1401 - Herr der Trümmer
bereits daran, den Syntron entsprechend zu unterweisen. Fünf Minuten später hatte sie die Arbeit abgeschlossen, und die Automatik des Schiffes reagierte und schob die CASSIOPEIA aus ihrer bisherigen Bahn.
Das Schiff vollführte ein kurzes Manöver mit dem Metagrav, das sie über eine Entfernung von knapp vierzehn Lichtjahren bis an den äußeren Rand ihres Sektors führte. Dort schlug das Schiff einen Zickzackkurs ein. Sobald ein Bezirk durchgeortet war, machte es einen Sprung in den nächsten Bezirk, um dort ebenso zu verfahren. Und es wunderte niemand, daß eine weitere Tag- und Nachtphase verging, ohne daß es einen Ausschlag auf den Ortern gab. So leer wie in diesem Raumkubus konnte es nirgendwo anders sein.
Am nächsten Morgen begann Gundula ihren Dienst mit einer Schimpfkanonade.
Sie blieb hinter ihrem Sessel stehen und sah sich die Aufzeichnung der vergangenen sechzig Minuten an, in denen sie ihren Frühsport absolviert hatte. „Könnt ihr nicht auf eure Geräte aufpassen!" schrie sie. „Da ist doch ein Fehler drin!"
Die Engergieorter hatten in Richtung Hangay ein winziges Echo ausgemacht, das sofort verschwunden war. Da es keine weiteren Ortungen gab, konnte es sich nur um Überschlagsenergie aus den eigenen Schiffssystemen handeln. „Syntron, ich will alle Energieflüsse sehen", verlangte die Kommandantin. „Du mußt den Fehler bemerkt haben!"
„Keine Überschlagsenergien vorhanden", verkündete das aus energetischen Feldern bestehende Syntron-System. „Es sind keine Abschottungen ausgefallen. Der Impuls kam einwandfrei von außerhalb des Schiffes!"
Im nächsten Augenblick warf sich Gundula nach vorn. Zielsicher fand ihr Finger den roten Knopf, und gleichzeitig heulte in der CASSIOPEIA der Alarm auf.
Die Kommandantin ließ sich in ihren Sessel fallen und aktivierte ein Mikrofonfeld vor ihrem Mund. „Gelbalarm", verkündete sie. „Alle Mann auf ihre Stationen. Achtung, alle Stationen sind doppelt zu besetzen!"
Fast gleichzeitig erwischte die Passivortung ein zweites Echo aus dem Leerraum, diesmal zwanzig Lichtjahre näher am Standort des Schiffes. „Besuch kommt", stellte Randolf Lamon fest. „Einen Augenblick, gerade liefert der Syntron einen Kursvektor!"
Bei dem zweiten Energieecho handelte es sich einwandfrei um ein Schiffsecho.
Zwei dicht aufeinanderfolgende Impulse zeigten, daß ein Raumschiff aus dem Linearraum gekommen war, sich kurz orientiert und dann seinen Flug fortgesetzt hatte. Der hochgerechnete Kurs deutete nicht auf die CASSIOPEIA, auch nicht auf die anderen Schiffe der Galaktischen Flotte. Er führte an dem Raumkubus mit seinen 500 Lichtjahren Radius vorbei oder tangierte ihn nur. „Kein Besuch", korrigierte Gundula ihn.
Sie wandte sich an Nadja Hemata, die Funkerin, die auch für die Ortungssysteme verantwortlich zeichnete. „Auch keinen Funkanruf losschicken. Wir schalten alle Systeme sofort auf Passivortung. Einigeln und abwarten, was geschieht!"
Der nächste Kontakt mit dem Energieecho spielte sich quasi vor ihrer Nase ab. Die Entfernung betrug knapp sieben Lichtjahre, und die Ortung war auf diese Entfernung in der Lage, das fremde Schiff genau zu analysieren und nach vergleichbaren Werten in den Speichern zu suchen. Das Ergebnis lag innerhalb weniger Sekunden vor. Es entlockte allen Anwesenden einen Ausruf der Erleichterung oder des Staunens. „Bei dem Schiff handelt es sich eindeutig um einen Trimaran", verkündete Nadja Hemata gleichzeitig mit dem Syntron. „Was für ein Trimaran?" rief die Kommandantin. „Genauere Angaben, bitte sehr!"
„Ein Trimaran kleineren Typs, wie wir sie bereits kennen, Gundula!"
„Also Kartanin!" rief Gulliver Smog aus. „Kartanin aus Hangay. Was wollen sie in dieser Gegend?"
„Dumme Frage!" Gundula blickte zornig um sich. „Seid ihr von allen guten Geistern verlassen? Die Kartanin werden einen Stützpunkt anfliegen. Und wenn sie in dieser Gegend einen haben, dann ist er auch für uns gut genug. Nadja, was ist mit dem Funk?"
„Du hast doch vorhin gesagt, du willst keinen Funkkontakt!"
„Vorhin, vorhin! Los, stelle endlich eine Funkverbindung mit dem Trimaran her, bevor er wieder verschwindet!"
Die Funkerin preßte die Lippen zusammen und machte sich an die Arbeit. Sie justierte die Hyperantennen des Schiffes und jagte einen Funkspruch hinaus.
Sekunden später erhellte sich der Bildschirm und zeigte einen männlichen Kartanin, dessen Gesichtsausdruck undeutbar war. Nadja legte den Empfang auf die Konsole der
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