1415 - Letzte Station Hölle
sind.«
»Hast du was gesehen?«
»Auch nicht. Aber«, sie deutete tief in den Flut hinein, »ich habe am Ende des Korridors eine Treppe gesehen. Sehr schmal, und sie führt in die Tiefe. In einen Keller oder so.«
»Das ist mir vorhin ebenfalls aufgefallen«, sagte Suko.
»Hast du auch etwas gehört?«, fragte Glenda.
»Nein, was meinst du?«
»Geräusche«, flüsterte sie. »Es können auch Stimmen gewesen sein. Ich habe mich jedenfalls nicht hingetraut, weil ich erst mit euch sprechen wollte.«
Glenda war keine Frau, die sich etwas einbildete, was es nicht gab.
Dennoch musste sie sich meine Frage gefallen lassen. »Bist du ganz sicher?«
»Ha, was heißt sicher? Ich habe etwas gehört, aber ich war nicht nahe genug dran, und es gelang mir auch nicht, eine Stimme zu erkennen.«
»Es waren doch Stimmen?«
»Ich weiß nicht.«
Suko und ich tauschten einen Blick. Unser Plan stand fest. Darüber brauchten wir erst gar nicht zu reden. Ohne ein Wort zu sagen, näherten wir uns dem Ende des Flurs…
***
Es ging schnell, ruckartig. Kurz vor Erreichen der Haut hatte Justine ihren Mund so weit wie möglich aufgerissen. Kein Tropfen sollte verloren gehen.
Tief drangen die beiden Zähne in die Ader ein, rissen sie auf und ließen das Blut sprudeln. Es tanzte förmlich in den Mund der blonden Bestie, floss über ihren Gaumen hinweg, sie erlebte den wundersamen Geschmack, und es war ein Genuss, wie ihn nur ein Vampir empfinden kann.
Marlenes Knie gaben nach. Sie wäre gefallen, doch das wollte die Cavallo nicht. So hielt sie ihr Opfer fest, brachte es in eine leichte Schräglage, wobei die Lippen weiterhin am Hals klebten.
Den Hinterkopf stützte sie mit der linken Handfläche ab. Sie saugte, sie trank, sie schmatze, und sie genoss die warme Süße des Blutes.
Marek wurde nicht mehr gehalten. Es bereitete ihm trotzdem Mühe, auf den Beinen zu bleiben. So musste er die Wand als Stütze nehmen.
Und er schaute zu Justine Cavallo hin. Ja, sie war eine Blutsaugerin und würde es immer bleiben, auch wenn sie sich mit den normalen Menschen angefreundet hatte.
Marek fragte sich, was wohl ein John Sinclair zu dieser Szene würde sagen. Dabei hatte er und seine Freund sogar auf die Cavallo gesetzt, aber das würde es nicht mehr geben. Sie hatte sich für den anderen Weg entschieden, und Marek glaubte nicht daran, dass es noch ein Zurück in die Welt der Menschen gab.
Die blonde Bestie saugte mit einer wahren Hingabe das Blut aus den Adern der jungen Frau. Sie erlebte auch keinen Widerstand, denn die andere Person hatte sich ihr völlig hingegeben.
Mareks Welt war zerbrochen. Er konnte sein Leben als Scherbenhaufen betrachten. Er war nicht mehr der Gewinner, sondern der Verlierer. Mallmann zu vernichten war ihm nicht mehr möglich. Er musste alles so laufen lassen, wie es war, und auch sein eigenes Schicksal einkalkulieren.
Der Pfähler wusste nicht mehr, wann er zum letzten Mal geweint hatte, nun aber traten ihm die Tränen in die Augen, und er merkte, wie sein Blick verschwamm.
Letzte Station Hölle!
So und nicht anders musste er sein Leben betiteln. Er würde den gleichen Schmerz spüren wie Marlene – und was kam danach? Er konnte es nicht sagen, aber er hatte die Folgen oft genug erlebt und die Kreaturen auch gejagt.
Niemand hatte ihm erzählt wie man sich als Vampir fühlt. Er fragte sich auch, ob man überhaupt etwas fühlte?
Nicht darüber nachdenken. Sich nicht verrückt machen. Das wäre fatal gewesen.
Er senkte den Kopf. Er wollte nichts mehr sehen und hätte sich auch am liebsten die Ohren zugehalten, damit er nichts hörte. Doch er wagte nicht, sich zu bewegen.
Vor ihm hörte er Mallmanns Flüstern. »Es schmeckt ihr. Es schmeckt ihr wirklich. Und ich werde bald ebenfalls in den Genuss des frischen Blutes kommen…«
Das war der Moment, an dem Marek seine Augen wieder öffnete.
Die Szene hatte sich verändert. Zwar befand sich Marlene noch immer im Griff der Blutsaugerin, aber das Opfer lag jetzt am Boden und die Cavallo schräg auf ihm. Sie wollte wirklich auch den letzten Tropfen aus der Frau saugen.
»Es reicht!«, sagte Mallmann.
Justine hörte nicht. Erst nach einer Weile klang ein schmatzender Laut auf, als sie ihre Lippen vom Hals der Frau löste und sich in eine kniende Haltung aufrichtete.
Sie schaute noch kurz auf ihr Opfer, um sich danach langsam zu drehen. So geriet auch ihr Mund in Mareks Blickfeld.
Um die Lippen herum hatte sich das Blut verteilt und einen Schmier gebildet. Es
Weitere Kostenlose Bücher