Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
141 - Das trockene Meer

141 - Das trockene Meer

Titel: 141 - Das trockene Meer
Autoren: Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
würgen sahen, lachten. Black biss die Zähne zusammen und dachte an seine Kinderstube. Später trabte er an Deck herum, atmete frische Luft ein, um seinen Magen zu beruhigen, und dachte an angenehme Dinge. Da es in seinem bisherigen Leben nicht viel Angenehmes gegeben hatte, war er schnell damit fertig.
    An der Steuerbordseite stieß er auf Urla, die grüblerisch ins graue Wasser starrte. »Erzähl mir was über Pavla«, sagte Black.
    Urla zuckte zusammen. »Pavla?« Ihre Stirn runzelte sich.
    »Sie wirkte ziemlich aufgeregt, als sie in den ›Krummsäbel‹ kam«, sagte Black. »Wie lautete ihre schlechte Nachricht?«
    »Dass ich… dass wir… sofort aufbrechen sollen.« Urla musterte Black argwöhnisch. »Warum interessierst du dich plötzlich für Pavla? Gefällt sie dir etwa?«
    »Pavla interessiert mich gar nicht. Mich interessiert nur der Grund unseres plötzlichen Aufbruchs.«
    Urla drehte sich wieder um. »Ich bin in einer Mission unterwegs, von der niemand etwas erfahren soll. Es wäre lieb von dir, wenn du nicht weiter fragen würdest.«
    Black stutzte. »Bist du in Gefahr?«
    Urla zuckte die Achseln. »Jetzt nicht mehr – hoffe ich.«
    Black zupfte an seinem Ohrläppchen. Natürlich interessierte ihn die Gefahr, in der Urla sich befand; schließlich konnte sie sich ebenso auf ihn auswirken. Er war in einer Mission unterwegs, von deren Ausgang viel abhing. Konnte er Urla in die Enge treiben, wenn sie ihrer Herrin versprochen hatte, kein Wort über ihren Auftrag verlauten zu lassen? Er seufzte, dann tätschelte er Urlas Schulter und setzte sich wieder in Bewegung.
    Ihre Kabinen erreichte man über einen engen Niedergang.
    Sie waren klein und wenig komfortabel. Black legte sich auf die Koje, starrte an die Decke und lauschte dem Prasseln des Regens. Irgendwann schlief er ein, und als er erwachte, war der Tag halb vorüber und der Dampfer hatte an einem breiten Steg angelegt. Es goss noch immer wie aus Eimern, und es war finster geworden.
    Black hörte dumpfe Stimmen, das Scharren von Hufen und das Schnauben unbekannter Tiere. Ein Blick durchs Bullauge sagte ihm, dass sie das erste Etappenziel erreicht hatten: Er sah die Palisaden eines fortähnlichen Anwesens. Bärtige Gestalten, in Leder gekleidet, geleiteten monströse Vierbeiner an Bord.
    Das also waren Murometze. Die Biester waren grünbraun gescheckt, zottig, so groß wie Pferde und hatten hasenartige Schlappohren, doch ihre wildschweinartigen Hauer ließen sie wie Raubtiere wirken. Ihre Köpfe waren Geweihe. Ihre langen Schnauzen und treudoof blickenden Augen wirkten gutmütig.
    Ihre Ahnen waren vermutlich Elche gewesen.
    Murometzhufe donnerten über die Planken. Black stand auf und ging nach oben. Als er an die Reling kam, war die Fracht schon im Laderaum und die Züchter aus dem Fort verabschiedeten sich von Käpt’n Abram und seinen Leuten.
    Kurz darauf legte der Dampfer ab und tuckerte weiter den Kolyma hinauf.
    Black drehte eine Runde an Deck. In der Kombüse schwenkte ein Mann Pfannen. Ein zweiter stand neben Käpt’n Abram im Ruderhaus und schmauchte eine Pfeife. Einem dritten begegnete er am Heck, wo er pfeifend eine Segeltuchplane flickte. Eine Viertelstunde später peilte Black durch die Tür des halbdunklen Laderaums, um sich die Murometze aus der Nähe anzuschauen. Es waren sieben.
    Irgendwo im Hintergrund huschte ein Schemen vorbei, dann schlug leise eine Tür ins Schloss und Black fragte sich, ob Urla sich verzählt hatte, als sie die Mannschaftsstärke mit vier Mann angegeben hatte.
    In der Messe saß Urla mit Käpt’n Abram am Tisch. Der Koch servierte ihnen das Abendessen.
    Abram, ein von Wind und Wetter gegerbter alter Knabe mit schulterlangen Locken, fluchte ausgiebig über den Regen, dann erkundigte er sich, was den »Gospodin Professor« an den Rand der Welt verschlagen habe. Black murmelte etwas über kleine bärenähnliche Menschen, die man am Kratersee gesichtet habe, und dass die Königin von Britana ihn ausgesandt hätte, um sie zu studieren.
    Natürlich hatte auch Abram schon von den Narod’kratow gehört. Gesehen hatte er aber noch keinen. Außerdem hielt er diese Geschichten für Ammenmärchen. »Wenn es nach mir ginge, würde ich Sie bis zur Quelle des Kolyma fahren«, sagte er großspurig, »aber leider hat die Gnädige etwas dagegen.«
    Als er ging, fragte Black Urla noch einmal, wie stark die Besatzung des Dampfers wäre, und auch diesmal sagte sie
    »Vier.«
    »Können es auch fünf sein?«
    Urla schaute ihn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher