1396 - Das Blut der Sinclairs
lachte auf, denn ihr fiel ein, dass bald Weihnachten war. Auch das Fest wurde als Licht in der Dunkelheit bezeichnet. Die Geburt des Herrn, der die Menschen erlösen sollte, und so etwas wie eine Erlösung fand sie hier auch vor.
Auf einem Kamm blieb sie stehen und sammelte neue Kräfte. Die Knie waren ihr weich geworden. Die Beine wirkten doppelt so schwer wie sonst, und sie hätte sich am liebsten auf den Boden gesetzt und sich ausgeruht.
Aber sie dachte an ihren Freund John Sinclair. Er konnte sich auch nicht ausruhen und steckte weiterhin in einer verdammten Klemme, denn seine Entführer waren eiskalt.
Durchatmen. Sich wieder auf das letzte Stück des Wegs konzentrieren und darauf setzen, dass das Licht nicht verlosch und die Menschen sich schlafen legten.
Sie lachte auf, denn sie wusste auch, wie groß die Entfernung in der Nacht sein konnte. Was oft zum Greifen nahe erschien, das war plötzlich weit weg.
Sie schüttelte einmal kurz den Kopf und machte sich dann auf den Weg. Es war zum Glück nicht so stockfinster. So sah sie, wohin sie gehen musste, und sie erkannte, dass vor ihr ein langer Hang lag.
Jane hielt auch stets Ausschau nach den Scheinwerfern irgendwelcher Fahrzeuge, aber da hatte sie bisher Pech gehabt.
Gehend und manchmal auch rutschend ging sie den Hang an. Er war zum Glück nicht eingezäunt. So konnte sie bis zu seinem Ende durchkommen, ohne auf ein Hindernis zu treffen.
Dachte sie, aber es kam anders. Jane merkte es an der Beschaffenheit des Bodens, der plötzlich weicher wurde, so dass ihre Füße Spuren hinterließen, in denen sich das Wasser sammeln konnte.
Und das sah und hörte sie. Das Murmeln des Wassers, das Schimmern auf der Oberfläche.
Vor ihr floss ein Bach. Nichts Besonderes, sie hätte ihn auch sicherlich überspringen können, aber nicht nach diesem anstrengenden Marsch und den körperlichen Beschwerden.
Jane blieb zunächst am Bachrand stehen. Sie wollte, dass sich ihr Atem beruhigte. Den Oberkörper hatte sie nach vorn gebeugt und die Hände auf die Knie gelegt. Das Licht sah sie auch nicht mehr. Es war hinter dunklen Bäumen verschwunden.
Aber die Richtung stimmte, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als den Bach zu überqueren. Etwas anderes kam für sie nicht in Frage, und so schätzte sie die Entfernung ab.
Aus dem Stand konnte sie es nicht schaffen. Sie brauchte schon einen kurzen Anlauf und hoffte, dass sie beim Absprung nicht wegrutschte.
Anlaufen, abstoßen und Springen!
Es klappte, und sie rutschte nicht mal weg. Aber sie hatte den Sprung zu kurz angelegt. Mit einem Fuß landete sie im Wasser, warf sich nach vorn, fiel auf den Bauch und landete auf einer feuchten Wiese sowie zwischen Gestrüpp.
Sie wollte nicht mehr zurückrutschen und kroch so schnell wie möglich weiter. Wasser war in ihren Schuh gedrungen. Bis hoch zur Wade war sie nass geworden, aber das machte ihr nichts. Sie würde sich weiter vorankämpfen.
Und sie lief über zum Glück flaches Gelände. Den kleinen Wald, der aus dürren Bäumen bestand, hatte sie auch bald hinter sich gelassen und konnte sich freuen, als sie wieder das einsam Licht sah.
Wieder lag das flache Gelände vor ihr, das sie durchqueren musste, ohne dabei einen Weg oder Pfad zu finden. Von einer Straße mal ganz zu schweigen.
Doch das Ziel rückte tatsächlich näher, denn jetzt sah sie, dass nicht nur ein Licht brannte, sondern gleich zwei und dass weit im Hintergrund auch noch einige Lichter aufblitzten. Jane ging davon aus, dass es sich um einen kleinen Ort handelte, in dem noch einige Menschen auf den Beinen waren.
Die Hoffnung wuchs. Ihr kriegt mich nicht klein!, hämmerte sie sich immer wieder ein. Nicht mich, verdammt! Da werdet ihr euch noch wundern. So machte sie sich Mut, um auch die letzte Strecke zu schaffen. Sie merkte kaum, dass sie irgendwann über einen Acker lief. Nur ihr eigenes Keuchen hörte sie und hatte mehrmals großes Glück, dass sie nicht über eine Furche stolperte.
Bis sie das scharfe Bellen hörte!
Es klang wütend, aggressiv. Der Hund musste sie gewittert haben, und Jane Collins blieb stehen. Sie erwartete den Angriff des Vierbeiners, der nicht erfolgte, aber das Bellen des Hundes zeigte Wirkung. Wieder sah sie ein Licht, nur war es diesmal anders, denn es tanzte durch die Luft, sodass ihr der Verdacht kam, dass es von einer Taschenlampe stammte.
Kurze Zeit später hörte sie die harte Männerstimme. »Ruhig, Ben, ruhig.«
Jane stand weiterhin auf dem Acker. Das Licht fuhr
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