1384 - Die Blut-Ruine
Hände vor sein Gesicht. Die Erleichterung sorgte bei ihm für Tränen, und ich sah, dass sein Rücken zuckte.
Mir ging es etwas besser. Ich hatte es geschafft, das erste Problem zu lösen, aber es gab noch ein zweites, und das trug den Namen Serena.
Ich wusste, dass sie hier in der Nähe war, denn ich hatte ihre Stimme gehört. Doch in dieser Dunkelheit konnte sie leicht abtauchen und für immer verschwinden.
»Und, Partner, wie geht es weiter?«
»Für dich nicht.«
»Du beschämst mich.«
»Das ist mein Spiel hier, und du wirst dich nicht einmischen.«
»Gut, wie du willst. Dann kann ich ja deinen Rover nehmen und wieder zu Jane fahren.«
»Das wirst du nicht. Wenn, dann fahren wir gemeinsam. Ich möchte nämlich nicht, dass du irgendwelche Umwege machst und Menschen anfällst. Kapiert?«
»Natürlich.« Sie lächelte mich an, und verdammt noch mal, das Lächeln gefiel mir nicht. Es sah mir irgendwie zu wissend aus. Als wüsste sie etwas, das mir unbekannt war.
Da hörte ich das Rascheln, neben und auch hinter mir!
Mit einer blitzschnellen Drehung fuhr ich herum.
Bisher hatte sich Serena in der Dunkelheit versteckt gehalten. Nun war sie wieder da. Sie stierte mich an, und die Augen quollen ihr dabei fast aus den Höhlen.
»Blut, Sinclair, Blut…«, röchelte sie mir entgegen.
»Nein, Tod!«, erwiderte ich. Meine Beretta hielt ich noch immer fest. Ich brauchte sie nur ein wenig zu schwenken, um das neue Ziel vor der Mündung zu haben.
Ein Problem war es nicht.
Ich schoss!
Der laute Knall zerriss die Stille in der Nähe der alten Ruine. Das Echo rollte über das Land, und es war noch nicht verklungen, da geriet Serena ins Schwanken.
Sie stand noch, sie trat zurück, und sie knickte mit dem linken Bein zuerst ein. Es war ihr nicht mehr möglich, den Stand zu halten.
Nicht mal ein Laut war zu hören, als sie zusammenbrach und seitlich in das Gras schlug.
Ich brauchte nur zwei Schritte, um die Gestalt zu erreichen. Mit der Lampe strahlte ich sie an.
Der Kegel erwischte das Gesicht. Es war eine Veränderung darin.
Das war das Loch in ihrer Stirn…
Justine Cavallo trat zu mir. »Gratuliere, Partner! Du hast es mal wieder geschafft.«
»Hör auf mit dem Gerede!«
»Doch, es ist vorbei. Schau dich um und sag mir, was du siehst, John.«
Sie sprach wieder wie so oft. Nichts mehr erinnerte an ihre Blutgier. Aber ich tat ihr den Gefallen und blickte dorthin, wo die Ruine stand. Oder hätte stehen müssen.
Sie war verschwunden. Wieder weggetaucht. Wohin? Das mochte der Teufel wissen, ich war da überfragt, aber ich glaubte daran, dass der Spuk endgültig vorbei war, und auch Serena hatte ihren Frieden gefunden.
Ich ging zu Ken Kilmer. Er war von allein aufgestanden. Ich sagte ihm, dass alles in Ordnung sei, und er hatte nur eine einzige Frage.
»Kann ich von hier verschwinden?«
»Sind Sie denn in der Lage, zu fahren?«
Er rieb über seine Augen. »Das weiß ich nicht. Ich glaube nicht, aber ich kann einen Freund anrufen, der mich abholt.«
»Könnten Sie. Aber es gibt eine bessere Lösung. Wir werden Sie mitnehmen.«
»Was? Aber die Blonde…«
»Wird Ihnen nichts tun, das verspreche ich Ihnen.«
»Ja, und ich glaube Ihnen sogar, Mr. Sinclair.«
Ich verfrachtete Ken Kilmer auf den Rücksitz meines Rovers. Er hatte Glück gehabt, was nicht immer so war, denn da kannte ich andere Fälle – leider.
Als ich die Tür zudrückte, sprach mich die blonde Bestie an.
»Welch eine Nacht.«
»Stimmt, welch eine Nacht.« Ich lächelte. »Über ihren Ausgang kann ich mich nicht beschweren.«
»Aber ich«, sagte sie. »Für mich hätte es besser laufen können. Aber ich werde schon nicht verhungern, Partner, das verspreche ich dir.«
Ich glaubte ihr aufs Wort…
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Taschenbuch Nr. 73 287 »Schlachtfeld der Verfluchten«
[2] Siehe John Sinclair Nr. 327 »Vampir-Witwen«
[3] Siehe John Sinclair Nr. 1383 »Hexenfriedhof«
[4] Siehe John Sinclair Nr. 1381 »Wanderer zwischen den Welten«
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