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1384 - Ort der Erfüllung

Titel: 1384 - Ort der Erfüllung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sein Ziel los. „Sag mal, Nortex, hast du schon jemals etwas von einem Blinden gehört, der irgendwo in einem Tal leben soll?"
    Zwei oder drei andere Mitglieder der Gruppe horchten nur kurz auf, grinsten und widmeten sich dann wieder ihren eigenen Gesprächen und dem Bier.
    Nortex machte ein erstauntes Gesicht, ehe auch er grinste. „Das Ammenmärchen, meinst du? Vanna iko Louth! Das erzählen Mütter ihren Kindern, wenn sie nicht einschlafen können. Nun sag bloß, du weißt nichts davon!"
    „Ehrlich, absolut nichts. Mir hat niemand Märchen erzählt."
    „Richtig, das habe ich vergessen. Aber du hast nicht viel versäumt."
    „Trotzdem möchte ich es gern wissen. Ich hörte, wie sich in der Stadt einige Leute über den Blinden unterhielten. Das machte mich neugierig, deshalb frage ich."
    Nortex machte eine abwertende Geste und nahm einen Schluck Bier. „Wahrscheinlich gibt es diesen Blinden gar nicht, und es hat ihn auch nie gegeben. Er soll irgendwo hinter den Bergen hausen. Em Einsiedler vielleicht."
    „Und da hat noch niemand nachgesehen?"
    „Du meinst, ob an der Geschichte etwas dran ist? Doch, das schon, aber ich glaube kein Wort davon."
    „Wer?" blieb Ellert stur. Er war sicher, der Lösung noch nie so nahe gewesen zu sein. „Das ist es ja!" knurrte Nortex, dem das Thema sichtlich auf die Nerven ging. Er hätte jetzt lieber mit den anderen Lieder gegrölt. „Ich kenne nur einen einzigen, der angeblich in dem Tal war und den Blinden getroffen hat."
    Ellert durchzuckte es wie ein Stromstoß. „Nun verrate mir endlich, wer den Blinden getroffen hat und so bewies, daß es sich nicht nur um ein Märchen handelt."
    „Du bist vielleicht hartnäckig, Norok. Nur Spinner befassen sich mit Altweibergeschichten."
    „Willst du mir nun endlich sagen, von wem du die ganze Zeit sprichst und wer den Blinden getroffen hat?"
    Nortex ließ den Krug nachfüllen und nahm einen, tiefen Zug. „Wenn du unbedingt willst - gut. Es ist Ret, der Verräter."
     
    *
     
    Während spät in der Nacht die beiden Kutschen mit betrunkener Mannschaft in Richtung Stadt davonrollten, informierte Ellert Testare über das, was er erfahren hatte. Torm und Norok schliefen fest. „Ausgerechnet Ret! Was sollen wir nun machen, Ellert?"
    Darüber hatte Ellert lange nachgedacht, und ihm war nur eine einzige Möglichkeit eingefallen. „Ich weiß durch Nortex, wo Ret gefangengehalten wird. Ich werde also Norok jetzt, wo er tief schläft, verlassen und Ret aufsuchen und kurz übernehmen. Nach wenigen Minuten komme ich an seinen Erinnerungsspeicher heran - und der Rest ist dann eine Kleinigkeit. Er wird nichts bemerken."
    Testare wog Für und Wider des Vorschlags ab, ehe er zustimmte.
    Es kostete Ellert keine Mühe, Norok zu verlassen. Als bloßes Bewußtsein und an keine Materie gebunden, erreichte er Sekunden später die Stadt und fand auch das unauffällige Haus, in dem der Verräter festgehalten wurde. Unbemerkt gelangte er an zwei Wächtern vorbei, drang durch geschlossene Türen und fand Ret, der gefesselt auf einem Bett lag und schlief.
    Daß er schlief, erleichterte Ellert das behutsame Eindringen in das Bewußtsein, das lediglich von wirren Träumen mit kurzen Unterbrechungen gestört wurde. Nun galt es nur, die tief im Unterbewußtsein Rets schlummernde Erinnerung an sein Zusammentreffen mit dem sagenhaften Blinden zu wecken und an die Oberfläche emporsteigen zu lassen. Dann erst konnte er seine Fragen einsuggerieren.
    Es dauerte knapp fünf Minuten, und vor Rets geistigem Auge erschien eine Landschaft, wild und felsig.
    Dann ein Taleinschnitt, undeutlich nur und verschwommen. Endlich waren die schattenhaften Umrisse eines Mannes zu erkennen, aber nur für einige Sekunden.
    Ellert half ein wenig nach, doch der Mann erschien nicht mehr, dafür jedoch ein Landschaftsbild. In der Ferne der Doppelgipfel mit dem Taleinschnitt dazwischen. In der anderen Richtung waren die Häuser einer Stadt zu erkennen, in die Bahngleise führten. Die Stadt selbst war von einer halb verfallenen Mauer umgeben, die noch aus älterer Zeit stammen mußte.
    Ret erwachte und wälzte sich unruhig auf die andere Seite.
    Ellert verließ ihn. Er hatte genug erfahren. Er kehrte ohne Aufenthalt ins Blockhaus zurück, wo er Testare informierte. „Überhaupt kein Problem, abgesehen von der Bahnfahrt. Denn nur wenn wir mit der Bahn fahren, kann ich die Stadt wiedererkennen. Aber vorsichtshalber sehen wir uns morgen noch die Karte an. Bahn, Gebirge und Städte sind

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