1372 - Zwölf Raumschiffe nach Tarkan
„Schweine!" fauchte sie. „Sie wissen nichts von guten Sitten."
„Gibt es irgend etwas, das dir bekannt vorkommt?" versuchte der Arkonide sie abzulenken. „Das dort scheint ein Spielsalon zu sein. Spielt man hier dieselben Spiele wie auf Kartan?"
Ge-Liang-P'uo blieb stehen und musterte die schwebenden Leuchtschriften, die die Attraktionen der einzelnen Lokale verkündeten. „Nach fünfzigtausend Jahren der Trennung?" murmelte sie zweifelnd. „Das ist wenig wahrscheinlich."
Aber dann blitzte es in ihren Augen auf. „Dort!" rief sie. „In der Halle dort wird Bao-Dee gespielt."
Die Halle bedeckte eine Grundfläche von gut und gern eintausend Quadratmetern. Sie bestand nur aus einem flachgiebeligen Dach und mehreren Reihen von Säulen, die die Last des Daches trugen. Der Fußboden war gegossene Konkritmasse. Die Spieltische waren in langen Reihen aufgestellt. In der Mitte der Halle gab es einen freien Platz, auf dem sich die Spiellustigen trafen, um Mit- oder Gegenspieler zu finden. Jeder Spieltisch war mit einer Servierautomatik ausgestattet. Auf jedem Tisch, an dem gespielt wurde, standen Becher, und der Lärm, der die Halle erfüllte, verriet, daß man hier von Abstinenz nicht viel hielt.
Es war bitter kalt. Die Temperatur lag bei 3 Grad, und ein feuchter Wind pfiff durch das nach den Seiten hin offene Gebäude. Atlan trug die Netzgänger-Kombination, Julian Tifflor die auf Schiffen der terranischen Flotte übliche leichte Schutzmontur. Lediglich Ge-Liang-P'uo hatte angelegt, was man unter Kartanin als Straßenkleidung bezeichnen mochte. Ihr machte das Klima nichts aus. Sie war derartiges von Kartan her gewohnt.
Die Fremden erregten beträchtliches Aufsehen, als sie sich unter die Menge im Zentrum der Halle mischten. Argwöhnische Blicke verfolgten jede ihrer Bewegungen. Die Kundschaft der Spielhalle bestand ausschließlich aus männlichen Kartanin. Es fiel manche gehässige Bemerkung, die sich auf Ge-Liang-P'uos Anwesenheit bezog. Julian Tifflor tastete vorsichtig nach dem Kombistrahler, den er in seinem automatischen Halfter unterhalb des Gürtels trug. Es war mehr eine Reflexbewegung. In einer Lage wie dieser würde er, falls es zum Schlimmsten kam, lieber sein Heil im sofortigen Rückzug suchen, als von der Waffe Gebrauch zu machen. „Eure Neugierde ist gerechtfertigt", rief er mit lauter Stimme den Gaffern zu. „Wir kommen von weit her, auch die Kartanin, die sich in unserer Begleitung befindet. Wir sind Gäste des Protektors Hue-Win; darüber wird euch jeder Polizist gerne Auskunft geben. Wir genießen die Gastfreundschaft der Siedler von Doguang und sind dankbar dafür."
Das rechte Wort zur rechten Zeit schuf Ruhe. Die Spieler wandten sich wieder ihrem eigentlichen Anliegen zu. Nur einer - ein alter Kartanin mit zerrupftem Pelz und auf dem Schädel einem gelblichgrauen Fellstreifen, in dem die Motten zu nisten schienen - wollte sich nicht zufriedengeben. „Was hat die Guani hier verloren?" knurrte er.
Die kartanische Sprache hatte viele Worte für den Begriff „weibliches Wesen", und Guani war eines der abfälligsten davon, etwa mit der terranischen Bezeichnung Straßenweib zu vergleichen. Ge-Liang gab ein halblautes Fauchen von sich. Mit scharfer Stimme fuhr sie den Alten an: „Weswegen bist du hier, Quilum?"
Sie blieb ihm nichts schuldig. Quilum war ein Schimpfwort, das ein männliches Wesen bezeichnete und soviel wie Landstreicher bedeutete. „Ho, ich will spielen!" stieß der Alte zornig hervor. „Hast du Geld?"
„Für ein Spielchen wird es noch langen", sagte der Alte.
Ge-Liang griff in die Tasche ihres Gewands und brachte einen schimmernden Stein zum Vorschein. „Paolith aus den Minen von Wengxian", sagte sie. „Zehnmal mehr wert als der größte Betrag, den du je in deinen schmutzigen Krallen hieltest. Ein Spiel bis auf fünfhundert Punkte. Hast du Mut, gegen mich anzutreten?"
Es funkelte in den Augen des Alten. „Mit einer dreckigen Guani ...", fauchte er.
Blitzschnell stand Ge-Liang vor ihm, die Hand zum Schlag erhoben, die gefährlichen Krallen ausgefahren.
Der Alte duckte sich ängstlich. „Noch einmal nennst du mich Guani", fuhr Ge-Liang ihn an, „und ich setze dir ein Zeichen ins Gesicht, daß dein eigener Spiegel dich nicht mehr sehen mag."
Die Szene erregte Aufsehen, aber nach Tifflors Worten war die Menge den Fremden nicht mehr feindlich gesinnt. Ermunternde Rufe wurden laut. „Geh hin und spiel, Lo-Quing", forderte man den Alten auf. „Wo bekommst du in
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