1372 - Zwölf Raumschiffe nach Tarkan
Begleitung. Ich hoffe, Ge-Liang-P'uo hat Verständnis für meine Laune ..."
Er trug dem Servo auf, eine Verbindung mit der HARMONIE herzustellen. Salaam Siin meldete sich sofort. Der gesichtlose Schädel erschien auf der Bildfläche. Dichte, vielfarbige Organtrauben drängten sich zu beiden Seiten des Kopfes. „Du bist mir ein lieber Freund, Singlehrer", sagte Atlan. „Aber mit dir habe ich im Augenblick nichts zu schaffen. Wie steht's mit deinem Fahrgast Ge-Liang-P'uo? Ist sie zu sprechen?"
„Für dich immer", sang der Ophaler im sonoren Tonfall der Übereinstimmung.
Das Bild wechselte. Die Kartanin wurde sichtbar.
*
„Ge-Liang, wir sind auf einer von Kartanin besiedelten Welt gelandet", begann der Arkonide. „Ich bin sicher, das weißt du schon."
„Es hätte mich Anstrengung gekostet, das zu übersehen", antwortete die Kartanin spitz. „Ich möchte die Zivilisation von Doguang kennenlernen", fuhr Atlan fort. „Ohne amtliche Begleiter, ohne Beaufsichtigung. Ich bedarf einer sachverständigen Begleiterin. Willst du mit mir kommen?"
Ge-Liang-P'uo zögerte nur eine Sekunde. „Ich will", sagte sie dann.
Der Arkonide stand auf. „Bodenhangar zwo", sagte er. „In fünf Minuten."
Die Verbindung brach ab. Aus einem kleinen Korb nahm Atlan ein kleines Stück Schreibfolie. Er schrieb ein paar Worte darauf und legte die Folie auf den Tisch. Julian Tifflor beugte sieh nach vorne und las: „Nia, Irune: Die Pflicht ruft. Wir sehen uns später."
Atlan stand unter der Tür. „Worauf wartest du noch?" fragte er ungeduldig.
Die Straßen waren breit und sauber. Die Straßenbeleuchtung entsprach dem gegenwärtigen Stand kartanischer Technik. Gebäude wechselten mit Grünanlagen in stetigem, kalkuliert wirkendem Rhythmus.
Die Straßenkreuzungen waren fast ohne Ausnahme rechtwinklig. An den Bauwerken war keine Spur von Erosion zu erkennen. Es mochte sein, daß, wie Hue-Win behauptete, der Planet Doguang schon vor Jahrtausenden von den Kartanin besiedelt worden war. Aber diese Stadt war noch keine zwanzig Jahre alt.
Es herrschte allgemein reger Verkehr. Der vorherrschende Fahrzeugtyp war der eines schnittig gebauten Schwebers für den Transport von fünf bis sechs Fahrgästen. Man sah den Insassen der Fahrzeuge an, daß sie auf dem Weg zu dieser oder jener Vergnügung waren. Ihre Kleidung war bunt; man sah sie durch die gläsernen Aufbauten hindurch sich, oft heftig gestikulierend, miteinander unterhalten. Auch Fußgänger waren zu Hunderten unterwegs. Es schien jeder jeden zu kennen. Zurufe wurden ausgetauscht, mitunter bildete sich auch eine Gruppe, in der eifrig diskutiert wurde.
Julian Tifflor bezeichnete sich nicht als Kartanin-Experten. Aber er hatte mit einer ausreichend großen Zahl von Kartanin zu tun gehabt, um die ernste, pflichtbewußte, mitunter stolze und ein wenig überhebliche Art der Feliden zu kennen. Die Bewohner von Doguang wirkten auf ihn fremdartig. Sie hatten mit den Kartanin, die er kannte, wenig gemein. Daß so viele der Bürger von Qolpan mitten in der Nacht auf Vergnügungssuche sein sollten, erschien ihm unkartanisch. Die Hektik, die die Vergnügungsuchenden beseelte, fiel ihm auf. Es war fast, als hätten sich die Qolpaner vorgenommen, noch einmal kräftig auf die Pauke zu hauen, bevor die Katastrophe über sie kam.
Mit einem der kleinen Bodenfahrzeuge, die zur Ausstattung der KARMINA gehörten, waren Atlan, Julian Tifflor und Ge-Liang-P'uo in die Stadt gekommen. Sie hatten den Gleiter auf einem großen Platz nahe der Stadtmitte abgestellt und den weiteren Weg zu Fuß genommen. Sie erregten Aufsehen, gewiß, besonders Ge-Liang als weibliche Kartanin in Begleitung zweier Fremder, aber bislang waren sie von niemand angesprochen worden außer von einem Uniformierten, der wahrscheinlich die lokale Ordnungsmacht verkörperte. Ihm hatten sie bedeutet, sie seien Gäste des Protektors, und der Polizist hatte sie daraufhin gehen lassen. Ge-Liang-P'uo verfolgte die Vorgänge ringsum mit großem Interesse. Julian Tifflor konnte sich gut vorstellen, daß sie Vergleiche mit ihrer Heimatwelt Kartan anstellte.
Im Stadtzentrum reihte sich eine Vergnügungsstätte an die andere. Worin das Vergnügen bestand, ließ sich von außen nicht immer genau erkennen. Keinen Zweifel gab es indes daran, daß alkoholische Getränke in Mengen genossen wurden. Zum ersten Mal in seinem Leben bekam Julian Tifflor betrunkene Kartanin zu sehen. Ge-Liang-P'uo war über das Verhalten ihrer Artgenossen entsetzt.
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