14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
der Scheik.“
Er ging, und bald sahen wir, daß alle Bebbeh, beritten und unberitten, langsam nach Norden zogen. Er selbst aber kam wieder, um sein Pferd zu holen.
„Emir“, sagte er, „ich war dein Gefangener; gibst du mich frei?“
„Ja. Du bist mein Freund. Hier nimm die Pistolen deines Bruders. Nicht ihm, sondern dir gebe ich sie zurück. Die Flinte aber bleibt das Eigentum des Mannes, dem ich sie geschenkt habe.“
Er blieb bei uns, bis man den Scheik auf sein Pferd gebunden hatte und wir vollständig marschbereit waren. Dann reichte er mir die Hand.
„Lebe wohl, Herr! Allah segne deine Hände und deine Füße! Du nimmst einen Mann mit dir, der dein Feind und nun auch der meinige ist, und dennoch empfehle ich ihn deiner Güte; denn er ist der Sohn meines Vaters.“
Er sah uns lange nach, bis wir verschwunden waren; der Scheik aber hatte keinen Blick für ihn gehabt; er war sicher, daß sie Feinde geworden waren.
Wir behielten die südliche Richtung bei. Halef und Allo hatten den Scheik zwischen sich genommen, und außer einigen kurzen Bemerkungen, die zuweilen nötig waren, wurde der Weg mit Schweigsamkeit verfolgt. Ich merkte es den Gefährten an, daß mein Verhalten während der letzten Tage nicht ihren Beifall hatte. Es fiel zwar keine Bemerkung darüber, aber es war aus ihren Blicken, aus ihren Mienen und aus ihrem ganzen mürrischen Wesen zu erkennen. Ein offenes Aussprechen wäre mir lieber als diese Verschlossenheit gewesen. Auch die uns umgebende Natur war keine freundliche. Wir ritten über öde Bergkuppen, nackte Hänge, finstere Schluchten; es wurde am Abend so kalt und zugig, wie im Winter, und die Nacht, welche wir zwischen zwei gegeneinander geneigten Felsen zubrachten, vermochte es nicht, eine andere Stimmung in uns zu erwecken.
Kurz vor Tagesgrauen nahm ich meine Büchse, um irgendein Wild zu beschleichen. Nach langem Suchen gelang es mir, einen armen Dachs zu schießen, den ich als einzige Beute zum Lager brachte. Die Gefährten waren bereits alle munter. Ein Blick, den Halef mir unbeobachtet zuwarf, sagte mir, daß während meiner Abwesenheit irgend etwas vorgegangen sei. Um zu erfahren, was es sei, brauchte ich gar nicht lang zu warten; denn ich hatte mich kaum niedergelassen, so fragte Mohammed Emin:
„Emir, wie lange sollen wir diesen Bebbeh noch mit uns schleppen?“
„Wenn du ein längeres Gespräch beabsichtigst“, antwortete ich, „so entfernt vorher den Gefangenen, der jedenfalls ebensogut das Arabische versteht, wie sein Bruder.“
„Allo mag ihn in seine Obhut nehmen.“
Ich folgte diesem Vorschlag, führte den Scheik an eine entferntere Stelle und ließ ihn da in der Obhut des Köhlers, dem ich bedeutete, daß er die größte Achtsamkeit auf den Gefangenen zu verwenden habe. Dann kehrte ich zu den andern zurück.
„Jetzt sind wir unbelauscht“, meinte Mohammed Emin, „und ich wiederhole meine Frage, wie lange wir den Bebbeh mit uns herumschleppen sollen.“
„Warum tust du diese Frage?“
„Bin ich nicht berechtigt, sie zu tun, Effendi?“
„Du hast ein Recht dazu, welches ich dir nicht bestreite. Ich wollte ihn bei mir behalten, bis ich sicher sein kann, daß wir nicht verfolgt werden.“
„Wie willst du diese Sicherheit erhalten?“
„Dadurch, daß ich mich überzeuge. Wir setzen unsern Weg bis Mittag fort; dann nehmt ihr an einer geeigneten Stelle gleich Nachtlager, ich aber reite zurück und bin überzeugt, daß ich die Bebbeh sicher entdecken werde, falls sie uns folgen. Morgen am Vormittag bin ich wieder bei euch.“
„Ist ein solcher Feind so viele Mühe wert?“
„Nicht er ist es wert, aber unsere Sicherheit erfordert es.“
„Warum willst du es dir uns uns nicht leichter machen?“
„Auf welche Weise könnte dies geschehen?“
„Du weißt, daß er unser Feind ist?“
„Sogar ein sehr schlimmer Feind.“
„Der uns wiederholt nach dem Leben trachtete?“
„Allerdings.“
„Der uns sogar verriet, als er sich in unseren Händen befand; denn er rief die Seinigen herbei, als du das Tal verlassen hattest, um den Hund zu verteidigen.“
„Auch dies ist richtig.“
„Nach den Gesetzen der Schammar hat er mehrfach den Tod verdient.“
„Gelten diese Gesetze auch hier?“
„Überall, wo ein Schammar zu richten hat.“
„Ah, ihr wollt den Gefangenen richten? – Ich denke, ihr habt ihm bereits das Urteil gesprochen! Wie lautet es?“
„Der Tod.“
„Warum habt ihr dies Urteil nicht bereits vollstreckt?“
„Konnten
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