Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
traben durfte.
    Gegen Abend erreichten wir den Wald, in dem wir unser Lager aufschlagen sollten. Wir hatten bisher keinen einzigen Menschen getroffen, waren aber auf einiges Wild gestoßen, das uns das Material zum Abendessen lieferte. Dieses wurde unter außerordentlicher Schweigsamkeit verzehrt, und dann legten wir uns zur Ruhe.
    Ich hatte die erste Wache und saß abseits der anderen, an einen Baum angelehnt. Da kam Halef herbei, bückte sich über mich und sagte mit leiser Stimme:
    „Sihdi, dein Herz ist betrübt; aber ist das Pferd dir lieber als dein treuer Hadschi Halef Omar?“
    „Nein, Halef. Für dich würde ich zehn und noch mehr solche Pferde hingeben.“
    „So tröste dich, mein guter Sihdi, denn ich bin bei dir und bleibe bei dir, und kein Haddedihn soll mich von dir wegbringen!“
    Er legte seine Hand auf seine Brust und streckte sich dann neben mir aus.
    Da saß ich nun in stiller Nacht, und das Herz wurde mir groß und weit unter der Gewißheit, die Liebe eines Menschenkindes zu besitzen, eines Menschenkindes, dem auch meine Zuneigung gehörte. Wie glücklich muß ein Mann sein, der eine stille Heimat hat, die unerreicht ist von der Brandung der Schicksalswogen, ein Weib, dem er vertrauen darf, und ein Kind, in welchem er sein veredeltes Ebenbild heranwachsen sieht. Auch das rauhe Herz eines Weltläufers fühlt zuweilen, daß es im Innern des Menschen hinter öden, einsamen Flächen auch Höhen gibt, welche die Sonne mit ihrem Strahl vergolden und erwärmen darf.
    Am andern Morgen setzten wir unsern Weg weiter fort, und es zeigte sich, daß Allo sich nicht getäuscht hatte; denn bereits noch vor Mittag lagen die Höhen des Zagros vor uns, und wir durften unsern ermüdeten Pferden eine kurze Ruhe gönnen. Wir lagerten in einem Tal, dessen steile Wände vollständig unzugänglich schienen. Wir ließen die Pferde frei weiden und lagerten uns in das hohe Gras, das so frisch und saftig war, weil das Tal von einem kleinen Bach bewässert wurde.
    Lindsay lag neben mir. Er knabberte an einem Knochen herum und brummte unverständliches Zeug dazu. Er war in übler Laune.
    Jetzt richtete er sich halb empor und deutete mit der Hand in die Richtung, der ich den Rücken zukehrte. Ich drehte mich um und erblickte drei Männer, die sich uns langsam näherten. Sie waren in dünnes, gestreiftes Zeug gekleidet, hatten keine Schuhe und keine Kopfbedeckung und waren nur mit einem Messer bewaffnet. Solchen armseligen Figuren gegenüber war es wohl nicht nötig, nach den Waffen zu greifen. Sie blieben vor unserer kleinen Gruppe stehen und grüßten ehrerbietig.
    „Wer seid Ihr?“ fragte ich.
    „Wir sind Kurden vom Stamme Mer Mamalli.“
    „Was tut ihr hier?“
    „Wir haben eine Blutrache und sind entflohen, um einen andern Stamm zu suchen, der uns Schutz gewährt. Wer seid Ihr, Herr?“
    „Wir sind fremde Wanderer.“
    „Was tut ihr hier?“
    „Wir ruhen aus.“
    Der Sprecher schien diese kurzen Antworten gar nicht übel zu nehmen, sondern sagte:
    „In diesem Wasser sind Fische. Erlaubst du, daß wir uns einige fangen?“
    „Ihr habt ja weder Netz noch Angel!“
    „Wir sind geübt sie mit den Händen zu fangen.“
    Auch ich hatte bemerkt, daß hier Forellen standen, und da ich neugierig war, zu sehen, wie man sie mit den Händen fangen könne, so sagte ich:
    „Ihr habt gehört, daß wir fremd hier sind; wir können euch das Fischen nicht verwehren.“
    Sofort begannen sie, mit ihren Messern Gras zu schneiden. Als sie die nötige Menge davon hatten, trugen sie Steine herbei, um eine bedeutende Krümmung des Baches abzudämmen. Zunächst wurde der untere und dann der obere Damm errichtet. Das Wasser lief ab, und nun konnte man allerdings leicht die trocken gelegten Fische ergreifen. Da die Sache trotz ihrer Einfachheit Interesse hatte, so griffen wir selbst mit zu. Der Fang war reichlich, und da die schlüpfrigen Tiere uns immer wieder entkamen, so richteten wir unsere Aufmerksamkeit mehr auf sie als auf die drei Kurden, bis plötzlich ein lauter Ruf unseres Führers erscholl:
    „Herr, paß auf, sie stehlen!“
    Ich blickte empor und sah die drei Kerls bereits auf unsern Pferden sitzen: der eine auf dem Hengst, der andere auf meinem Bläß und der dritte auf Lindsays Pferd. Sie sprengten, ehe die Gefährten sich von ihrem Schrecken erholen konnten, davon.
    „All devils, mein Pferd!“ rief Lindsay.
    „Allah kerihm – Gott sei uns gnädig, der Hengst!“ schrie Mohammed Emin.
    „Ihnen nach!“ brüllte

Weitere Kostenlose Bücher