139 - Das Schwarze Schloß
Schultern.
„Du weißt, daß ich selbst das Schwarze Schloß nur in einer Vision gesehen habe, die mir Madame Zarina zeigte. Es war eine Art geistige Reise in die Vergangenheit, in die Vergangenheit der Zigeunerin Ramona, die im Schwarzen Schloß von dem Dämon geschwängert wurde. In ihrer Vorstellung mag es anders aussehen, als es in Wirklichkeit ist, und es mögen auch andere Assoziationen daran hängen als die meinigen. Ich habe den Fehler gemacht, mich auf das Schloß so zu konzentrieren, wie ich es aus der geistigen Vergangenheitsreise im Gedächtnis habe. Die Richtung stimmt, aber von da an können die Felder mit meinen geistigen Vorstellungen nichts mehr anfangen und streiken. Ramona war damals verwirrt und unter dämonischem Einfluß. Das mag vieles verfälschen." „Vielleicht hast du recht", gestand Coco zu. „Aber wie willst du es jetzt noch einmal versuchen? Deine Vorstellungen sind doch auch jetzt immer noch von Ramona geprägt!"
„Die V orstellungen schon, nicht aber die Ortsangabe… der Name des Dorfes hat mich doch erst auf diesen Gedanken gebracht. Kütahya… und nach Kütahya werden wir jetzt gehen, oder zumindest in erreichbare Nähe."
Das Magnetfeld nahm sie auf.
Und führte sie diesmal in die Nähe ihres Zielorts…
Aber reichte die Zeit noch? Hatten sie nicht schon zu viele Stunden verloren? War Rene d'Arcy nicht vielleicht schon am Ziel und hatte das Schloß mit all seinen Einrichtungen übernommen?
Gerade in dem Moment, in dem der Hüne die flüchtende Claudia Arentz packen und festhalten wollte, öffnete sich unter ihr der Boden. Wie ein Stein stürzte sie in die Tiefe, schrie gellend auf und wollte sich noch mit hochgereckten Armen an der Bodenkante festhalten. Aber sie schaffte es nicht mehr. Von der aufklappenden Falltür war sie überrascht worden.
Ihr Verfolger, einen halben Meter hinter ihr, schleuderte sich über die Bodenöffnung hinweg. Es war ein Reflex, und dadurch stürzte er nicht mit in die Tiefe, schaffte es aber auch nicht mehr, die Flüchtige zu erwischen.
Als er sich auf der anderen Seite wieder abrollte und sprungfederhaft schnell auf die Beine kam, hatte sich die Bodenöffnung bereits wieder geschlossen.
Der Frankensteinmonsterähnliche stand da. Ein heimlicher Beobachter hätte das wilde Zucken seiner Gesichtsmuskeln sehen können, als er angestrengt nachdachte. Dann stampfte er wild auf den Boden. Aber die Tür öffnete sich für ihn nicht.
Er sah sich nach einem Hebelmechanismus um. Aber da war keiner in der Wand eingelassen. Demzufolge konnte die Falltür nur von unten her geöffnet worden sein. Der Hüne rief sich die Architektur des Schlosses ins Gedächtnis zurück. Was befand sich unter diesem Gang, der an sich schon tief im Berg lag?
Da war nichts, konnte nichts sein. Auch die Falltür durfte es eigentlich nicht geben. Dennoch war das flüchtende Mädchen hineingestürzt.
Gab es da noch jemanden, der sich unerkannt im Schloß herumtrieb, vielleicht schon seit Jahren oder Jahrzehnten?
Der Hüne, der schon zu Zeiten des Wesirs Diener gewesen war, begann nach dem Durchsichtigen zu suchen, um ihn zu informieren. Vielleicht wußte der mehr.
Crassus fing das Mädchen auf, das wild um sich schlug. Mit einem schnellen Griff umfing er es so, daß es sich nicht mehr zu wehren vermochte. Die Falltür, von der niemand außer ihm, Crassus, etwas wußte, schloß sich selbsttätig wieder.
Crassus entfernte sich durch den finsteren Gang, in dem Ratten und Spinnen aufgeschreckt das Weite suchten, als er an ihnen vorbeihumpelte. Unter dem Schloß, das sich allein schon tief in das Innere des Berges erstreckte, gab es ein paar geheime Gänge, die zu einem nur Crassus bekannten Versteck führten.
Seine Fähigkeit, Riegel und Schlösser öffnen zu können, hatte ihm dieses Versteck gezeigt, das vor Äonen, vielleicht noch vor der Erbauung des schwarzen Gemäuers, von Unbekannten angelegt worden war. Und hier kannte er sich auch bestens aus. Er war lange nicht mehr hier, gewesen und hatte zunächst an sich selbst gezweifelt, aber nach den ersten Schritten wußte er wieder über jeden Zentimeter Bescheid.
Er brauchte nicht einmal Licht, um sich fortbewegen zu können.
Und er bewegte sich weit fort, so weit, daß niemand mehr seine Schritte und seinen Atem zu hören vermochte. Und selbst wenn das Mädchen schrie, würde niemand es hören können.
„Nummer eins", sagte er zufrieden. Er hatte den anderen eine der vier Gefangenen abgenommen, nach deren Blut und
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