1384 - Ort der Erfüllung
Gegen jede Gewalt, egal gegen wen sie angewendet wurde. Und wenn der für diese Nacht geplante Anschlag durchgeführt und niedergeschlagen wurde, gab es Tote.
Das würde Norok vermeiden wollen. Hinzu kam, daß er, wenn er der Gruppe von dem belauschten Gespräch Kenntnis gab, von jedem Verdacht, eventuell ein Verräter zu sein, entlastet würde, und die geschwätzigen Beamten würden sich hüten, ihn zu verdächtigen.
Ein Xatrer kam in den Park geschlendert und sah sich wie suchend um. Norok kannte ihn. Es war ein Mitglied der Gruppe. Und er kam auf ihn zu und setzte sich neben ihn, ohne zu fragen. „Sieh einer an! Du warst doch gestern in der Stadt. Und heute wieder, obwohl ihr angeblich keine Zeit habt?"
Ellert faßte seinen Entschluß blitzschnell. „Reiner Zufall, Nortex. Und dazu noch ein guter, meine ich."
„Wie soll ich das verstehen?"
„Hör zu, Nortex: Torm und ich waren gestern nicht auf eurer Versammlung, wie du weißt. Trotzdem ist mir bekannt, daß die Gruppe in der kommenden Nacht einen Anschlag plant. Ich weiß allerdings nicht, wie und was."
Nortex zog die Augenbrauen hoch. „Woher weißt du überhaupt von unserem Vorhaben, wenn du gestern nicht dabei warst?"
„Ob du es glaubst oder nicht - ich weiß es erst seit einer halben Stunde. Drüben bei Brentor hockten vier oder fünf Beamte zusammen. Ich kenne sie nur flüchtig. Sie unterhielten sich und erwähnten dabei den geplanten Anschlag. Die Polizei ist vorbereitet und erwartet euch. Ich würde also vorschlagen ..."
„Moment mal, Norok! Das ist doch nicht möglich. Wie soll denn jemand von unserer Absicht erfahren haben? Bei der Versammlung waren nur die engsten Vertrauten dabei." Er stutzte und sah Norok forschend an. „Du meinst doch nicht etwa, einer von ihnen könnte ein Spitzel sein?"
„Siehst du eine andere Möglichkeit? Wo habt ihr euch getroffen?"
„Wie üblich im Haus des Chefs."
„Und ganz sicher hat euch niemand belauscht?"
„Es gab Wachen, die jeden Nichteingeweihten entdeckt hätten."
Ellert ließ Norok eine nachdenkliche Pause einlegen, denn er war als langsamer Denker bekannt. Dann erst meinte er: „Jemand ist der Verräter, Nortex, daran kann kein Zweifel bestehen. Ihr müßt das Unternehmen abblasen, sonst gibt es eine Katastrophe, und die Gruppe ist erledigt. Ich habe euch ja immer gesagt, daß mit Gewalt nichts zu erreichen ist."
„Ich werde gleich den Chef informieren. Der wird ziemlich sauer sein. Aber wie sollen wir herausfinden, wer den Plan verraten hat?"
„Das weiß ich auch nicht. Stellt ihm eine Falle."
„Eine Falle?"
Ellert überlegte, ob es ratsam war, Norok einen vernünftigen Vorschlag machen zu lassen, entschied sich dann aber dafür. „Klar, eine Falle. Du wirst nur den Chef informieren, sonst keinen. Und dann, heute abend, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, wird einer von euch fehlen. Nämlich der Verräter! Denn er weiß ja, daß die Polizei euch erwartet."
„Warum sollte er nicht mit uns kommen? Die Polizei wird ihm kaum etwas tun."
„Es wird diesmal hart gegen euch vorgegangen, hörte ich. Und außerdem ist es dunkel. Das Risiko, erschossen zu werden, geht der Spion nicht ein. Darauf kannst du dich verlassen."
Nortex blieb noch eine Weile schweigend sitzen, dann klopfte er Norok auf die Schulter. „Na gut, Freund. Ich suche jetzt den Chef auf. Er wird nicht vergessen, was du für uns getan hast. Fährst du nach Hause?"
„Ich bleibe noch etwas in der Stadt. Aber vergiß nicht: zu niemanden ein Wort über das, was wir jetzt geredet haben, nur zum Chef. Und seid in Zukunft vorsichtiger."
„Der Gedanke, daß sich unter uns ein Verräter befindet, ist mir unerträglich", murmelte Nortex und ging schleppenden Schrittes davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Ellert ließ Norok noch fünf Minuten sitzen, dann verließ auch er den Park.
Als er zum Blockhaus zurückkehrte, dämmerte es schon. Noch ehe Testare eine Frage stellen konnte, sagte er: „Nein, ich habe nichts erfahren. Es ergab sich keine Gelegenheit. Aber etwas anderes ist passiert ..."
Ausführlich berichtete er vom Verrat an der Gruppe und daß er durch die Aufdeckung des behördlichen Komplotts den Verdacht von ihnen beiden genommen hatte.
Testare hatte keine Einwände und meinte, Torm würde sich bestimmt darüber freuen, weil es wieder eine Prämie gäbe. Er mußte das Wissen um die Angelegenheit nur behutsam in das Bewußtsein des Xatrers einsickern lassen. Ellert hatte das bei Norok schon getan.
Dann zogen
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