1396 - Das Blut der Sinclairs
nicht.«
Bill lachte. »Mag schon sein. Dann frage ich mich allerdings, warum man ihn entführt hat?«
»Weil die andere Seite denkt, dass er etwas wissen könnte, wer immer sie auch ist.«
»Ja, ja«, murmelte Bill und fuhr ebenso leise fort: »Da fallen mir verschiedene Gruppen ein, aber ich habe nichts Konkretes in den Händen. Es wäre möglicherweise besser, wenn wir uns mit Godwin de Salier in Verbindung setzen.«
»Jetzt?«
»Nein, nein, Suko. Kein Durcheinander. Erst möchte ich wissen, was mit John passiert ist.«
»Dito. Ich setze auf Sir James, dass er herausfindet, welchen Zug die beiden genommen haben.«
»Verdammt«, keuchte Bill. »Jane Collins ist ja auch dabei. Die hatte ich ganz vergessen.«
»Genau. Ich möchte den Schrecken ja nicht an die Wand malen, aber es könnte durchaus sein, dass Jane nur als Anhängsel gesehen wird. Du weißt, was ich damit meine.«
»Klar, dass man sie nicht braucht.«
»Eben.«
Der Reporter überlegte. »Wir wissen einfach zu wenig«, sagte er dann. »John und Jane sind in der Nähe von Edinburgh gewesen. Dort haben sie einen Fall gelöst. Das alles stimmt, aber ich weiß nicht, warum man sie entführt hat, und das ausgerechnet in Lauder. Dort wollten sie ja noch hin, wie du sagtest.«
»John wollte zum Grab seiner Eltern, was ganz natürlich ist.«
»Stimmt«, flüsterte Bill, »das ist es. Ganz natürlich.« Er räusperte sich. »Schon okay…«
»Woran denkst du?«, fragte Suko.
»Besser nicht.«
»Doch!«
»Ich dachte gerade daran, ob vielleicht Johns Vater Horace F. etwas damit zu tun haben könnte. Posthum gewissermaßen.«
Suko schwieg.
Bill dauerte das zu lange. »He, bist du noch da?«
»Sicher. Nur frage ich mich, was sein Vater…«
»Ich kann es dir auch nicht sagen. Es war nur eine Idee. Bei solchen Fällen muss man sich öffnen und in alle Richtungen denken, und da ist mir eben Sinclair senior eingefallen. John wusste ja auch nicht alles über sein Leben.«
»Das ist wohl wahr. Aber da kann ich nicht mitreden. Du kennst die Familie länger.«
»Leider nicht so genau. Ist auch egal. Wir bekommen das irgendwie schon in die Reihe.«
»Hoffentlich.«
»Ich mache auf jeden Fall weiter«, erklärte der Reporter. »Und sollte ich auf eine Spur stoßen, gebe ich dir Bescheid.«
»Ich bitte darum.«
Mit einem sehr nachdenklichen Gesicht legte Suko auf und sah plötzlich Shao in seiner Nähe stehen, die ihm von der Tür her zunickte. »Gibt es etwas Neues?«
»Nein. Es ist alles ein großes Rätsel. Aber ich denke, dass es sich irgendwann entwirren wird.«
»Irgendwann?«
Suko hob die Schultern. »Was wollen wir machen? Ich habe keine Ahnung. Noch nicht.«
»Und Sir James?«
»Hat noch nicht angerufen.«
Shao setzte sich auf eine Sessellehne. Sie schaute dabei ins Leere.
»Hoffentlich finden wir eine Spur. Ich brauche dir ja nicht zu sagen, wie gefährlich unsere Feinde sind.«
»Sicher.«
Es kam nicht so oft vor, dass sich Suko frustriert zeigte und dies auch nach außen hin dokumentierte. Shao brauchte nur in sein Gesicht zu sehen, um zu wissen, wie es ihm ging.
Beide wussten, dass Sir James sein Bestes tun würde. Er war jemand, der auch in der Nacht seine Verbindungen spielen lassen konnte. Es machte ihm auch nichts aus, in fremde Bereiche einzudringen, was ihm dank seines Amtes auch immer wieder gelang.
Shao und Suko schauten auf, als sich der moderne Quälgeist wieder meldete – das Telefon schrillte!
»Das ist Sir James«, sagte Shao. »Wetten?«
»Mal abwarten.«
Suko hielt den Hörer gegen sein Ohr und hörte tatsächlich die Stimme des Superintendent.
»Ich denke, dass ich einen kleinen Erfolg erreicht habe. Es ist schon etwas passiert, das weiß ich von einem Verantwortlichen der Bahn. Der Zug nach London hatte zwischen Newcastle und Leeds auf freier Strecke einige Probleme.«
»Wie das?«
»Ein Schaffner geriet in einen kurzen Schusswechsel und wurde bewusstlos geschlagen. Die Personen, die in den Kampf verwickelt waren, haben den Zug verlassen.«
»Was sagen Sie da?«
»Sie sprangen offenbar ab.«
»Unmöglich – oder?«
»Nein, Suko, das ist nicht unmöglich. Es ist passiert. Und es geschah an einer Strecke, an der der Zug langsam fahren musste. Es besteht also die Möglichkeit, dass alle fünf Personen den Sprung heil überstanden haben. Das war kein Zufall. Ich gehe davon aus, dass man die Aktion sehr genau geplant hat.«
»Wissen Sie genau, ob John und Jane dabei waren?«
»Zumindest John scheint
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