1424 - Das Hexenherz
unter der Decke endete. Zwischen ihr und dem oberen Abschluss der Nische gab es noch genügend Platz für einen steinernen Rundbogen, der mit Reliefs versehen war.
Welche Motive sich dort befanden, erkannte sie nicht, aber die Nische und die damit verbundene Umgebung war für sie auch deshalb so interessant, weil sie keinen natürlichen Ursprung hatte. Sie musste von Menschenhand erschaffen worden sein, wie auch die beiden Gegenstände, die plötzlich in ihrem Gesichtsfeld auftauchten, als sie noch drei weitere Schritte auf das Ziel zugegangen war.
Sie sah sich von zwei steinernen Säulen umrahmt, sie sich an den oberen Enden verbreiterten und eine schalenförmige Form hatten.
Justine bedachte sie nur mit knappen Blicken. Für sie waren sie nicht interessant, wichtig war allein der Blick in die Nische, der von nun an besser nicht hätte sein können.
Sie sah das Ziel.
Sie wusste jetzt, was da so gepocht oder geschlagen hatte.
Es war ein übergroßes Herz!
***
Der Anblick sorgte dafür, dass Justine Cavallo keinen Schritt weiterging. Sie blieb stehen und konnte nur in eine Richtung schauen.
Nicht mehr nach links, nicht mehr nach rechts. Sie sah nur dieses übergroße, schon gewaltige und zuckende Etwas innerhalb dieser Nische. Das Herz war in zwei Hälften geteilt. Es gab da so etwas wie einen Mittelstrich, der die Teilung sichtbar werden ließ. Die beiden Hälften wirkten wie aufgepumpt. Sie waren von einer Farbe, die ins Dunkelrote ging, und sie waren vor allen Dingen nicht ruhig. Beide zuckten, und bei jedem Zucken gaben sie dieses pochende Geräusch ab, das Justine ans Ziel geführt hatte.
Nur empfand sie es hier direkt vor dem Herzen stehend nicht lauter als bei ihrem ersten Hören. Da sie sich mittlerweile an das Geräusch gewöhnt hatte, sorgte es in ihrem Innern auch für keine Verstimmung. Mit einem schon neutralen Blick schaute sie es sich weiterhin an und suchte nach einer Erklärung, was dieses Herz wohl zu bedeuten hatte und warum es hier seinen Platz gefunden hatte.
War es eine Maschine?
Wenn ja, dann musste es eine besondere Maschine sein. Keine, die von irgendwelchen Technikern hergestellt worden war. Jemand hatte hier ein riesiges Herz hingestellt, das ihrer Meinung nach eine Funktion haben musste. Sie dachte an Elsa Dunn, an deren Verhalten und an deren Veränderung im Aussehen, als John Sinclair sie mit dem Kreuz angegriffen hatte.
Das alles war ihr suspekt.
Dann hörte sie das Fauchen.
Justine Cavallo zuckte zusammen. Es war völlig unerwartet aufgeklungen, aber das Fauchen hatte auch seinen Sinn, denn plötzlich war das Feuer da. Als hätte ein Magier nur mal kurz mit den Fingern geschnippt, um diese Lohen zu erzeugen.
Justine stellte fest, dass sie auch von der Rückseite angestrahlt wurde. Deshalb drehte sie sich um und sah die Flammen auf den oberen Enden der beiden Säulen tanzen.
Das waren nicht alle. Zugleich war das Feuer oberhalb des Herzens aufgelodert.
Ein Puffen, ein Fauchen, eine Lohe!
Die Flammen tanzten in der Luft. Sie erinnerten dabei an zuckende Laken, die brennend in die Höhe geschleudert wurden. Dicht vor dem Relief lösten sie sich auf.
Der Blutsaugerin war klar, dass diese Feuer etwas zu bedeuten hatten. Sie waren nicht ohne Grund wie aus dem Nichts erschienen, aber es war müßig, darüber nachzudenken. Die Flammen hatten ihr nichts getan und sie nicht mal angesengt.
Nur die beiden Feuer auf den Säulen blieben bestehen. Sie reichten, um die Gegend zu erleuchten. Und das Herz pochte weiter. Es war ein übergroßes Organ, das sich aus eigner Kraft bewegte und so etwas wie ein Perpetuum mobile darstellte. Es gab nichts, woran dieses Herz hing. Es stand einfach nur in der Nische, und die dünnen Strahlenfinger, die um das Herz herum einen Kreis bildeten, waren nicht zu übersehen.
Mit dieser ungewöhnlichen Entdeckung hatte die Vampirin schon ihre Probleme. Sie war bisher davon ausgegangen, dass der Teufel hier eine Rolle spielte. Frauen hatten sich dazu herabgelassen, ihm zu dienen. Der Satan war so etwas wie ein Flirtpartner für sie geworden, und sie waren ja auch verändert worden, wie Justine es bei Elsa Dunn selbst erlebt hatte.
Okay, da war sie noch davon ausgegangen, dass es sich tatsächlich um den Teufel handelte, der im Hintergrund die Fäden zog. Jetzt stand sie vor einem gewaltigen pochenden Herz, das jedes Mal zuckte, wenn dieses Schlaggeräusch ertönte, und sich sogar in der Mitte leicht öffnete wie ein Maul.
Gehörte dieses Herz dem
Weitere Kostenlose Bücher