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1376 - Die Werber des Hexameron

Titel: 1376 - Die Werber des Hexameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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habt eure Entscheidung getroffen, und wir sind nicht glücklich darüber. Eines aber ist sicher: Es kann so nicht weitergehen."
    „Werden wir bestraft?" unterbrach Shalluna. „Verweist ihr uns in die Technozone?"
    „Nun ..." Der Priesterlehrer zögerte, durch die Zwischenfrage offenkundig aus dem Konzept gebracht. „Ihr habt falsche Vorstellungen, Shaa und Shalluna. Das Leben in der Technozone ist nicht schlecht. Es ist nützlich, ebenso wie das unsere. Um aber eure Frage zu beantworten: Nein, ihr werdet nicht in die Technozone verwiesen. Bei uns bleiben könnt ihr auch nicht, da wir uns ganz und gar den Lehren des Herrn Heptamer verschrieben haben.
    Aber es gibt eine dritte Möglichkeit. Zehn Priesterberge ziehen über die Wüsten Talluurs. Es sind die letzten von Hunderten, und niemand weiß, wohin die anderen gegangen sind. Die letzten zehn - sie tragen die Namen Haalar, Tiil, Duur und Nemees, Talluur-Es, Talluuri, Urkhii, Es, Ponaa-Es und Jhiakk - haben die anfallenden Aufgaben unter sich geteilt. Wir sind Nemees. Wir lehren vorwiegend den Glauben.
    Eure neue Heimat soll Jhiakk sein; dort werden euch andere Lehrer in den Künsten der Technik und des Überlebens ausbilden.
    Von diesem Tag an seid ihr keine Kinder mehr, sondern Novizen. Dich, Shalluna, nennen wir von heute an Shallun. Du, Shaa, bist hier geboren. Das ändert vieles. Dein neuer Name lautet Shaa pak Jhiakk. Das ist alles. Ihr werdet mit einem Gleiter fortgebracht."
    Die Priesterlehrer gaben zu erkennen, daß die Unterredung beendet war.
    Shalluna (falsch, denn sein neuer Name lautete Shallun!) schwirrte der Kopf. Zehn Priesterberge nur noch, die letzten ihrer Art - war dies ein schlechtes Omen? Aber nein, dachte er, dies war die Lehre des Herrn Heptamer. Alles strebte seinem Ende zu, weil das Ende unvermeidlich bevorstand.
    Der Novize führte Shallun und Shaa pak Jhiakk zurück an die Pforte, wo ein neuer Gleiter bereitstand. Nur eines machte Shallun zu schaffen. Bis vor einer Stunde noch hatte er als Kind handeln dürfen. Nun war dies vorbei.
     
    2.
     
    Überleben Jhiakk unterschied sich äußerlich kaum von Nemees. Beide verfügten über eine Oberfläche von knapp sechzigtausend Quadratmetern, während Nemees allerdings deutlich niedriger gewachsen war. „Dies hier ist eine Eliteschule", erklärte der Priesterlehrer. „Seid euch dessen immer bewußt. Ihr seid keine Kinder mehr, sondern Novizen. Versagen oder Ungehorsam werden bestraft, es gibt keine Schonzeit. Wißt ihr, wie viele Hauri Nemees ausbilden kann?"
    Shaa und Shallun verneinten beide. „Es sind hundertfünfzig zur gleichen Zeit." Der Priesterlehrer ließ einen strengen Blick über ihre abgenutzten Kutten wandern. „Die Zahl der Lehrer in Nemees beträgt nur zehn. daraus läßt sich errechnen, daß auf den einzelnen Schüler wenig Aufwand entfällt - vergleichsweise wenig, versteht mich nicht falsch. Hier in Jhiakk sind die Verhältnisse umgekehrt. Wir bilden nur dreißig Schüler aus. Und dabei werde ich ewig rätseln, weshalb ausgerechnet ihr zwei Ausreißer dazugehören sollt.
    Mit anderen Worten: Ihr erhaltet einen Ausbilder für euch allein. Ab und zu wird man euch an andere Berge weiterreichen - und ihr müßt euren Teil an der täglichen Lebenshaltung leisten. Jhiakk bietet Urkhiitu und Ponaa im Überfluß, aber wir alle müssen es sammeln, Und nun verschwindet. Lehrer Kaahn wird euch die Unterkünfte zeigen und einweisen."
    Kaahn war ein abnorm großer Hauri mit langen Gliedmaßen und schmalem Gesicht. Seine Augen lagen tiefer in den Höhlen, als es Shallun jemals gesehen hatte, doch schienen diese Augen jedes Detail wahrzunehmen. Die beiden jungen Hauri faßten spontan Abneigung gegen ihn. „Folgt mir, ihr beiden!"
    Im Gegensatz zu ihrer früheren Heimat waren die Gänge im Innern des Berges hier hell ausgeleuchtet. Es gab viele verschlossene Türen ohne Beschriftung und sogar ein paar Antigravlifte. Dergleichen Gerät hatte Shallun in Nemees nur aus Bildern kennengelernt. Überflüssiger Luxus, dachte er zunächst, aber dann ließen sie sich von einem der Schächte bis in die obersten Regionen des Berges treiben. Er genoß das prickelnde Gefühl mit ein wenig Selbstbewußtsein. „Dies ist eure Kammer", sagte Kaahn mit tiefer, sonorer Stimme. „Ihr habt eine halbe Stunde, euch einzurichten."
    Damit ließ er Shaa und Shallun allein. Da sie keinerlei persönliche Habseligkeiten außer ihren Kutten mitgebracht hatten, blieb wenig zu tun. Sie sprachen nicht miteinander.

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