1392 - Der Verfolger
heraus.
Dass das Messer in der Brust des Anderen steckte, war für ihn sogar zu einem lächerlich-makabren Bild geworden, und allmählich kam ihm zu Bewusstsein, dass er verloren hatte und dieser Stalker ihm überlegen war.
Der kniete noch immer. Kalte grüne Augen schauten den Killer an, der nun spürte, dass er anfing zu zittern, was sich auf die Klinge übertrug.
Er zog das Messer aus der Brust des Stalkers. Dann wich er zurück und starrte auf die Wunde, die der Stahl hinterlassen hatte.
Kein Blut!
Taggert schluckte. Jeder Mensch blutet, das wusste er. In seinem Job gehörte das dazu, aber dieses Wesen – an einen Menschen wollte er nicht denken – blutete nicht.
»Scheiße ist das!«, flüsterte er. »Das ist eine verdammte Scheiße, sag ich.«
»Ja, für dich!«
Die Gestalt hatte normal gesprochen, doch für Taggert war es eine finstere Drohung gewesen. Er hatte etwas getan, was der andere nicht hinnehmen konnte. Er würde sich rächen, er würde zurückschlagen, und genau das wollte der Killer verhindern.
Er dachte an seine Pistole. Eine Präzisionswaffe, die unter seiner Jacke steckte. Zwar war der Schalldämpfer noch nicht aufgeschraubt, doch jetzt war ihm alles egal. Eine Kugel in den Kopf würde auch dieser Typ nicht verkraften.
Er griff nach der Waffe – und zuckte zurück, denn etwas geschah, was bei ihm alle Dämme brechen ließ.
Aus dem Mund der Gestalt schnellte eine lange Zunge hervor. Sie schimmerte nass und zugleich grünlich. Und bevor Taggert reagieren konnte, hatte sie bereits seinen Hals umschlungen und drückte zu wie ein dickes Würgeseil.
Taggert hörte das Zischeln, und der Gedanke durchfuhr ihn, dass das, was um seinem Hals lag, gar keine Zunge war – sondern eine Schlange!
Der Killer bekam von einem Moment zum anderen keine Luft mehr. Sein Blick verschleierte innerhalb von Sekunden. Die Zunge – oder war es tatsächlich eine Schlange? – ließ den Hals nicht los. Sie fing an, sich zuckend zu bewegen, und sie schleuderte den Killer von einer Seite zur anderen.
Er wurde zu einem Spielzeug. Er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Die Wucht der Schläge rammte ihn mehrmals auf den Boden. Dabei schlug er ständig mit dem Hinterkopf auf, spürte die Schmerzen und sah vor seinen Augen tatsächlich Sterne aufblitzen.
Atmen konnte er nicht mehr. Er schaute in einen Nebel, der nur für ihn vorhanden war, und aus dem Nebel hervor wuchs ein riesiger Schatten, der sich über ihn beugte.
Dass ihn die Zunge losgelassen hatte, bekam er nicht mit. Für ihn war etwas ganz anderes wichtig. Der Schatten gehörte einem Menschen, und er hielt etwas in der Hand.
Verschwommen, aber dennoch irgendwie klar erkannte der Killer, um was es sich dabei handelte.
Es war sein Messer!
Und damit brachte der Stalker ihn auf schreckliche Art und Weise um…
***
Für Ellen Gabor war dies nicht mehr das Leben, das sie gewohnt war und das sie führen wollte. Verdammt, sie wollte wieder zurück in ihr altes Leben, in die wunderbare Welt des Films und der Showleute, wo alles so easy war und man ihr die Probleme abnahm.
In dieser Nacht sollte alles anders werden, das hatte ihr der Killer versprochen. Er würde den verdammten Stalker töten und ihr dann ein Foto von der Leiche zukommen lassen. So war es abgesprochen, und der Mann würde sich daran halten.
Wann das genau passieren würde, wusste sie nicht. Über eine konkrete Zeit hatten sie nicht gesprochen, und so gab es für sie nur das lange Warten in der kleinen Suite.
Auf die Glotze konnte sie sich nicht konzentrieren. Sie lief wie aufgedreht im Zimmer hin und her. Sie nahm einen Prospekt in die Hand, ließ ihn sofort wieder fallen, ging zum Fenster und schaute hinaus, ohne richtig zu sehen, was sich draußen ihren Blicken bot.
Es war eben alles anders an diesem Abend. Sie hätte sich auch einen anderen Ort vorstellen können. Eine Party mit Kollegen. Mal wieder richtig abfeiern und sich nicht eingeschlossen fühlen.
Da war nichts zu machen, gar nichts. Aber die Zeit würde wiederkommen, das wusste sie. Morgen schon, wenn alles vorbei war und sie über den verfluchten Stalker nur mehr lachen konnte.
Das Telefon!
Ellen hatte nicht mehr daran gedacht, dass es noch existierte. In einer Zeit wie dieser setzte jeder auf ein Handy. Deshalb empfand sie das leise Klingeln auch als sehr befremdend. Sie bewegte sich zunächst nicht und dachte natürlich auch an den Stalker. Dabei verließ ein Fluch ihren Mund. Als es zum fünften Mal so sanft
Weitere Kostenlose Bücher