1429 - Hamillers Herz
aller Eile für ihn hergerichtet worden war. Er sah sich flüchtig darin um, dann begann er, sich aus dem VEI-CHA zu zwängen. Er legte den Schutzanzug achtlos weg und glättete die Bordkombination, die er darunter trug. Sie war von orangegelber Farbe, die übliche Kleidung aller Soldaten des Kaisers. Um die Taille wurde sie von einem breiten schwarzen Lederband zusammengehalten, und die Füße steckten in Stiefeln aus hellgrauem, weichem Material, die bis eine Handbreite über die Knöchel reichten.
Der Kartanin starrte wütend sein Spiegelbild an, das sich in einer polierten Fläche der hinteren Kabinenwand abzeichnete. Er war durch die Kämpfe nicht dazu gekommen, sein Äußeres zu verändern. Die türkisblaue Farbe seines Pelzes wirkte verwaschen und ausgebleicht. Der Fellstreifen auf dem Kopf hatte sich in eine Wirrnis verwandelt.
Phang-Troc machte dieser Anblick wütend, doch gleichzeitig beschloß der Kommandant, vorläufig nichts daran zu ändern. Seine Toilettengegenstände waren der Zerstörung des Trimarans zum Opfer gefallen, und in seinem VEI-CHA führte er lediglich eine kleine Notration an Schminke und Farbe mit sich. Der kampferfahrene Anführer einer Einsatzgruppe - das nämlich bedeutete der Titel „Cheni-Tarr" - hatte schon oft mit solchen Situationen zu tun gehabt, in denen er direkt aus der gewonnenen Schlacht vor den Kaiser zitiert wurde, um einen Orden zu erhalten. Phang-Troc hatte sich dann immer schnell an Bord einer Landefähre geschminkt und seine Kleidung in Ordnung gebracht. Frisch und elastisch war es jedesmal in die Halle der Sieger getreten.
Nun, diesmal würde das nicht der Fall sein. Die Gruppe befand sich zu weit weg vom Reich Karapon, und der Auftrag war noch nicht ausgeführt worden.
Die Augen des Cheni-Tarr wurden stumpf bei dem Gedanken. Längst hatte er begriffen, daß sie den Terranern unterlegen waren. Daran würde sich nach dem Verlust des Trimarans erst recht nichts ändern. Die Lage für die Kartanin konnte nur als aussichtslos bezeichnet werden, doch Phang-Troc hütete sich, vor versammelter Mannschaft so etwas auch nur anzudeuten.
Es hätte die Moral der Gruppe untergraben.
Der Kartanin ließ sich in eine Ecke sinken. Er schloß die Augen, die in einer Mischung aus Grün und Gold schimmerten, und dachte nach. Sein Verstand sagte ihm, daß ein ehrenvoller Rückzug jetzt mehr als angebracht war.
Seine Pflicht jedoch gebot ihm, den Auftrag seines Kaisers bis zum letzten Atemzug durchzuführen. Dies entsprach der Erziehung der Karaponiden. Das Reich hatte durch diese Geisteshaltung und Moral einen unerhört großen Aufschwung genommen, und ein Versagen in dieser Beziehung konnte nur als Verrat an der Gesamtheit des Volkes von Karapon ausgelegt werden.
Phang-Troc überlegte, wie er es am geschicktesten anstellte, das Ziel zu erreichen. Die Gruppe hatte einen Vorteil gegenüber früher... Sie konnte sich an vier verschiedenen Orten verstecken und einen Partisanenkrieg führen. Doch was bewirkte ein solches Vorgehen in einem Fall, wo es nur ein Ziel gab, nämlich jenes Fragment, das bereits heiß umkämpft gewesen war und von dem aus die Gruppe versucht hatte, das riesige Schiff BASIS wieder zusammenzufügen?
Bei der Perle Moto, die von Thoy-P'ang gehütet wird wie sein Augapfel, warum sollte es ihnen nicht gelingen, das Ziel doch noch zu erreichen? Der Gegner rechnete nicht damit, und die beiden Schiffe, die zur Verstärkung eingetroffen waren, hatten sich bisher nicht um die Anwesenheit von Fremden gekümmert.
Etwas anderes alarmierte Phang-Troc wesentlich mehr. Es sah alles danach aus, als wollten die Terraner gerade das tun, wozu die Karaponiden zum Trümmerfriedhof gekommen waren. Sie wollten ihr Schiff zusammenfügen, dieses riesige Gebilde, bei dessen Anblick in Form von hunderttausend Fragmenten der Cheni-Tarr zunächst in ehrfürchtige Starre verfallen war, bevor er sich an die Arbeit gemacht hatte.
Wir haben noch immer den Vorteil unseres guten Ortungsschutzes, überlegte er. Er erhob sich und klappte den provisorisch installierten Reiniger aus der Wand, um sein Fell wenigstens ein bißchen pflegen zu können. Er hielt es nicht länger als hundert Atemzüge darunter aus, dann sprang er hinüber zum Sessel und schlüpfte wieder in die Kombination. Er kehrte in den Steuerbereich des Beiboots zurück und ließ erneut die Konferenzschaltung mit den anderen Booten aktivieren. „Standortwechsel wird sofort nach diesem Gespräch vollzogen", begann er ohne Gruß.
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