1384 - Die Blut-Ruine
Gesichtsausdruck verändert. Es gibt Situationen, in denen ein Mensch steif werden kann wie ein Toter.
Das erlebte Ken Kilmer in diesen Augenblicken, denn er wagte nicht, sich zu rühren. Er wollte auch nicht glauben, was er sah, aber es war kein Trugbild.
Vor ihm stand Serena. Sie hatte die Tür aufgerissen. Sie war es, die zu ihm wollte, und sie hatte ihren Mund so weit wie möglich aufgerissen, um im nächsten Moment zubeißen zu können.
In diesen Sekunden wünschte sich Ken Kilmer weit fort. Er wusste nicht mehr, was er machen sollte. Es war alles auf den Kopf gestellt. Sein Leben hatte er gerettet, er litt unter den Schmerzen, doch all dies ließ sich ertragen, wenn er daran dachte, was ihm bevorstand, als er in das Maul dieses Ungeheuers schaute.
Die Zähne waren wie Messer. Und was diese Unperson vorhatte, war klar. Er hatte es in zahlreichen alten und auch neueren Gruselfilmen gesehen und…
»Nein, nein…«, flüsterte er und erkannte seine Stimme dabei kaum wieder. »So nicht. Das lasse ich nicht zu. Es ist vorbei. Ich will es nicht …«
Er hielt sich mit einer Hand am Lenkrad fest und wollte nach hinten rutschen, aber das gelang ihm nicht. Er hatte das Gefühl, die Schmerzen würden ihn festhalten.
Dafür griff Serena zu.
Kilmer riss den Mund weit auf, doch kein Schrei verließ seine Kehle. Das Entsetzen hatte ihn stumm werden lassen. In den nächsten Sekunden erlebte er den Beginn eines neues Horrors, denn Serena zerrte an seinem Körper, und Kilmer wurde über das glatte Polster des Sitzes auf die offene Tür gezogen.
Alles ging so schnell. Er versuchte, sich am Lenkrad festzuklammern, doch die schweißfeuchten Finger rutschten ab.
Bisher hatte Serena kein Wort gesagt. Das blieb auch so, und trotzdem war sie nicht stumm, denn sie kicherte in ihrer blutrünstigen Vorfreude.
Ken rutschte weiter!
Was er in diesen für ihn so langen Sekunden dachte, wusste er selbst nicht. Sein Kopf steckte voller ängstlicher Gedanken, aber er war trotzdem leer.
Noch ein kurzer Ruck, und er würde sich nicht mehr im Wagen befinden.
Dann fiel er!
Die Angst in ihm erhöhte sich. Sie war wie ein feuriger Stoß, der ihn erwischte. Der Sitz lag ziemlich hoch. Wenn er mit dem Kopf aufschlug, dann konnte es bedeuten, dass er…
Nein, er schlug nicht auf, da waren die beiden Hände der Blutsaugerin schneller. Sie fingen ihn geschickt ab, und er merkte auch, dass er nachfederte.
Diese Haltung aber reichte Serena nicht aus. Sie wollte es bequemer haben. Sie griff noch mal zu und zerrte ihn herum. Dann drückte sie ihn in die Höhe, stellte ihn auf die Füße und rammte ihn mit dem Rücken gegen die Seitenwand des Transporters.
So hatte sie ihn in die perfekte Haltung befördert. Eine bessere gab es für sie nicht.
Die Schmerzen waren noch immer da. Sie schossen wie glühende Stiche durch seinen Körper und nagelten sich auch irgendwo in Kilmers Kopf fest.
Aber das war für ihn zweitrangig. Sein Blick galt dem Gesicht der Blutsaugerin. Anmut, Kindlichkeit und eine gewisse Unschuld hatten einmal darin gelegen. Das alles war verschwunden. Es war für ihn nur mehr eine grässliche Fratze, in der besonders die beiden spitzen Hauer auffielen, die an sein Blut wollten und an nichts anderes.
Eine Hand griff in sein Haare und krallte sich darin fest. Dann wurde sein Kopf zur Seite gedreht.
Trotz der Schmerzen merkte der Mann, dass sich die Haut an seiner linken Halsseite spannte.
Aber noch erfolgte der Biss nicht. Noch ließ das absolute und finale Grauen auf sich warten.
Serena schaute ihn an.
Sie sprach, und was sie sagte, war für Ken Kilmer schwer zu begreifen.
»Ich wollte erlöst werden. Ich wollte nicht mehr als Vampirin existieren. Aber dieser Sinclair hat es nicht getan. Und weil er es nicht tat, bekommst du jetzt die Quittung!«
Eine weitere Erklärung gab sie nicht ab. Mit einer schnellen Bewegung rammte sie ihr Gesicht nach vorn. Das Ziel hatte sie sich bereits zuvor ausgesucht.
Jetzt konnten die Zähne zuhacken!
Ken verkrampfte sich innerlich. Sein Denken war ausgeschaltet, er wartete auf den Schmerz – und hörte stattdessen eine andere Frauenstimme.
»So haben wir nicht gewettet, meine Liebe!«
Einen Moment später war Ken Kilmer frei!
***
Justine Cavallo war eine Person, die genau wusste, was sie zu tun hatte. Wenn sie loszog, war sie eiskalt und berechnend. Sie hatte ein Ziel und wusste immer, wie sie es auf dem schnellsten Weg erreichen konnte, und der Plan war noch perfekter, wenn sie
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