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1412 - Die Hellseherin

1412 - Die Hellseherin

Titel: 1412 - Die Hellseherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Sonne schien nicht, der Himmel war von einem hellgrauen Schleier bedeckt. Die Laute des Waldes umgaben ihn. Da freuten sich die Vögel, dass der Winter vorbei war. Jeder Ornithologe hätte Spaß an ihrem Zwitschern gehabt.
    Harry legte den Weg geduckt zurück. Das Gras vor ihm war zertreten. Ein paar Meter weiter sah es anders aus. Da war niemand hergegangen, und auch Harry konnte diesen Weg nicht nehmen, weil einige kleine Tannen auf der Schonung wuchsen. Er musste sich nach links wenden, das wusste er aus der Beschreibung.
    Er achtete jetzt nicht mehr auf den Boden. Der Blick war nach vorn gerichtet. Dabei hatte er den Eindruck, die Hütte spüren zu können.
    Als würde sie ihm eine Botschaft senden.
    Dann sah er sie!
    Fast wie aus dem Nichts war sie plötzlich da. Sie stand auch nicht in der Deckung hoher Bäume, sondern auf einer Lichtung, die sogar einen guten Blick über das Land zuließ.
    Unwillkürlich zog sich Harry zurück und tauchte hinter einem Strauch in Deckung. Er musste sich erst beruhigen und erinnerte sich daran, was er mit den Männern vom SEK ausgemacht hatte.
    Vor seinem Mund hing das Mikro. Es war verbunden mit dem winzigen Lautsprecher im rechten Ohr.
    »Hier S eins. Bitte kommen…«
    Drei Sekunden später hörte er die Stimme. »Was gibt es, S eins?«
    »Ich habe die Hütte gefunden.«
    »Und? Irgendwelche Hinweise auf den Entführer oder den Entführten?«
    »Noch nicht.«
    »Was werden Sie tun?«
    »Rücken Sie bitte auf. Aber halten Sie sich zurück. Ich muss mich von Moment zu Moment entscheiden.«
    »Gut. Alles verstanden. Aber vermeiden Sie ein unnötiges Risiko.«
    »Werde ich versuchen.«
    Es wurde spannend. Harry spürte, dass sein Herz schneller klopfte. Trotzdem blieb er äußerlich ruhig und war genau auf den Punkt konzentriert.
    Er stand auch nicht mehr. Wenn er sich der Hütte näherte, dann würde er über den Boden robben wie ein Soldat. Er wollte auf keinen Fall zu früh gesehen werden. Das konnte den Tod des Entführten bedeuten.
    Das Gras wuchs hoch. Es war Hindernis und Schutz zugleich.
    Harry bewegte sich wie eine Schlange weiter. Er nahm den Duft der Natur wahr und kam sich vor wie von zahlreichen Pollen umgeben.
    Ab und zu schaute er hoch, um sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Er wollte nicht an ihm vorbeihuschen. An die Geräusche hatte er sich gewöhnt. Das Zwitschern der Vögel nahm er so gut wie nicht mehr wahr, aber dafür hörte er etwas anderes. Es passte nicht hierher. Es war zu vergleichen mit dem Knarzen einer Tür.
    Harry machte sich so flach wie möglich. Das Gras nahm ihm die Sicht, was er als nicht schlimm empfand, denn jetzt wollte er sich nur allein auf sein Gehör verlassen.
    Er zählte bis zehn, ohne etwas zu hören, was ihm verdächtig vorgekommen wäre. Erst dann hob er den Kopf wieder vorsichtig an, sodass er durch die Lücken zwischen den Halmen schauen konnte.
    Die Tür war geöffnet worden. Dabei war es nicht geblieben. Vor ihr stand ein mit einem Samurai-Schwert bewaffneter Mann und wandte Harry sein Profil zu.
    Es war der Entführer!
    ***
    Harry blieb cool bis in die Haarspitze. Ihm war klar, dass die Überwältigung des Entführers jetzt einzig und allein seine Sache war.
    Der Mann würde schon merken, wenn sich die Männer vom SEK näherten. Anders wäre es gewesen, wenn er sich in der Hütte befunden hätte. Da wäre dann ein Anschleichen möglich gewesen. Dass der Typ sich wieder in sein Versteck verkroch, danach sah es momentan nicht aus. Er kam Harry vor wie jemand, der etwas gewittert hatte, aber nicht genau wusste, was er unternehmen sollte.
    Das Schwert in seiner rechten Hand störte Harry. Er dachte daran, dass Oliver damit die Hälfte des rechten Zeigefingers abgetrennt worden war, und dieses Wissen erzeugte eine Gänsehaut auf seinem Rücken.
    Was hatte der Entführer vor?
    Im Moment nichts, so sah es zumindest aus. Er stand einfach nur da und wartete. Bekleidet war er mit einer Jeans, wobei die Enden der Hosenbeine in den Schäften der halbhohen Stiefel verschwanden. Eine braune Lederjacke trug er und darunter einen schwarzen Pullover.
    Schwarz war auch sein Haar, ebenso wie der Bart, der die untere Gesichtshälfte umwucherte. Nach einem Deutschen oder einem Europäer sah er nicht aus. Er schien einer der Terroristen zu sein, die sich selbstständig gemacht hatten und nun versuchten, Druck auszuüben.
    Harry atmete nur sehr flach. Er wartete darauf, dass der Mann etwas tat. Nichts wies darauf hin, dass er Harry entdeckt

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