1431 - Shaos Feindin
weiß.«
Das schien ihn zu überraschen, denn er hob die Augenbrauen an, fragte allerdings nicht nach. Er ging wohl davon aus, dass ich die Wahrheit kannte.
»Sie hat es geschafft, sich aus dem Reich der Sonnengöttin zu lösen. Sie wollte nicht mehr bei ihr sein und…«
»Einen Augenblick«, unterbrach ich ihn. »Sprechen Sie zufällig von Amaterasu?«
»Ich erkenne, dass Sie gut Bescheid wissen.«
»Das gehört zu meinem Job.«
Haito hob die Schultern. »Nagita war eine Gefangene im Reich der Sonnengöttin. Amaterasu war enttäuscht von ihr. Sie hatte sie ausersehen, ihre Nachfolge anzutreten, aber Nagita hat sich nicht als würdig erwiesen. So hat Amaterasu eine andere Person ihr vorgezogen.«
»Shao!«
Haito verschlug es für einen Moment die Sprache. Wenig später flüsterte er: »Sie kennen sie auch?«
»In der Tat. Aber weiter.«
Er nickte. »Ja, das ist alles recht einfach. Nagita konnte nicht überwinden, dass Shao ihr vorgezogen worden war und sie zurückstehen musste. Aus der verletzten Eitelkeit wurde Hass, und der wurde immer stärker. Ihr Plan ist es, Shao zu vernichten und selbst an ihre Stelle zu treten. Was sich einfach anhört, ist nicht so leicht für Nagita, denn sie kann sich nicht so frei bewegen wie Shao. Sie ist eine Gefangene und hat nur bestimmte Räume zur Verfügung.«
»Wie diese Festung?«
»Ja, das ist ihre Heimat. Es gab mal einen mächtigen Dämon, dem sie sehr zugetan war…«
»Shimada«, sagte ich.
Haito nickte. »Ich erkenne immer mehr, dass Sie wirklich gut informiert sind.«
»Egal. Bleiben wir beim Thema. Ich weiß, dass sich auch Shimada in einer Festung aufgehalten hat. Nagita hat also gewissermaßen sein Erbe weiter geführt und sich ebenfalls diese Festung ausgesucht, in der sie schalten und walten kann. Es ist ihre geschlossene Welt und sie ist aus dem Reich der Sonnengöttin geflohen, um in unsere Dimensionen zu gelangen, wo sie Shaos Nachfolge antreten will. Dazu muss sie Shao erst töten oder sie anders ausschalten. Erst dann ist sie für die ersehnte Nachfolge bereit. Kann man das so sagen?«
»Ja, das stimmt.«
»Und welche Rolle spielen Sie dabei?«
»Ich bin der Mittler.«
»Sie meinen das hier?« Ich deutete in die Runde.
Haito nickte. »Mein Fahrgeschäft. Ihre Festung. Niemand der normalen Gäste weiß, was sich wirklich dahinter verbirgt. Sie steigen ein, erleben einen ganz anderen Schrecken als sonst und haben keine Ahnung, was hier wirklich lauert. Nagita befindet sich in der Warteposition. Shao muss verschwinden. Erst dann hat Nagita freie Bahn für weitere Pläne.«
»Das kann ich verstehen, zumal ich gewisse Zusammenhänge von früher her kenne. Warum hat sie gerade Sie ausgesucht?«
»Weil ich die alten Götter verehre«, flüsterte er. »Sie sind mir sehr wertvoll. Ich habe diese Festung erbauen lassen. Ich weiß aus alten Schriften, wie sie ausgesehen hat. Und so konnte ich Nagita eine Heimat geben. Die große Entscheidung steht dicht bevor. In dieser Nacht sind alle Fäden verknüpft worden, und Nagita ist ihrem Ziel einen großen Schritt näher gekommen. Der Kampf zwischen ihr und Shao steht dicht bevor. Shao wurde hergelockt, und ich kann mir denken, dass Amaterasu sie um Hilfe gebeten hat.«
»Das trifft zu.«
Haito nickte. »Beide sind sich sehr ähnlich. Beide kämpfen mit den gleichen Waffen, aber nur eine kann die Siegerin sein, und ich glaube, dass es Nagita sein wird.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher. Ich kenne Shao besser. Ich weiß, dass sie sich wehren kann.«
»Nein, sie wird in der Festung hilflos sein. Lasst diese Nacht vorbeigehen, dann hat sich alles geregelt.«
»Ach ja?«, höhnte ich. »Hat sich das alles?« Ich schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Ich brauche nur in den Wagen zu schauen, um den Toten zu sehen. Ein zweiter Mann wurde von mir erschossen. Es ist Ihr Helfer gewesen, Haito. Ich denke, dass Sie auf das falsche Pferd gesetzt haben, denn ich werde alles tun, um die Rückkehr Nagitas zu verhindern. Darauf können Sie sich verlassen.«
»Sie sind trotzdem zu schwach, John Sinclair. Es ist eine andere Welt, und dort herrschen andere Regeln.«
»Kann es nicht sein, dass mir diese Regeln auch bekannt sind?«
Er überlegte sich die Antwort sehr genau. »Ja, inzwischen habe ich feststellen müssen, dass Sie schon ein besonderer Mensch sind, der ein großes Wissen besitzt. Aber die Festung hier ist eine andere Welt. Sie ist für Fremde tödlich. Ich selbst habe mitgeholfen, sie zu
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