1430 - Der Vampir-Clown
schaute hinein. Als sie nichts sah, öffnete sie die Türen des Wagens und untersuchte das Innere noch genauer.
»Und?«
»Nichts, John.«
»Ich frage mich, warum sie sich versteckt halten. Oder hatte Justine etwas anderes im Sinn?«
»Darauf tippe ich eher.«
Wir suchten den Boden nach Spuren ab, und ich fand eine lange Spur im feuchten Laub, die so aussah, als wäre sie von den Füßen eines Menschen hinterlassen worden, den man über den Boden geschleift hatte. Sie wiesen in eine bestimmte Richtung, der ich sofort folgte. Das Ziel war eine halb verfallene Grillhütte, und als ich näher an sie herankam, da fiel mir der dunkle Körper auf, der wie eine vergessene Hinterlassenschaft auf der Erde lag.
Da es nicht besonders hell in der Umgebung war, holte ich meine Leuchte hervor und strahlte den Körper an.
Ein Mann. Seine Lederjacke entdeckte Jane in diesem Augenblick.
Sie rief es mir zu und kam schnell näher, als sie mein Winken sah.
»Das könnte der Fahrer des Wagens sein«, bemerkte sie. »Hast du schon nachgeschaut, was mit ihm ist und ob er noch lebt?«
»Nein, aber das werden wir gleich wissen.«
Er lag auf der linken Seite. Ich wollte ihn herumdrehen, damit er auf dem Rücken zu liegen kam. Dabei hatte ich zu viel Schwung eingesetzt. Er rollte weiter, und wir schauten auf seine linke Seite – auch auf seinen Hals.
»Verdammt!«, flüsterte Jane.
Mehr brauchte sie nicht zu sagen, denn ich wusste, was sie meinte.
Auch jetzt, da ich meine Lampe weggesteckt hatte, sahen wir genau die Flecken oder Wunden, die uns so verdammt bekannt vorkamen.
Jemand hatte den Mann in den Hals gebissen und ihm dann das Blut ausgesaugt.
»Verdammt«, flüsterte ich.
»Nein, John, sag das nicht. Sag einfach Justine Cavallo…«
***
Sie hatte Recht. Es gab einfach keine andere Möglichkeit. Jemand hatte seine Zähne in die linke Halsseite des Mannes gegraben und ihm das Blut aus den Adern gesaugt. Und für uns kam keine andere in Frage als eben Justine Cavallo.
Ich kniete mich hin und tastete den Rand der Wunde ab. Dabei nickte ich.
»Was ist?«
»Es kann noch nicht lange her sein, dass er gebissen wurde. Die Wundränder sind noch feucht. Justine hat sich satt getrunken, ihn aber nicht vernichtet, wie sie es sonst tut.«
»Man kann sie daran gehindert haben.«
»Und wer?«
»Wie soll ich das wissen?«
Das stimmte, aber sicher war es nicht, dass Justine daran gehindert worden war, den Mann endgültig zu töten, damit er nicht nach dem Erwachen loslief und sich auf die Suche nach Menschenblut machte.
Jane half mir dabei, den Körper etwas zur Seite zu ziehen, wo das Licht besser war. Hier breitete sich kein Schatten eines halb zerstörten Dachs mehr aus.
Das Gesicht lag jetzt so gut frei, dass wir es auch ohne Hilfe der Taschenlampe erkennen konnten.
»Kennst du ihn, John?«
»Nein, du?«
»Woher denn? Justine wird ihn kennen. Sie ist schließlich zu ihm in den Wagen gestiegen.«
»Und sie hat sich sein Blut geholt.«
Ich war etwas irritiert. »Das will mir nicht so recht in den Kopf. Warum hat sie das getan? Sie hat damit eine Spur gelöscht. Vielleicht sogar die einzige. Also, damit kann ich wirklich nichts anfangen.«
»Dann bleibt noch die Frage, warum sie verschwunden ist.«
»Das auch.«
»Warten wir?«
Ich winkte ab. »Was bleibt uns anderes übrig? Oder willst du nach ihr suchen?«
»In dem dichten Wald hat das wohl wenig Sinn.«
»Okay, dann müssen wir warten und das tun, was getan werden muss. Du weißt Bescheid.«
»Sicher«, erklärte Jane etwas gepresst.
Wir beiden wussten, dass kein Weg daran vorbeiging. Vampire können nicht am »Leben« gelassen werden. Sie würden das Blut anderer Menschen trinken und diese ebenfalls zu Vampiren machen.
Damit würde ein mörderischer Kreislauf in Gang gesetzt werden, was wir verhindern mussten.
Ich hätte eine geweihte Silberkugel in den Kopf oder das Herz des Blutsaugers schießen können. Doch so leicht opferte ich keine Kugel, wenn es auch eine andere Möglichkeit gab.
Das Kreuz war stark genug. Sollte es zu einer Berührung mit dem neuen Wiedergänger kommen, würde die Gestalt endgültig vergehen und nicht mehr aufstehen. So hatte ich es bereits viele Male erlebt.
Jane sah mir zu, als ich das Kreuz unter dem Hemd hervorzog. Es war für uns beide eine besondere Situation. Umgeben von der schattigen Welt des Waldes, eingehüllt in einen Geruch, den die Natur abgab, und in eine ungewöhnliche Stille, bückte ich mich der leblosen
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