1391 - Die Nacht des Pfählers
Weg, aber ich kenne den Wald. Ich weiß genau, wohin ich mich zu wenden habe, um ihn zu verlassen. Auch bei dieser Witterung.«
Jetzt konnte sie lachen. »Damit habe ich nicht mehr gerechnet. Du bist ein Phänomen.«
Der Pfähler hob die Schultern, bevor er den Kopf schüttelte.
»Nein, ich bin kein Phänomen. Ich bin einfach nur einer, der viel Glück gehabt hat…«
***
Wir standen vor einem Problem. Nebel, Dunkelheit und dazu eine fremde Umgebung. Auch für Suko und mich, denn wir kannten uns hier nicht aus, obwohl wir unseren Freund Marek schon einige Male besucht hatten. Jetzt aber hielten wir uns vor dem Haus auf, schauten in die Richtung, aus der wir gekommen waren, und sahen praktisch nichts, denn auch die Fahrbahn wurde von der Dunkelheit und der grauen Suppe verschluckt.
Zusammen mit Suko und mir hatte Dunja ebenfalls das Haus verlassen. Jetzt stand sie etwas verlegen zwischen uns und machte den Eindruck, als wären ihr alle Felle davongeschwommen.
Der Wald begann jenseits der Straße. Das heißt, er fing nicht direkt dort an, sondern erst nach einer freien Fläche, auf der im Sommer saftiges Gras wuchs. Es war zwar jetzt auch noch da, allerdings nur als brauner Teppich, über den nun die Nebelschaden lagen.
Beim Verlassen des Hauses hatte Suko die Außenleuchte eingeschaltet. Sie war rund. Er erinnerte mich an einen Vollmond, um den herum Wolken schwebten und sein Aussehen deshalb ein wenig verzerrten.
Das Licht brannte, auch wenn es nicht unbedingt viel brachte.
Sollte unser Freund Frantisek zurückkehren, war dies für ihn ein Zeichen, dass er Besuch bekommen hatte, wobei ihm sicherlich auch der abgestellte Golf auffallen würde.
»Problem erkannt, aber nicht gelöst«, fasste Suko zusammen. Er deutete nach vorn. »Wie gehen wir vor?«
Es gab nur eine Möglichkeit, und die war, in den Wald zu gehen und Marek zu suchen, wobei wir auf den Zufall hoffen mussten, damit wir Marek auch fanden. Vorausgesetzt, er war noch am Leben.
Darüber hatten Suko und ich zwar nicht gesprochen, aber ich wusste, dass er ähnlich dachte wie ich. Auch ein Frantisek Marek wurde nicht jünger, und die langen Jahre als Vampirjäger hatten ihn schon geschlaucht und Spuren hinterlassen.
Außerdem trieb sich Will Mallmann in dieser einsamen Gegend herum. Auch wenn wir ihn noch nicht zu Gesicht bekommen hatten, war seine Anwesenheit stets wie ein drohender Schatten bei und über uns präsent.
»Ich sehe keine andere Chance«, erklärte Suko. »Wir werden in den Wald hineingehen müssen. Ein kurzes Stück vielleicht, und ich denke, dass wir genug Stimme haben, um auch rufen zu können. Das ist zwar primitiv, aber vielleicht erhalten wir eine Antwort.«
Durch mein Nicken zeigte ich an, dass ich damit einverstanden war.
»Ich bleibe hier!«, erklärte Dunja. »Nein, ich werde nicht mit in den Wald gehen.«
Suko stieß sie leicht an. »Du weißt, was auf dich zukommen könnte, wenn du hier allein bleibst, und die Vampire kommen zurück?«
»Ja, ich habe diese Frau nicht vergessen. Keine Sorge, ich werde schon ein Versteck finden.«
Dem war nichts mehr hinzuzufügen, und so setzten Suko und ich uns fast gleichzeitig in Bewegung. Nur brauchten wir nicht weit zu gehen, knapp bis zur Mitte der Straße, denn dann sahen wir etwas, was wir zuerst für eine Täuschung des Nebels hielten, der durch einen leichten Windstoß auseinander gewirbelt wurde und so Figuren bildete, die aussahen wie Menschen.
Nein, das war keine Täuschung oder Fata Morgana. Das stimmte tatsächlich. Es waren Menschen. Zwei von ihnen hatten den Wald verlassen und bewegten sich über die Wiese hinweg auf den jenseitigen Rand der Straße zu.
Suko lachte leise auf. »He, John, halt mich nicht für verrückt, aber der eine geht wie Frantisek.«
»Genau!« In mir schoss plötzlich eine stille Freude hoch. Ich war so verdammt aufgeregt, und es hielt mich nichts mehr auf der Stelle.
Mit schnellen Schritten lief ich den beiden entgegen, um zu erkennen, dass ich mich nicht geirrt hatte. Es war tatsächlich unser Freund Frantisek Marek, der mit schleppenden Schritten daherging und dabei den Kopf gesenkt hielt. Er war ziemlich fertig, das erkannte ich trotz der schlechten Sicht.
Die blonde Frau an seiner Seite stützte ihn. Durch Dunjas Aussagen wusste ich, dass sie auf den Namen Marina hörte.
Freudiger als ich hätte auch ein Geliebter seiner Freundin nicht entgegenlaufen können. Marek nahm mich noch nicht wahr. Dafür hatte mich Marina gesehen, die
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