141 - Ein Killer namens Ballard
doppelt bezahlen lassen, Kumpel. Aber wir haben’s alle nicht so dick, und unrecht Gut gedeiht nicht, sagt man, deshalb darfst du deine Moneten wieder einstecken. Du solltest dir in Zukunft aber besser merken, was du ausgibst.«
»Vielen Dank«, sagte ich und schob die Scheine wieder in die Tasche.
»Keine Ursache. Kommst mir ein bißchen verloren vor.«
»Ich fühle mich nicht besonders.«
»Fängt nicht sonderlich gut an für dich, der Tag«, sagte der Kellner. »Und dabei ist er noch so lang.«
»Wo kann ich telefonieren?« fragte ich.
»Dort hinten.«
Ich erhob mich, betrat die Telefonzelle - und glitt in ein schwarzes Nichts hinein.
***
Reenas zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Seine Augen wurden schmal. Er hörte das gedämpfte Fluchen eines Mannes und unterbrach das magische Ritual.
Ein Zischlaut drang aus seinem Mund, und plötzlich war die Kupferschale leer. Kein Feuer brannte mehr in ihr. Der schwarze Druide eilte durch den Raum und blickte wütend aus dem Fenster.
Er sah einen Mann weglaufen, erkannte ihn sofort wieder. Das war der Nachtwächter, den er im parapsychologischen Institut schlafen gelegt hatte.
Er hatte nicht kräftig genug zugeschlagen, wie sich nun herausstellte, und er war auf dem Heimweg nicht vorsichtig genug gewesen. Er konnte nicht verstehen, warum er überhaupt zum Bleirohr gegriffen hatte.
Besser wäre es gewesen, den Mann zu töten, dann wären ihm nun diese unangenehmen Folgen erspart geblieben. Grimmig wandte sich Reenas um und holte seinen Stockdegen.
Dann verließ er das Haus, in dem er sich nur weiterhin sicher fühlen konnte, wenn er den lästigen Nachtwächter mundtot machte. Er trat auf die Straße und blickte sich suchend um.
Im Moment war die Straße menschenleer.
Reenas überlegte blitzschnell, in welche Richtung er laufen sollte. Er traf seine Entscheidung und startete. Diesmal würde der Nachtwächter mit dem Degen Bekanntschaft machen.
Er hätte seine Nase nicht in Reenas’ Angelegenheiten stecken sollen. Diese Unvorsichtigkeit würde ihm nun zum Verhängnis werden…
***
Vicky Bonney erwachte. Sie dehnte ihre Glieder und seufzte wohlig. Die goldene Flut ihres seidig glänzenden Haars breitete sich auf dem Kopfkissen aus.
Sie warf einen Blick auf die Digitalanzeige des Radioweckers. Sechs Uhr, und doch war Vicky bereits bestens ausgeschlafen. Das passierte ihr eher selten.
Halb acht, acht, das war normalerweise ihre Zeit, aber wenn sie heute früher ausgeschlafen war, wollte sie die geschenkte Zeit nützen. Sie war mit ihren Terminen ohnedies mal wieder im Verzug.
Ganz vorsichtig drehte sie sich um. Sie wollte Tony nicht wecken. Bei seinem harten, kräfteraubenden Job brauchte er den erquickenden Schlaf.
Das war die Zeit, in der er regenerierte. Vicky wollte ihm nichts davon stehlen. Als sie sah, daß Tony nicht mehr neben ihr lag, weiteten sich ihre veilchenblauen Augen.
Sie hatte nicht gemerkt, daß er das Schlafzimmer verließ. Auch er war sehr rücksichtsvoll.
Vicky setzte sich auf und schüttelte ihre Mähne zurück. Sie lauschte. Stille herrschte im Haus. Hatte Tony die morgendliche Dusche bereits hinter sich?
Vicky zog die Luft prüfend ein. Schwebte vielleicht schon der Duft morgendlichen Kaffees durch das Haus? Sie roch nichts.
Vicky schlug die Steppdecke zurück, stand auf und fischte sich ihren seidenen Morgenrock. Sie zog ihn an, band den Gürtel zu einer Schleife und verließ das Schlafzimmer.
»Guten Morgen!« rief sie in die Stille des Hauses.
Niemand antwortete.
Vicky stieg die Stufen hinunter und warf einen Blick in den Livingroom. Das Zimmer war verwaist.
»Tony?«
Vicky ging weiter. Sie fand Tony Ballard auch in der Küche nicht.
»Boram?«
Zumeist war wenigstens der Nessel-Vampir im Haus. Vicky hoffte, von ihm zu erfahren, wohin sich Tony so früh am Morgen begeben hatte; vielleicht zum Joggen.
Aber auch Boram meldete sich nicht. Tony mußte ihn mitgenommen haben. Aber wohin? Vicky schaute sich nach einer Nachricht um, die Tony vielleicht für sie irgendwohin gelegt hatte.
Sie begab sich auch in ihr Arbeitszimmer, und ihr Blick wieselte über den großen Schreibtisch, aber sie entdeckte keine Nachricht. Wollte Tony sie nicht beunruhigen?
Verflixt, jetzt war sie es erst recht!
***
Lance Selby wohnte im Nachbarhaus. Während Vicky Bonney nach einer Nachricht von Tony Ballard suchte, schlief der Parapsychologe noch den Schlaf des Gerechten, aus dem er aber im nächsten Augenblick höchst unsanft
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