Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1375 - Wächterin der Toten

1375 - Wächterin der Toten

Titel: 1375 - Wächterin der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
angewinkelt, die Hände auf die Hüfte gestützt, stand sie auf dem Fleck und schaute sich um, wobei sie sich auf der Stelle drehte.
    Gräber. Mal mit Kreuzen oder auch mit Steinen geschmückt. Alt, verwittert, aber nicht kampflos, denn die Launen der Natur hatten es nicht geschafft, den einen oder anderen Stein umzukippen. Sie alle waren noch im Erdboden verankert, wobei sie von hohen Gräsern und wilden Sommerblumen umgeben waren.
    Wären diese Mahnmale nicht gewesen, dann wäre dieses Stück Erde eine wunderschöne Sommerwiese gewesen, so aber war immer der Hauch des Vergänglichen zu spüren, wie eigentlich auf jedem Friedhof, ob er nun auf dem Land lag oder inmitten einer Großstadt.
    Und doch war es hier anders. Nach einer gewissen Zeit hatte sich Clara auf die Umgebung eingestellt und sah dies auch nicht als eine Täuschung an.
    Sie war aus der Sonne und der Wärme gekommen, und auch hier hätte sie dies spüren müssen, doch in diesen warmen Luftstrom hatte sich etwas Kaltes gemischt.
    Clara fror nicht, aber seltsam war es schon, und so schaute sie sich leicht beunruhigt um.
    Es war nichts zu sehen, was diesen kalten Strom verursacht hätte.
    Aber Geister waren doch unsichtbar, oder?
    Sie wusste selbst nicht, was ihr da noch alles durch den Kopf ging, als sie sich auf den Weg zum Grab der Großmutter machte. Es war nicht zu übersehen, denn es war das neueste und auch das größte Grab auf dem kleinen Naturfriedhof.
    Am Ende des Grundstücks und dicht an der Straße hatte immer das große Steinkreuz gestanden, das älter als die Großmutter gewesen war. Sie hatte darauf bestanden, dass es nach ihrem Ableben das Grab schmücken sollte, und auch diesen Gefallen hatte man ihr getan. Alte Freunde hatten sich zusammengetan und es in mühevoller Arbeit an diesen Platz geschafft, wo es jetzt stand und all die anderen überragte.
    Clara war bewusst gekommen, um das Grab zu besuchen. Doch jetzt, da es so weit war, da spürte sie schon das Ziehen in ihrer Brust und merkte zudem, dass ihr die Beine schwer geworden waren. Sie schleppte sich förmlich auf das Ziel zu und blieb vor dem Grab stehen und auch vor dem Kreuz, dessen Material verwittert und von Furchen durchzogen war.
    Es gab keine Blumen auf dem kleinen abgeteilten Feld. Der Ausschnitt war mit Steinen belegt. Normale Graberde hätte die Stürme im Herbst und Winter nicht überstanden. Sie wäre einfach weggeweht worden wie ein Strom dünner Asche.
    Auch jetzt spürte die einsame Besucherin den Wind, der sie allerdings sommerlich warm umwehte. Er brachte die Gerüche der Natur mit und auch den der alten Erde, die schon seit ihrer Existenz so vieles erlebt hatte.
    Und genau unter dieser Erde lag jetzt die Großmutter!
    Natürlich erwischten Clara diese Gedanken. Es wäre unnatürlich gewesen, hätte sie etwas anderes erlebt. Sie sah die alte Dame wieder vor sich, und sie wollte sie sogar noch näher zu sich heranholen, damit sie ein noch festerer Teil der Erinnerung wurde. Seltsamerweise gelang ihr das nicht. Clara kam es vor, als hätte sich zwischen ihr und der Erinnerung an die Großmutter eine Wand aufgebaut. Das empfand sie schon als sehr seltsam und ungewöhnlich, wobei sie plötzlich auch das unangenehme Gefühl überkam, nicht mehr allein zu sein.
    Gesehen hatte sie niemanden. Trotzdem drehte sie sich einer Eingebung folgend herum.
    Nein, da war niemand!
    Jetzt hätte das Gefühl weichen müssen. Sie hätte sich beruhigen können, aber das tat sie auch nicht, denn dieser leichte Druck blieb bestehen, und sie spürte wieder den kalten Hauch im Sommerwind.
    Nichts hatte sich am Grab verändert. Aber in der Luft hatte sich etwas getan. Ein kühler Strom erreichte sie, während der Himmel wie ein hellblaues Meer über ihr lag.
    Clara Lintock konzentrierte sich auf den seltsamen Strom. Sie hatte den Eindruck, als würde er über das große Kreuz hinwegwehen. Dahinter musste irgendwo sein Ursprung liegen, obwohl sie sich das beim besten Willen nicht erklären konnte.
    Möglicherweise bilde ich mir das auch alles nur ein, dachte sie. Es liegt eben an der Einsamkeit dieses Friedhofs an einer so ungewöhnlichen Stelle. Das ist auch nicht normal. Ihre Gedanken bewegten sich kurz zurück in die eigene nahe Vergangenheit. Sie erinnerte sich an den Wunsch, das Grab der Großmutter besuchen zu wollen.
    Woher dieser Wunsch allerdings gekommen war, konnte sie nicht sagen. Er war plötzlich in ihr gewesen, und nun dachte sie wieder daran, dass sich viele Menschen davor

Weitere Kostenlose Bücher