1419 - Mandragoros Mörderfee
wir Sie von der mordenden Pflanze befreit.«
Er bekam große Augen. »Das stimmt sogar. Ich habe es nicht geschafft. Wie konnten Sie es dann?«
»Darüber sollten wir später reden«, schlug ich vor. »Erst mal sind Sie wichtig. Wenn es Ihre Stimme mitmacht, könnten wir uns unterhalten.«
»Ja, das können wir. Der Dorfdoktor ist klasse. Der hat meinen Hals von innen mit irgendeinem Zeug eingepinselt und ihn von au ßen mit einer Tinktur eingerieben und dabei was von den vererbten Rezepten seines Großvaters gemurmelt. Die sind manchmal am besten.« Er winkte ab. »Aber was rede ich da! Wir wollten ja über meine Erlebnisse sprechen.«
»Ja…« Suko wollte noch etwas sagen.
Ken Bullock kam ihm zuvor. »Bitte nicht hier. Ich habe im Prinzip nichts gegen die Praxis hier, aber ich fühle mich draußen wohler. Hier komme ich mir zu beengt vor.«
Das konnten wir verstehen. Ich wollte wissen, wohin wir fahren sollten, und Bullock meinte, dass er sich in der frischen Luft am wohlsten fühlen würde.
»Spazieren gehen also…«
»Nein, ich kenne hier in der Nähe eine Bank. Dort hört uns auch keiner zu. Was ich Ihnen sage, ist der reine Wahnsinn. Entweder halten Sie mich dann für völlig verrückt und schicken mich in eine Anstalt, oder Sie werden nachdenklich, und versuchen, über den Tellerrand hinweg zu denken, was ja nicht vielen Menschen gelingt.«
»Richten Sie sich mal auf die Tellerränder ein.«
»Abwarten.«
Kein Wunder, dass er uns nicht so richtig traute, alles zu verstehen, was ihm widerfahren war. Wir sahen auch keine Gründe, den Autor über unseren wahren Beruf aufzuklären.
Er wollte später noch mal zum Arzt zurückgehen, doch jetzt brauchte er frische Luft.
»Müssen wir mit dem Wagen fahren?«
»Nicht unbedingt.«
»Dann zeigen Sie uns mal Ihr lauschiges Plätzchen.«
»Gern.«
Wir nahmen ihn in die Mitte.
Der Arzt wohnte dort, wo die Häuser weiter auseinander standen.
Bis zum Ende des Ortes war es nicht weit, und die normale Straße wurde danach zu einem Feldweg.
Zuvor bogen wir nach links ab. Hinein in einen schmalen Weg, der in den Wald führte. Er wuchs auf einem flachen Hang, war hier recht licht, und so konnten wir durch die Lücken nach unten bis auf den Wildwasserbach schauen.
Weit brauchten wir nicht in den Wald hineinzugehen. Es gab eine Lichtung, die wie ein breiter Schnitt bis an das Ufer reichte, und dort, wo die Lichtung begann, stand eine klobige Holzbank.
Das Sonnenlicht wurde vom Laub der Bäume gefiltert. Aber es erreichte auch die Sitzfläche und hinterließ dort ein gesprenkeltes Muster, sodass die Bank von hellen Flecken übersät war.
Wir nahmen dort Platz.
Wieder befand sich Ken Bullock zwischen uns. Er hatte sich leicht nach vorn gebeugt und blickte auf das glitzernde Wasser.
»Da unten hat es mich erwischt. Dabei hatte ich gedacht, der richtigen Gefahr entkommen zu sein.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich trieb auf eine kleine Halbinsel zu, die wie eine Zunge in den Bach hineinragt. Der Fleck ist den Menschen hier bekannt, sonst hätten sie dort keine Grillstelle errichtet.«
»Sie waren allein?«
»Ja, Mr Sinclair.«
»Und was geschah dann?«
Er hob die Schultern. Mit seiner leisen Stimme sprach er weiter.
»Ich lenkte mein Boot auf diese Zunge zu, weil ich aussteigen und mich ausruhen wollte. Ich bin kein Profi im Paddeln, und so brauchte ich eine kleine Pause.« Er legte den Kopf in den Nacken und lachte. »Was dann passierte, das können Sie sich nicht vorstellen.«
»Mal eine andere Frage«, sagte Suko. »Wo ungefähr liegt diese Zunge von hier aus gesehen?«
Bullock erhob sich, um uns den Ort besser zeigen zu können. »Sie können den Platz von hier aus nicht sehen. Sie müssten weiter abwärts fahren.«
»Aber nicht bis dahin, wo wir Sie gefunden haben?«, fragte ich.
»Nein.«
»Egal, das ist kein Problem. Sie haben also etwas entdeckt und sind davor geflüchtet.«
»Ja, das bin ich.«
»Und was genau haben Sie gesehen?« Er wollte sich wieder setzen.
Er holte auch schon Luft, um uns genauestens zu berichten, aber dann geschah etwas, womit keiner von uns gerechnet hätte.
Beide hörte wir das leise Sirren – und einen Aufprall. Zugleich sahen wir, was geschehen war. Es war wie ein Albtraum. Ken Bullock hatte einen heftigen Schlag erhalten. Er taumelte nach vorn, und so sahen wir, dass aus seinem Hals der Schaft eines Pfeils ragte. Die Spitze war nicht zu sehen, sie steckte tief im Fleisch.
Suko und ich fuhren blitzartig nach
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