1424 - Das Hexenherz
einfach zu riesigen Tieren gehören, bevor man sie ihnen entnommen hatte. Ob das zutraf, wusste ich jedoch nicht.
Jedenfalls gab es das Herz, und es lebte. Darauf deutete nicht nur das Pochen hin, ich sah auch die beiden so gleich wirkenden Hälften, die sich bewegten. Allerdings blieben sie dabei auf der Stelle, denn das Zucken, das Zusammenziehen, das wieder Ausweiten geschah ausschließlich an diesem Platz, ohne dass sich das Gebilde dabei von der Stelle bewegt hätte.
Es war auch für mich, der ich schon viel erlebt hatte, einfach sagenhaft, so etwas zu sehen.
Ich fragte mich sofort, ob auch Justine Cavallo vor diesem riesigen Herz gestanden hatte. Wenn ja, wohin war sie dann verschwunden?
Hatte sie hier einen Fluchtweg gefunden? Oder war sie geflohen und hatte sich längst vom Haus entfernt?
An die letzte Möglichkeit glaubte ich nicht.
Dann dachte ich an Assunga und fragte mich automatisch, was sie mit diesem Herz zu tun hatte.
Ihr eigenes Herz war es bestimmt nicht. Trotzdem fiel mir der Begriff Hexenherz ein.
Es pulsierte weiter. Ich sah, dass es sich bei jedem Schlag in der Mitte, wo die beiden Hälften zusammenstießen, öffnete. Dann entstand jedes Mal ein kleiner Schlund, wie ein Loch, das den Anfang zu einem dunklen Tunnel bildete, und so war der Vergleich mit einem gierigen Monster nicht einmal zu weit hergeholt.
Ein Herz, das Beute wollte. Das die Beute verschlang, das leicht schmatzte, auch wenn es keine Säfte produzierte, um sie danach auszustoßen. Ich hatte es gesehen, aber ich würde es nicht bei der Betrachtung belassen. Ich wollte sein Geheimnis ergründen, auch wenn ich mich dabei in Gefahr begab.
Etwas fauchte links und rechts neben mir auf. Das Geräusch war so heftig, dass ich zusammenzuckte. Den Kopf musste ich nicht drehen, die beiden Flammen bemerkte ich aus den Augenwinkeln. Aus dem Nichts waren sie entstanden und tanzten jetzt auf den Enden der Säulen.
Auf welche Weise standen das klopfende Herz und die Flammen in einem Zusammenhang?
Des Feuer gab kaum Wärme ab. Man konnte es nicht mit dem Feuer der Hölle vergleichen, aber viel fehlte nicht, und vielleicht war es entstanden, um die Umgebung auszuleuchten.
Das Herz pumpte weiter!
Schläge, die mich irritierten, weil ich nicht wusste, wodurch dieses übergroße Organ angetrieben wurde. Wer führte hier Regie? War es das lebende Herz, das einfach nur schlug, ohne mit einem Körper in Verbindung zu stehen?
Wieder dachte ich an Assunga, die Schattenhexe.
Hatte sie mit diesem Herz zu tun? Gehorchte es ihren Befehlen?
Und wo steckte Justine?
An das Feuer hatte ich mich gewöhnt. Es störte mich nicht weiter.
Ich ging nach wie vor davon aus, dass ich die Lösung bei diesem übergroßen Herz finden würde. Es hatte mir bisher nichts getan, es bewegte sich nur zuckend und produzierte leicht schmatzende Geräusche, als würde dieses überdimensionale Organ in seinem Innern etwas vereinigen.
Kein Blut, keine Ader, nur hin und wieder die Säfte, die aber die Masse nicht verließen. Mal sah ich die Öffnung, die sich schnell wieder schloss, und ich überlegte, ob ich es riskieren und einen Angriff starten sollte.
Das Kreuz war…
Meine Überlegungen wurden unterbrochen, kaum dass ich sie zu Ende gedacht hatte. Da war vorerst nichts mit dem Kreuz zu machen, denn völlig überraschend spürte ich unter meinen Füßen die Bewegung.
Ich schaute hin, aber ich sah nichts. Nur das leichte Zittern blieb bestehen. Als würde sich ein fernes Erdbeben ankündigen und immer näher kommen, denn das Zittern veränderte sich. Sehr deutlich waren auch die Wellenbewegungen zu spüren, und ich rechnete damit, dass die Erde aufbrach.
In diesem Moment dachte ich an die Klauen, die aus der Öffnung geschaut hatten, um nach den beiden Gefangenen zu greifen. Konnte es sein, dass die Botschaft unter meinen Füßen etwas mit den langen Klauen zu tun hatte? Eine war von Suko vernichtet worden. Wo die beiden anderen abgeblieben waren, wusste ich nicht.
Das Herz war plötzlich nicht mehr so interessant für mich.
Zum Glück loderten die beiden Feuer. So konnte ich bei meiner Suche auf die Lampe verzichten.
Mein Blick schweifte über den Untergrund hinweg. Er wellte sich weiter, aber brach noch nicht auf. Das Rumoren unter mir blieb weiterhin bestehen, und als ich einen schnellen Blick auf das Herz warf, zuckte es heftiger und schneller.
Bei jedem Schlag war die Öffnung zu sehen. Aber so schnell, wie das Loch entstanden war, zog es sich auch
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