1407 - Klauenfluch
Da war es ihnen gelungen, mir die Bibel des Baphomet zu entreißen.
Doch das sollte jetzt nicht mehr passieren. Ich hatte mir vorgenommen, die Klauen zu zerstören, und ich setzte dabei auf das Kreuz.
Die Reiter interessierten mich nicht weiter. Sie malten sich auch nicht so kompakt ab. Sie sahen aus, als hätten sie ihre eigenen Ebenbilder als Geister geschickt.
Wer war stärker? Ich wagte es.
Eine Klaue hatte sich bereits höher gereckt als die andere. Sie wollte an mich heran. Sie war geöffnet, was ich als Einladung dankend annahm.
Die Klaue griff zu – und erwischte mein Kreuz!
Es verging nicht mal eine Sekunde, während sich alles veränderte, als wäre ein Sturmwind über uns hinweggefahren. Die Klaue, die das Kreuz ergriffen hatte, fing plötzlich Feuer. Es war dieses kalte Feuer, das ich kannte.
Zuerst brannte die Hand, dann breiteten sich die bläulich-grünen Flammen blitzartig aus, fassten den Arm, tanzten über das Buch hinweg, ohne es in Brand zu setzen, und plötzlich brannte nicht nur eine Hand, sondern gleich vier.
Über dem Buch erschien ein regelrechtes Feuerwerk. Es brannte nicht nur, die Flammen sprühten regelrecht hervor, und die vier Arme hatten keine Chance, es zu überstehen.
Sie fielen als Asche zusammen, die auf dem Buchdeckel landete und dort fortgeweht wurde.
Saladin war frei. So richtig mitbekommen hatte er dies noch nicht, denn er tat nichts. Er blieb liegen, und so konnte ich mich um ihn kümmern.
Dabei kam ich mir vor, als würde ich in Trance handeln. Ich wollte Saladin haben, aber ich wollte ihn auch ausschalten. So zerrte ich ihn hoch. Meine linke Hand hatte ich dabei in seine Kleidung gekrallt, denn ich wollte die rechte freihaben. Sie war bereits zur Faust geballt, und die schickte ihn auf die Reise.
Ich wollte den Kerl ganz klassisch ausknocken, auch wenn mir selbst die Knöchel schmerzen würden, aber es musste sein.
Volltreffer!
Ob Saladin ein Glaskinn hatte oder nicht, das wusste ich nicht. Jedenfalls fiel er zurück und blieb auf dem Rücken liegen.
Ich fühlte mich wie ein Sieger im Ring.
Aber nur für zwei Sekunden, denn plötzlich hörte ich die Angstschreie. Sie erreichten mich von allen Seiten, und ich wusste jetzt, dass noch etwas nachkam…
***
Ich hob den Blick, drehte mich – und sah die vier Horror-Reiter wie ein Sturmwind heranpreschen.
Uns blieb nicht mehr die Zeit, ihnen auszuweichen.
Okay, ich kam von meinem Platz weg, und ich sah auch, das meine Kreuz an den Enden aufstrahlte, als stünden die vier Erzengel irgendwo im Unsichtbaren, um uns einen Schutz zu geben, aber wirklich etwas tun konnte ich nicht.
Ich merkte, wie sie dicht an mir vorbeiritten. Ich spürte den Sturm, der mich erwischte, warf mich nach vorn und sprang in eine der Hecken, obwohl ich das nicht vorgehabt hatte.
Ich hörte Suko fluchen, was selten vorkam, und drehte mich um.
Jetzt sah ich mit eigenen Augen, dass die vier Reiter es nicht auf mich abgesehen hatten, sondern auf Saladin, der noch immer ausgeknockt auf dem Rücken lag.
Von vier verschiedenen Seiten rasten sie heran. Zur Hälfte geisterhafte Gestalten, zur anderen Hälfte stofflich. Den Eindruck hatte ich, und AEBA wurde zum Retter des Hypnotiseurs. Sie wollten nicht uns, sondern nur ihn, und sie rissen seine starre Gestalt vom Boden weg und in die Höhe.
Alles war zu schnell gegangen. Mein Kopf ruckte hin und her, aber ich sah nur, wie sie in den Himmel brausten und den Hypnotiseur mit sich nahmen.
Ich hätte meine Wut hinausschreien können, aber ich riss mich zusammen. Wieder einmal hatte sich Saladin aus dem Staub machen können. Doch irgendwann – das wusste ich – würden wir ihn kriegen…
***
Etwas hatten sie zurückgelassen. Es war das Buch, von dem auch die letzte Asche weggeweht worden war. Hatte mein Kreuz es geschafft und die Klauen vernichtet? War dadurch auch der Inhalt ein anderer geworden?
Ich wusste es nicht, aber ich sah, dass Sophie Blanc zum Buch ging, sich bückte und die Bibel des Baphomet aufhob.
»Es gehört doch mir – oder?«, fragte sie in die Runde.
»Ja, es gehört wohl dir«, erwiderte ich und erntete keinen Widerspruch…
ENDE des Zweiteilers
[1] Siehe John Sinclair Nr. 1406 »Der neue Baphomet«
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