1404 - Der Weg in die Hölle
sollten wir etwas anders denken.«
»Mach einen Vorschlag!«
Glenda Perkins schaute für einen Moment ins Leere, bevor sie meinte: »Wenn das Kreuz nichts mit Harry zu tun hat, dann mit etwas anderem, und zwar mit dem, was um ihn herum geschieht. Ich habe etwas gesehen, ich habe dir davon erzählt. Das Feuer, die Gestalten, und da muss es etwas geben, was das Kreuz unmittelbar berührt. Hängt es mit dem Teufel zusammen? Mit der Hölle?«
Ich überlegte und sagte dann: »Vier Menschen sind in den Tunnel hineingefahren. Sie gerieten in das Feuer, dass sie eigentlich verbrannt haben muss. Aber nur die ausgebrannten Wracks hat man gefunden. Und nichts von den Fahrern. Warum ist das passiert, Glenda? Ich denke, wenn wir das wissen, dann haben wir auch die Lösung des Rätsels.«
»Schön, dass du so denkst.«
»Ach, hör auf, Glenda. Bei mir im Kopf dreht sich alles noch um etwas anderes.«
»Um was denn?«
»Die Verbindung. Was sonst? Ich habe das Gefühl, als wäre mir das Kreuz entrissen worden, obwohl es noch vor mir liegt. Wer ist so mächtig, es manipulieren zu können? Wer von unseren Feinden schafft das? Ich kenne keinen.«
»Ich auch nicht.«
»Aber wir werden sie erleben«, flüsterte ich. »Darauf gebe ich dir Brief und Siegel.«
Meine Stimme war härter geworden. Ja, ich war wütend, zornig, denn ich wollte mir das Handeln nicht aus den Händen nehmen lassen. Und ich wollte vor allen Dingen nicht, dass mein Kreuz verändert oder manipuliert wurde.
Ich hoffte, dass wir in ein paar Stunden mehr erfuhren…
***
Der Schrei!
Harry Stahl stand vor dem Haus des Heimatforschers und hatte ihn gehört. Das heißt, er hörte ihn noch immer, denn er tobte durch seinen Kopf. Er sah die Person nicht, die ihn ausgestoßen hatte, und er wusste auch nicht, ob es eine oder mehrere waren.
Harry stand steif und mit durchgedrücktem Rücken. Der Schrei war für ihn wie eine Folter im Kopf. Er spürte all die Wut, auch den Schmerz, den die schreiende Peson empfand, aber er konnte nichts dagegen tun. Er musste ihn einfach hinnehmen, und auch wenn er sich die Ohren zuhielt, erreichte er nichts.
Der Schweiß lief an seinem Gesicht entlang nach unten. Das Zittern bekam er nicht unter Kontrolle. Er merkte auch die Kälte nicht mehr. Er stand nur da wie festgefroren und war gezwungen, diesem schrecklichen Laut zu lauschen.
Bis er verstummte, was Harry Stahl zunächst nicht merkte. Sein Gehirn schien verschlossen zu sein. Er atmete einige Male tief durch, um wieder zur Besinnung zu kommen. Von dem Schrei war nichts mehr zu hören. Nur die nächtliche Stille und die klirrende Kälte umgab Harry Stahl. Ansonsten sah er keine Bewegung in der unmittelbaren Umgebung, und auch im Haus rührte sich nichts.
Dort lebte Karl Eberle, der Heimatforscher. Ein Mann, der sicherlich mehr wusste, als er zugab. Aber er hatte seine Gründe, nur so wenig zu sagen. Harry ging davon aus, dass in diesem Ort eine ganze Menge nicht mit rechten Dingen zuging, und es lag nicht nur an den verbrannten und dann verschwundenen Toten. Er hatte jetzt auch festgestellt, dass es im Ort keine Kirche gab, und so etwas hatte er noch nie erlebt.
Keine Kirche!
Kein Gottesdienst am Sonntag, und das in einem Kaff. Wobei er nicht sicher war, ob sich die Bewohner nicht doch irgendwo zum Gottesdienst trafen, aber einen Kirchturm hatte er nicht gesehen, der fast zu jedem Ort gehörte.
Was andere Menschen als nicht so wichtig angesehen hätten, das sah er mit anderen Augen. Hier gab es etwas, das sich im Geheimen versteckte, und es hatte auch mit dem Berg zu tun, durch den jetzt der Tunnel führte. In ihm waren die Personen verbrannt, von denen man nichts mehr gefunden hatte.
Ob die Bewohner Bescheid wussten, konnte er nicht sagen. Wenn es so war, dann hielten sie sich zurück. Wie auch Karl Eberle, der Heimatforscher, vor dessen Haus Harry stand.
Er überlegte, ob er noch mal zu ihm zurückgehen sollte. Die Angst des Mannes war einfach zu groß. Er hatte die vier ›Toten‹ gesehen, er war gewarnt worden. Auch er hatte die Schreie gehört, und Harry Stahl nahm ihm das alles ab. Schließlich hatte er im Tunnel ebenfalls etwas Unheimliches gesehen, das man auch als Vision bezeichnen konnte, in die plötzlich eine bekannte Gestalt eingetaucht war: Glenda Perkins, eine Freundin des Geisterjägers John Sinclair, mit dem er sich schon telefonisch ausgetauscht hatte.
Was hier genau ablief, war Harry unbekannt.
Ein Ort ohne Kirche!
Das musste etwas zu bedeuten
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