1391 - Die Nacht des Pfählers
findest, an dem Mallmann sein verdorbenes Leben ausgehaucht hat.«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
Ich wäre schon jetzt gern losgegangen, aber wir mussten noch etwas warten, weil sich draußen die Dunkelheit noch nicht richtig verzogen hatte. Teile des Nebels lagen noch über dem Land. Es herrschte auch kaum Wind, der die grauen Schwaden verweht hätte, und so erhöhte sich unsere Spannung.
Mit der örtlichen Polizei würden wir uns später in Verbindung setzen. Zunächst mal mussten wir den Ort besichtigen, wo Mallmann sein untotes Dasein ausgehaucht hatte.
Ich dachte an seine Vampirwelt, die jetzt führerlos war. Ideale Beute für die Hexen, die sich ausbreiten und somit ihre Macht festigen konnten. Es war ein Schlag für Mallmann, aber davon würde er nichts mitbekommen.
Ich schielte zum Fenster. Marek hatte eine Decke vor die Öffnung gehängt. So hielt sich die Kälte in Grenzen.
Auch er wollte nicht mehr länger im Haus bleiben. »Ich denke, dass es jetzt hell genug ist. Aber wir sollten sicherheitshalber Lampen mitnehmen.«
»Kein Problem, die haben wir bei uns.«
Den Tisch räumte keiner ab. Es drängte uns ins Freie, und ein jeder spürte wohl die Nervosität in sich. Wir standen wirklich dicht vor einer entscheidenden Entdeckung oder Wende, und ich merkte deutlich das Kribbeln in mir. Im Haus hielt ich es nicht länger aus und trat vor die Tür.
Die Nacht und der Nebel gehörten der Vergangenheit an. Tatsächlich hatte es die Sonne geschafft, die Welt zurückzuerobern.
Nur schickte sie kaum warme Strahlen, es war bereits die Sonne des Winters, und sie stand auch sehr tief. Trotzdem hatte ihre Kraft ausgereicht, den Dunst zu vertreiben.
Hinter mir verließen meine Freunde das Haus. Suko wies noch darauf hin, dass er die Leiche der Sofia neben das Haus gut versteckt hingelegt hatte, dann machten wir uns auf den Weg…
***
Die Spannung in uns wuchs mit jedem Meter, den wir zurücklegten.
Es war leicht, in den Wald einzudringen. Danach allerdings hätte es Probleme gegeben, doch zum Glück befand sich Marek bei uns, und der kannte den Weg, obwohl es einen solchen gar nicht gab, denn wir mussten uns quer durch das Gelände schlagen.
Es war ziemlich sperrig, und der Untergrund ähnelte durch die dichte Laubschicht manchmal der Oberfläche eines Trampolins.
Dann gab es wieder kahle Stellen, an denen Wurzelstränge aus dem Boden wuchsen und mich an dicke Würmer erinnerten.
Neben einem Hochsitz mitten im Wald blieb Marek stehen. »Den habe ich mitgebaut«, erklärte er.
»Für dich?«
»Nicht nur. Es gibt auch Jäger, aber ich kann euch sagen, dass ich hier schon manche Nacht verbracht habe, wenn es darum ging, meine Freunde zu jagen.«
Das konnten wir uns denken. Dann folgten wir Marek weiter, der unbeirrbar seinen Weg ging und nicht einmal stehen blieb, um sich zu orientieren.
Die Welt um uns herum verdichtete sich. Es lag auch daran, dass wir immer mehr Nadelbäumen ausweichen mussten. Aber Laubbäume waren ebenfalls vorhanden, und Marek ging jetzt langsamer, sodass sich in uns die Spannung noch weiter erhöhte.
Als er stehen blieb und seinen rechten Arm schräg in die Höhe streckte, stoppten auch wir. Er deutete auf eine Eiche und flüsterte:
»Genau dort habe ich gesessen.«
»Und Mallmann stand unter dir?«
»Genau.«
»Dann müsste er ja dort liegen – oder vielmehr das, was von ihm übrig geblieben ist.«
»So ist es.« Mareks Stimme zitterte unmerklich. Er holte tief Luft, bevor er uns weiterführte. Diesmal waren es nur einige Schritte. Wir umgingen einen schräg gewachsenen Baum, schoben die Zweige von Fichten zur Seite – uns standen vor der Eiche.
»Hier!«, flüsterte der Pfähler erstickt. »Hier habe ich ihn erwischt…«
Wir schauten zu Boden.
Die Stelle war leer!
***
Niemand von uns sprach ein Wort. In den folgenden Sekunden hing jeder seinen Gedanken nach. Bis unser Freund Frantisek schließlich aufstöhnte, was beinahe einem Schrei glich.
Ich legte ihm die Hand auf die Schulter und spürte dabei sein heftiges Zittern.
»Aber… hier hat er gelegen, verdammt noch mal!«, schrie er. »Ich habe es gesehen. Jetzt haltet ihr mich bestimmt für einen Lügner oder alten Spinner. Für einen Angeber, einen Aufschneider, der sich aufspielen will! Aber … aber …«
»Nein«, sagte ich, »nein, wir halten dich nicht für einen Lügner oder Aufschneider. Das musst du uns glauben.«
»Verdammt!«, flüsterte der Pfähler, für den wirklich eine Welt
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