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1375 - Wächterin der Toten

1375 - Wächterin der Toten

Titel: 1375 - Wächterin der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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denn die Körper schmolzen unter den anderen Kräften zusammen.
    Wachs?
    So ähnlich. Damit war es zu vergleichen. Es bildeten sich dicke Tropfen. Um die restliche Haut verflüssigte sich, und immer mehr sackte der Körper von oben nach unten zusammen, während auf dem Boden zwei Lachen weiteren Nachschub bekamen.
    Die Ghouls waren bereits bis auf die Hälfte geschmolzen, und es gab auch weiterhin keine Rettung mehr für sie.
    Zuletzt blieben die beiden Köpfe übrig. Sie standen auf den Lachen. Von Gesichtern konnte nicht mehr gesprochen werden, denn was da zu sehen war, bestand nur noch aus einer weichen Masse, die immer mehr zusammensackte.
    Das Licht blieb, aber es schwächte sich ab. Es gab die stinkenden Gestalten nicht mehr, und irgendwann würde auch der Nachfolgegeruch verschwunden sein.
    Johnny wurde von einer leisen und weichen Stimme aus seinen Gedanken gerissen.
    »Die Welt ist voller Wunder, und sie wird auch voller Wunder bleiben. Es kommt immer darauf an, was die Menschen daraus machen. Ich habe es versucht, und ich habe es nach langer Zeit geschafft. Auch Tote brauchen ihre endgültige Ruhe, die ich nun gefunden habe. Ich kann mich zurückziehen, aber Menschen haben erkannt, dass niemand so ganz geht. Das darf ich für mich in Anspruch nehmen. Auch wenn ich nicht mehr präsent bin, wird man mich nicht vergessen, denn ich habe längst eine Generation übersprungen. Denk darüber nach…«
    Mehr gab der Geist der Jessica Lintock Johnny nicht mit auf den Weg. Er hatte genug gesagt, und Johnny sah, dass er sich langsam zurückzog. Wie ein dünner Nebel, der zum Opfer des ersten Sonnenlichts an einem herrlichen Sommermorgen wurde.
    Bevor Johnny wieder normal denken konnte, war die Erscheinung verschwunden. Und er wusste, dass sie so niemals wieder erscheinen würde…
    ***
    Mit langsamen Schritten ging Johnny die Stufen der Treppe hinab und hielt sich dabei am Geländer fest. Von unten her hörte er kein Geräusch. Das Haus schien leer zu sein, doch das war es nicht. Als er etwa die Hälfte der Treppe hinter sich gelassen hatte, wurde unten das Licht eingeschaltet, und er sah, dass sich seine Freundin Clara Lintock aus der Nähe des Schalters wegdrehte.
    Sie tat es sehr behutsam, als hätte sie Angst vor dem Bild, das sie sehen würde. Dann aber huschte ein Lächeln über ihr Gesicht.
    »Du hast es geschafft, Johnny?«
    Er ließ die letzten beiden Stufen hinter sich, blieb stehen und warf einen Blick auf die Gestalt des Pfarrers. Der Mann rührte sich nicht mehr, aber Johnny brauchte das Schlimmste nicht zu befürchten, denn Clara sagte: »Er ist bewusstlos geworden. Die Schmerzen waren wohl zu schlimm für ihn.«
    »Das kann ich mir denken.«
    Clara schaute ihn prüfend an. »Und was ist mit dir?«
    »Sie sind vernichtet.«
    Clara nickte nur. »Aber nicht durch dich – oder? Ich habe von hier das Licht gesehen.«
    »Es ist die Kraft deiner Großmutter gewesen. Sie hat ein letztes Mal noch eingegriffen. Was sie zu ihren Lebzeiten nicht schaffte, hat sie aus dem Totenreich getan. Aber nun hat sie ihre endgültige Ruhe. Was von den Ghouls zurückgeblieben ist, kann man wegputzen, und dabei werde ich dir helfen.«
    »Danke.«
    Johnny ging zur Tür. »Bitte, lass uns nach draußen gehen. Wir müssen noch einen Arzt für den Pfarrer holen.«
    »Zum Glück haben wir Dr. Finch. Er ist zwar schon alt, aber das wird er schaffen.«
    Gemeinsam traten sie hinaus. Der Abend hatte noch nicht begonnen, und es war wieder hell geworden, denn der Dunst war vertrieben worden, und am Himmel stand die Sonne.
    Ein paar Schritte gingen sie Hand in Hand. Dann blieb Clara Lintock stehen.
    »Es wird eine Weile dauern, bis ich alles verdaut habe, und ich weiß auch nicht, mit wem ich darüber reden soll. Ich denke eher, dass es ein Geheimnis zwischen uns bleiben soll. Es wird im Dorf sowieso viel gemunkelt werden, aber das ist mir egal. Vielleicht weihe ich meine Eltern ein.«
    »Das musst du wissen.«
    Clara schaute Johnny an. Er wich dem Blick nicht aus. Er sah direkt in ihre Augen und auch in das etwas blass wirkende Gesicht hinein. Ihm selbst strömte das Blut in den Kopf, denn plötzlich fielen ihm die Worte der Großmutter wieder ein.
    »Niemals geht man so ganz…«
    Ja, sie hatte Recht behalten. Sie war nicht so ganz gegangen. Sie war sogar wiedergekommen. Da brauchte er nur ihre Enkelin anzuschauen.
    »Hast du was?«, fragte Clara. »Du bist so rot geworden.«
    »Nein, nein, es ist nichts.« Johnny schüttelte den Kopf.

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