1383 - Hexenfriedhof
damit gerechnet, dass ich zusage.«
»Ja. Oder habe ich dich nicht neugierig gemacht?«
»Doch, das hast du.«
»Können wir fahren?«
Diesmal reagierte Jane Collins nicht so schnell. »Ich denke, dass es kein großes Problem sein dürfte, aber ich will in der Nacht noch zurück sein. Meine offizielle Entlassung ist erst morgen. Da möchte ich mich nicht in die Nesseln setzen.«
»Kein Problem, Jane, ich bringe dich in ein paar Stunden zurück. Niemand wird uns sehen, wenn wir zu meinem Wagen gehen. Er ist zwar nur winzig, aber er fährt auf vier Rädern.«
»Du machst es wirklich spannend, Lucy.«
»Ich möchte nur einer alten und im Sterben hegenden Frau einen letzten Gefallen erweisen. Ich selbst bin von ihrem Wunsch überrascht worden, das kannst du mir glauben. Aber es ist nun mal so, und gegen das Schicksal kann man sich nicht stemmen.«
»Stimmt«, erklärte Jane und stand auf. Sie fühlte sich wieder fit und war auf die Hexe Elvira wirklich mehr als gespannt…
***
»So«, sagte Glenda Perkins und stieß schwungvoll die Tür zum Vorzimmer auf, »das musste einfach sein.«
»Wenn du meinst.«
»Meine ich.« Sie hielt mir den Blumenstrauß entgegen, den sie für Jane Collins besorgt hatte. Ein Herbststrauß aus Sonnenblumen, Ranunkeln und viel frischem Grün. »Ist das was oder ist das nichts?«
»Sieht wirklich prächtig aus, das Gestrüpp.«
»Dann nimm es wenigstens.«
Ich tat es und dachte daran, dass wir Jane einen Abschlussbesuch versprochen hatten. Am nächsten Tag wurde sie entlassen, und ob wir dann Zeit hatte, um sie abzuholen, wusste ich nicht. In meinem Job kam mir oft genug etwas dazwischen und zerstörte all die schönen Pläne.
Aber der Strauß war klasse, und wie ich Jane kannte, würde er ihr auch gefallen.
»Ich ziehe mir nur noch meinen leichten Mantel über, dann können wir los«, sagte Glenda, die ihr neues Herbstkostüm angezogen hatte. Rock und Jacke bestanden aus einem grauen Fischgrätenmuster, was mir nicht so besonders gefiel, aber die giftgrüne Bluse darunter peppte das Outfit wieder auf.
Ich ging hinter Glenda her als Blumenkavalier. Die Kollegen, die uns begegneten, zogen mich natürlich auf, denn ein solches Bild sahen sie selten.
»Nur ein Krankenbesuch«, sagte ich. »Es ist nur ein Krankenbesuch.«
»Aber doch nicht bei Suko!«
»Nein, der ist beim Training.«
»Und du hast dich wieder mal gedrückt.«
»Glenda wollte es so.«
»Ja, ja, immer ich.«
Kurze Zeit später saßen wir im Rover, und ich hatte meinen Platz hinter dem Steuer eingenommen. Der Strauß lag auf dem Rücksitz, und Glenda saß mit einem seligen Lächeln auf den Lippen neben mir.
Beide waren wir froh, dass Jane die Verletzung so schnell überstanden hatte. Eine Frau mit perfektem Heilfleisch bin ich, hatte sie uns gesagt, und jemand wie sie im Krankenhaus länger als nötig zu behalten, das war so gut wie unmöglich. Das hatte auch Professor Hellman einsehen müssen, und so würde Jane morgen entlassen werden.
Zwar waren Glenda und Jane manchmal aufeinander eifersüchtig, doch in bestimmten Situationen war das vergessen, da stand die eine für die andere ein, was ich auch als sehr positiv ansah, wie eben diesen Besuch am frühen Abend.
Eigentlich hätten wir schon am Nachmittag fahren wollen, aber Glenda waren betriebsbedingte Dinge dazwischengekommen, und danach hatte sie auch noch die Blumen besorgen müssen. So würden wir dann mit Einbruch der Dämmerung oder etwas später bei Jane eintreffen.
Es wurde wohl eher später, denn wir gerieten in den Berufsverkehr. Auch wenn Maut für das Befahren der Innenstadt bezahlt werden musste, viel weniger Verkehr war es nicht geworden. So quälten wir uns eben durch, und Glenda entspannte sich, wobei sie den Klängen der Musik lauschte, die aus dem Radio kam. Weiche Melodien, oft modernisierte Klassik, gaben den perfekten Background ab.
Als ich in einem kleinen Stau anhalten musste und gähnte, fragte Glenda sofort: »Müde?«
Ich winkte ab. »Es hält sich in Grenzen. Ist wohl mehr das Wetter.«
»Ich dachte schon an den Tag im Büro.«
»Der natürlich auch.«
»Ich bin fit.«
»Das sehe ich. Und was ist mit dem Serum des Saladin? Hast du da mal wieder etwas bemerkt?«
»Überhaupt nicht, John. Auch wenn du weiterhin mit dem Gedanken spielst, mich bei den Conollys einzuquartieren, schlag ihn dir aus dem Kopf, denn mir geht es gut.«
»Was nicht heißt, dass es vorbei ist.«
»Exakt. Aber Saladin wird zunächst mal seine Wunden
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