1431 - Shaos Feindin
Sie waren noch nicht wieder zurückgeschwappt, als ich ihn erreichte, mich ebenfalls durch den Spalt zwängte und ihm eine Hand auf die rechte Schulter legte.
»Ich denke nicht, mein Freund, dass ich Sie allein gehen lasse. Nagita interessiert auch mich.«
»Ja, sie ist wunderbar, John Sinclair. Aber wer nicht ihr Freund ist und damit nicht auf ihrer Seite steht, den tötet sie.«
Damit musste ich rechnen. Nur störte es mich nicht weiter. Denn derartige Versprechen war ich gewohnt…
***
Fünf Sekunden Zeit, nicht mehr und nicht weniger.
Suko wusste nicht, ob in der Dimension hinter dem Spiegel ebenso gerechnet wurde, aber das würde sich zeigen. Während er in die sich dehnende Spiegelwand hineinstürzte, bekam er aus dem Augenwinkel mit, dass sich Nagita nicht mehr rührte. Das war für ihn sehr wichtig, denn er musste sich um Shao kümmern.
Er umschlang seine Partnerin mit beiden Armen. Er spürte ihr Gewicht, stellte auch fest, dass sie atmete, und die Freude schoss in ihm hoch wie eine Flamme.
Beide stürzten zu Boden. Suko sah, dass diese Welt nicht anders aussah als die vor dem Spiegel. Auch hier herrschte das blaue Licht vor, und er sah, dass sie leer war.
Die Zeit war um!
Nagita bewegte sich wieder. Aber sie zielte mit ihrer Armbrust noch in eine andere Richtung.
Suko wollte nicht, dass sie sich umdrehte und die Waffe auf ihn oder Shao richtete, deshalb handelte er sofort. Er jagte auf die Gestalt zu, die wohl etwas von seinem Angriff merkte, aber nicht mehr in der Lage war, den Pfeil abzuschießen.
Dafür trat sie aus der Drehung heraus zu!
Suko wurde voll erwischt. Er hatte dem Tritt nicht mehr ausweichen können. An Brust und Kinn spürte er den Treffer, der ihn aus der Richtung schleuderte.
Er fiel wieder hin, überschlug sich, und Panik wollte in ihm aufsteigen, als ihm bewusst wurde, dass er in diesem Moment hilflos war.
Shao sah es.
Ihre Starre war durch Sukos Eingreifen beendet worden, und sie überlegte nicht lange. Sie tat genau das, was sie tun musste. In den folgenden Sekunden bewies die Chinesin, dass sie blitzschnell und perfekt handeln konnte.
Bevor Nagita es schaffte, auf den Inspektor zu zielen, lag Shaos Pfeil bereits auf der Armbrust. Durch einen Schrei wollte sie ihre Feindin ablenken.
Das gelang ihr auch.
Nagitas Kopf ruckte herum. Sie sah, was Shao vorhatte und dass der Pfeil bereits auf sie zielte, und es gab nur eine Chance für sie.
Weg und Deckung!
Sie flog zur Seite.
Shao schoss den Pfeil ab!
Doch das schmale Geschoss jagte an Nagita vorbei, denn mit mehreren Flickflack-Sprüngen brachte sie eine große Distanz zwischen sich und Shao.
Nichts passierte mehr.
Wieder schien jemand die Zeit angehalten zu haben. Shao hatte auch keinen zweiten Pfeil aufgelegt, denn es gab kein Ziel mehr.
Diese blaue Welt hatte ihre Feindin aufgesaugt.
Ihr Herz klopfte schneller als normal. Die plötzliche Stille gefiel ihr nicht, aber da gab es jemanden, der jetzt bei ihr war und mit dem sie nicht gerechnet hatte.
Suko war dabei, sich zu erheben. Er tat es langsam und schaute sich dabei um. Furcht vor einem hinterhältigen Angriff brauchte er nicht mehr zu haben. Nagita blieb verschwunden.
Beide hatten sich irgendwie gegenseitig das Leben gerettet. Das wussten sie, als sie sich in die Arme fielen.
Suko merkte, wie sehr Shao zitterte. Sie war durch die Vorgänge emotional stärker angespannt als ihr Freund. Und sie schüttelte einige Male den Kopf, als könnte sie es nicht begreifen, dass sie wieder frei war.
»Danke…«
»Nein, nein, Shao, ich habe zu danken, denn du hast sie vertrieben. Vergiss das nicht.«
»Aber du hast mich gefunden.«
»Es war nicht schwer.« Er streichelte ihre Wange. »Nur weiß ich nicht, was da vorgefallen ist. Ich meine, bei mir schon, aber was war mit dir? Wie bist du überhaupt in diese Lage geraten?«
Shao musste nicht lange nachdenken. »Es war eigentlich ganz simpel, wenn ich ehrlich bin. Du und ich, wir sind von der gleichen Kraft erwischt worden. Sie hob uns aus dem Wagen und schleuderte uns weg. Ich prallte gegen diese seltsame Wand und konnte mich nicht mehr befreien. Ich war eine Gefangene und fühlte mich wie eine Fliege im Netz der Spinne. Ich wartete förmlich auf meinen Tod, aber Nagita wollte es noch nicht. Sie wollte mir zeigen, wer die Stärkere ist.«
»Und warum das alles?« Suko breitete die Arme aus. »Ich kann es nicht begreifen.«
»Nagita hat es mir gesagt. Sie will meinen Platz einnehmen. Sie wollte die letzte
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