guten Halt. Ihr rechter Zeigefinger fand automatisch den Abzug.
Glenda befreite sich auch von der Vorstellung, es hier mit einem Menschen zu tun zu haben, auch wenn die Gestalt aussah wie ein Mensch. Vielleicht etwas blass…
Er streckte einen Arm vor. Seine langen Finger bewegten sich dabei, als wollten sie nach etwas greifen.
Glenda feuerte die Kugel ab. Sie hatte über die zugreifende Hand hinweg gezielt, und das Ziel war eigentlich nicht zu verfehlen.
Die Kugel schlug ein!
Glenda hatte den Körper ungefähr in der Mitte getroffen, wo noch kein Lendenschurz irgendetwas verbarg. Das geweihte Silbergeschoss stanzte in die Haut ein Loch hinein und fand seinen Weg in altes Fleisch und sperrige Knochen.
Langsam ließ Glenda die Arme sinken. Sie wollte jetzt sehen, was passierte, und so bekam sie das Bemühen des Angeschossenen mit, auf den Beinen zu bleiben.
Er schaffte es nicht. Mit einer fast schon tänzerischen Bewegung drehte er sich zur Seite und stützte sich dabei noch mal mit dem rechten Fuß auf, aber auch der knickte weg.
Er fiel hin.
Und diesmal blieb er liegen. Er war auf das Gesicht gefallen, sodass Glenda auf den Rücken schaute. Sie sah dort kein Loch. Das geweihte Silber war in seinem Körper stecken geblieben.
Schräg hinter sich hörte sie ein Klatschen. Danach auch den Klang von Schritten. Zwar überkam sie ein ungutes Gefühl, weil sie dem Blutsauger den Rücken zudrehte, aber als sie Mareks Lächeln sah, ging es ihr wieder besser.
»Ich muss dich loben, Glenda.«
»Hör auf.«
»Nein, wirklich.« Marek hakte sich bei ihr unter. »Du hast bei unserem Freund John Sinclair gut gelernt.«
Es war ihr noch immer peinlich, so angesprochen zu werden. »Das hätte jeder gekonnt. Für mich war es am Schlimmsten, abzudrücken. Ja, das hat mir echt Probleme bereitet. Ich musste mich einfach von dem Gedanken lösen, einen Menschen vor mir zu haben.«
»Das ist er einmal gewesen.« Der Pfähler löste seinen Arm aus Glendas Beuge und näherte sich dem Vampir. Sehr
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