1407 - Klauenfluch
hinten und merkte, dass ich auf etwas landete, das zwar hart war, aber trotzdem leicht unter meinem Gewicht nachgab.
Ich riss die Augen so weit wie möglich auf.
Vor mir stand ein Mann. Von seinem Gesicht sah ich nicht viel. Er hatte eine Wollmaske über den Kopf gestreift. Durch zwei Löcher blitzten seine Augen. Womit er mich am Kopf erwischte hatte, sah ich nicht.
Aber ich sah etwas anderes, das aus seiner Hand nach vorn ragte, und das war der blinkende Stahl einer Klinge.
Das konnte heiter werden!
***
Sophia Blanc hielt den Telefonhörer so fest umklammert, als wollte sie ihn zerbrechen. Sie kannte den Anrufer nicht, der sich als Saladin vorgestellt hatte, doch sie spürte mit der Feinfühligkeit einer Frau, dass er nicht unbedingt ein Freund war. Außerdem hatte er eine für sie widerliche Stimme, die beinahe schon einen künstlichen Klang hatte.
Nachdem sie sich gefangen und zwei Mal geschluckt hatte, stellte sie ihre Frage und ärgerte sich darüber, dass ihre eigene Stimme so wenig fest klang.
»Was… was wollen Sie?«
»Mit de Salier sprechen.«
Sophia atmete durch die Nase. »Tut mir Leid, Monsieur, er ist leider nicht da.«
»Ach? Aber du bist da, ja?«
Sie fand es unverschämt, dass dieser Fremde sie duzte. »Ja, wie Sie hören, bin ich da.«
»Eine Frau.«
»Ich kann es nicht ändern.«
»Und das in einem Männerkloster. Wie soll ich denn das verstehen? Das riecht nach Sünde.«
Sie wollte dem unverschämten Typ schon die entsprechende Antwort geben, aber sie ließ es bleiben. Sie hätte unter Umständen mehr von sich preisgegeben, als ihr lieb gewesen wäre. Und das wollte sie auf keinen Fall.
»Ich weiß nicht, was Sie das angeht. Jedenfalls ist Godwin de Salier für Sie im Moment nicht zu sprechen.«
»Gut. Ich akzeptiere es. Aber sagen Sie ihm, dass ich angerufen habe. Meinen Namen haben Sie wohl behalten.«
»Keine Sorge, das habe ich.«
»Ich wollte es Ihnen auch geraten haben. Und noch etwas«, sagte er schnell, bevor sie auflegen konnte. »Ich bin wirklich gespannt darauf, dir Auge in Auge gegenüberzustehen. Deine Stimme macht mich an, wirklich. Sie ist was Besonderes.«
Sophia errötete. Jetzt knallte sie den Hörer auf den Apparat. Kein Wort mehr sollte sie von diesem Widerling hören, aber sie merkte auch, dass sie eine Gänsehaut bekommen hatte. Sie war so kalt wie eine dünne Schicht aus Eis.
Es war gut, dass sie nicht im Büro stand und sich im zweiten Zimmer ihres Mannes aufhielt.
Ja, Godwin de Salier war ihr Mann. Sophia und er hatten geheiratet, und sie konnte es noch immer nicht richtig fassen, aber das Schicksal hatte diesen Bund für die geflochten.
Schicksal…
Und wie sah ihr näheres Schicksal aus? Welch ein Weg lag noch vor ihr? Ein kerzengerader sicherlich nicht, das bewiesen allein schon die Ereignisse der vergangenen Stunden. Da war etwas passiert, das sie auf einen völlig anderen Weg gebracht hatte.
In den dunklen Stunden hatte sie Besuch erhalten. Da waren vier schwarze Skelettreiter erschienen und hatten ihr ein Buch übergeben. Eine Bibel, die mit der normalen allerdings nichts zu tun hatte, denn es war die Bibel des Baphomet, und man hatte ihr klargemacht, dass sie selbst der neue Baphomet war. [1]
Viel wusste sie nicht über diese Unperson. Das Wenige aber reichte aus, um ihm nicht eben positiv erscheinen zu lassen, denn dieser Baphomet war eine schlimme Gestalt. Er gehörte zu den dämonischen Wesen einer Welt, mit der Sophia wissentlich bisher nichts zu tun gehabt hatte, die ihr aber nun nahegebracht wurde. Natürlich fürchtete sich Sophia davon, aber sie war auf der anderen Seite froh, hier im Kloster zu leben, wo ihr Mann Godwin für einen gewissen Schutz sorgen konnte, auch wenn er das Erscheinen der Reiter nicht hatte verhindern können.
Ihr hatte man das Buch übergeben. Sie sollte es behalten – als der neue Baphomet.
Aber wer war Baphomet? Musste man ihn als rein männliches Wesen ansehen – oder konnte er auch eine Frau sein?
Die Rätsel wurden größer, je mehr Zeit verging. Sie musste mit der Verantwortung leben. Und zudem mit ihrer Vergangenheit. Denn hier gab es weitere Dinge, sie nicht so einfach zu begreifen waren.
Sophia Blanc gehörte zu den Menschen, die wiedergeboren waren und die auch davon wussten. Aber sie war nicht eine x-beliebige Person gewesen, sondern eine ganz bestimmte, die auch in der Geschichte kein unbeschriebenes Blatt war…
Maria Magdalena!
Sie sah sich nicht als deren Erbfolgerin, aber sie
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