14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
holte meine gefangenen Gefährten; ihr waret in meine Hand gegeben, ich aber ließ nicht einen Tropfen Blutes fließen. Ihr jagtet uns nach; wir fingen deinen Bruder, doch wurde ihm kein Haar gekrümmt. Strenge deine Gedanken an, o Scheik, und begreife, daß wir nicht als Feinde, sondern als Freunde an euch gehandelt haben! Zum Dank dafür kommst du mit bösen Worten und Beleidigungen, und statt uns um Verzeihung zu bitten, verlangst du, daß wir dies tun sollen. Allah sei Richter zwischen und und euch! Wir fürchten euch nicht; suche ja nicht zu erfahren, daß ihr uns zu fürchten habt!“
Er hatte mir nur mit halber Aufmerksamkeit zugehört und entgegnete jetzt ziemlich höhnisch:
„Deine Rede ist sehr lang, Fremdling, aber alles, was du sagst, ist unrichtig und falsch.“
„Beweise es!“
„Dieser Beweis fällt mir leicht. Die Bejat sind unsere Feinde; ihr wart bei ihnen, folglich seid ihr unsere Feinde. Als meine Leute euch verfolgten, schosset ihr ihnen die Pferde tot. Ist dies Freundschaft?“
„War es etwa Freundschaft, daß ihr uns verfolgt habt?“
„Du hast mich an den Kopf geschlagen, daß ich die Besinnung verlor. Du schlugst dann den tapfersten meiner Krieger in das Gesicht und schleudertest ihn vom Pferd wie einen verächtlichen Wurm. Ist dies etwa Freundschaft?“
„Du griffst mich an, folglich schlug ich dich nieder; dein tapferster Krieger verhöhnte mich, darum zeigte ich ihm, daß er ein Wurm gegen mich sei.“
„Deine Schläge waren die größte Beleidigung, die es gibt; der Beleidigte fordert dein Blut!“
„Meine Schläge müssen keine Beleidigung, sondern eine Ehre für ihn gewesen sein, da du ihm dann doch noch erlaubt hast, an deiner Seite zu kämpfen. Wenn er mein Blut verlangt, so mag er kommen, um es sich zu nehmen!“
„Endlich hast du uns gestern die besten unserer Pferde gestohlen. Ist dies Freundschaft?“
„Ich nahm euch diese Pferde, weil ihr die unserigen erschossen habt. Alle deine Vorwürfe sind falsch und grundlos. Wir haben weder Zeit noch Lust, unsere Geduld noch länger mißbrauchen zu lassen. Sag uns kurz, was du verlangst, und dann werde ich dir eine ebensolche Antwort geben!“
Nun rückte der Scheik mit seinen Bedingungen heraus, indem er begann:
„Ich verlange, daß ihr zu uns kommt –“
„Weiter!“ sagte ich.
„Ihr übergebt uns eure Pferde, eure Waffen und alles, war ihr bei euch tragt.“
„Weiter!“
„Du gibst dem Mann, den du geschlagen hast, Rechenschaft!“
„Weiter!“
„Dann könnt ihr ziehen, wohin ihr wollt.“
„Ist dies alles?“
„Ja. Du siehst, daß ich sehr gnädig bin!“
„Worin soll die Rechenschaft bestehen, welche ich zu geben habe?“
„In einer Entschädigung, deren Höhe wir bestimmen werden. Ich hoffe, daß du zu meinem Verlangen Ja sagen wirst!“
„Ich sage nicht Ja, sondern Nein. Nicht ihr seid es, die zu fordern haben. Und übrigens ist dein Verlangen unsinnig. Wie könnte ich eine Entschädigung zahlen, wenn ihr uns bereits alles genommen habt! Wir raten euch, uns unangefochten ziehen zu lassen; das ist das Beste für euch! Bedenke, daß du dich in meiner Hand befindest!“
„Willst du mich ermorden lassen?“
„Nicht ermorden, sondern töten, sobald die Bebbeh die geringste Feindseligkeit gegen uns begehen.“
„Sie würden mich rächen; das habe ich dir bereits gesagt.“
„Sie würden dich nicht rächen, sondern nur sich verderben. Blick her, Scheik Gasahl Gaboya! In diesem Gewehr habe ich fünfundzwanzig Kugeln und in dieser Büchse zwei; jeder dieser zwei Revolver hat sechs Kugeln, und jede deiner Pistolen, die du hier in meinem Gürtel siehst, zwei; ich kann also dreiundvierzigmal schießen, ohne zu laden. Meine Gefährten sind nicht weniger gut bewaffnet, und wir befinden uns hier an einem Ort, dessen Eingang nur je ein einzelner Feind passieren könnte. Deine Leute würden hier fallen, ohne Gelegenheit zu finden, auch nur einen einzigen von uns zu verwunden oder gar zu töten. Folge mir und der Stimme deines Bruders; laß uns in Frieden ziehen!“
„Soll ich mich von den Meinigen verlachen und verhöhnen lassen? Wie kannst du so viele Kugeln in einem Gewehr haben! Deine Worte klingen nicht, als ob du die Wahrheit redest.“
„Ich lüge nicht. Die Silahdar (Waffenschmiede) des Abendlandes sind geschickter als die eurigen. Blicke genau her; ich will dir diese Gewehre erklären!“
Ich zeigte ihm die Einrichtung des Repetierstutzens und der Revolver, und seine besorgter
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