1431 - Shaos Feindin
erschaffen. Ich habe das Sichtbare bauen lassen, und zwar um das Unsichtbare herum, sodass es zu gewissen Reisen innerhalb der Festung kommen kann. Außerdem ist sie wandelbar. Nichts ist so, wie es erscheint und…«
»Das kenne ich von Shimada her. Er wollte auch mich vernichten. Letztendlich waren wir es, die ihn getötet haben. Ihm wurde der Kopf abgetrennt, und so wird er nie mehr in seine Festung zurückkehren können. Wer sich auskennt und weiß, wie stark Shimada mal gewesen ist, der kann davon ausgehen, dass sein Vernichter auch mit einer Person wie Nagita fertig wird.«
Ich ließ ihn in dem Glauben, dass ich Shimada getötet hatte, und das nahm er mir auch ab.
»Diesmal nicht«, flüsterte er. »Diesmal haben Sie dich geirrt. John Sinclair.«
»Warum sollte ich das?«
»Das will ich Ihnen sagen. Shao ist bereits eine Gefangene. Sie steckt in dieser Welt. Und sie wird sie aus eigener Kraft nicht verlassen können. Das schwöre ich.«
»Stimmt. Nur ist sie nicht allein. Ihr Partner Suko ist an ihrer Seite. Zu zweit sind sie immer besser als Nagita.«
Beinahe traurig schaute mich der Mann an. Meine Antwort schien ihn erschüttert zu haben.
»Ich glaube, dass Sie nichts begriffen haben, John Sinclair. Nagita ist zu mächtig. Sie muss es einfach sein, denn sie konnte der Gefangenschaft einer Sonnengöttin entrinnen. Das allein sagt genug aus über ihre Macht.«
»Gut, ich weiß jetzt alles.«
»Dann sollten Sie Ihre Konsequenzen ziehen.«
»Und wie sähen die aus?«
»Gehen Sie von hier weg. Verschwinden Sie so schnell wie möglich. Vergessen Sie alles.«
»Auch die beiden Toten?«
»Um die kümmere ich mich. Es gibt keine Zeugen. Ich kann sie für immer verschwinden lassen.«
So ähnlich hatte ich mir seinen Vorschlag vorgestellt, aber damit biss er auf Granit. Nicht im Traum dachte ich daran, das zu tun, was er von mir verlangte. In mir stieg sogar eine Wut hoch. Er hatte einen Mordbefehl gegeben. Sein Killer hätte mich fast umgebracht.
Und jetzt tat er so, als wäre das alles nichts.
Zum Teufel damit!
»Ich kann Sie sogar in Ihrer Lage verstehen, Haito, aber eines sollten Sie wissen. Ich bin noch immer Polizist und kann einfach nicht darüber hinwegsehen, dass jemand vor mir steht und sich mit mir unterhält, der mich vor kurzem noch hat umbringen lassen wollen. Das kommt nicht in Frage. Sie haben einen Mordauftrag gegeben, vergessen Sie das nicht. Ich kann es ebenfalls nicht vergessen.«
Haito blieb ruhig. Er nickte mir sogar zu. »Ich habe geahnt, dass Sie so reagieren würden.«
»Wie schön.«
»Aber ich werde meinen Weg weitergehen. Auch Sie können mich nicht daran hindern.«
Die Beretta hielt ich noch in der Hand. Ich hob sie jetzt ein wenig an, sodass die Mündung auf ihn zeigte. »Sind Sie felsenfest davon überzeugt?«
»Das bin ich. Sie können schießen. Es macht mir nichts aus. Mein Verhältnis zum Tod ist ein anderes als Ihres. Ich stamme aus einer anderen Kultur, und ich habe mein Leben darauf eingerichtet, dass ich bei meinen Taten auch sterben kann.«
»So etwa kenne ich. Wenn Sie keine Angst vor der Kugel haben, wie sehen dann Ihre Pläne aus?«
»Ich werde Sie jetzt verlassen.«
»Noch schöner. Und wohin wollen Sie gehen?«
»In die Welt, die ich mit aufgebaut habe. Nicht zurück in meinen Wagen. Ich habe mir vorgenommen, dabei zu sein, wenn Nagita als große Siegerin gekürt wird.«
»Allein?«
»Ja und nein.«
»Wer ist noch dabei?«
»Ako, mein Leibwächter, der bereits vorgegangen ist, um mir den Weg zu ebnen.«
Ich schaute ihn an und versuchte in seinen Augen zu lesen, ob es stimmte. Gesehen hatte ich diesen Ako nach dem Verlassen der Festung bisher nicht. Es konnte durchaus sein, dass er bereits vorgegangen war, um die Lage zu erkunden.
»Sie werden mich nicht daran hindern können«, erklärte Haito.
»Sie können mir in den Rücken schießen oder in den Kopf. Aber ich muss den Weg gehen. Ich habe es versprochen, und ich muss auch vor mir selbst bestehen können.«
Männer wie er meinten es ernst. Ich kannte sie. Wenn sie sich einmal zu etwas entschlossen hatten, würden sie nicht mehr davon abweichen. Er schaute mich noch einmal an, dann drehte er sich um und schritt auf die Tür zu, aus der ich herausgekommen war.
Noch zögerte ich. Zwei, drei Sekunden lang überlegte ich. Haito blieb noch mal stehen, als er die Tür erreicht hatte. Er drehte sich um und warf mir einen Blick zu.
Dann ging er vor.
Er stieß die beiden Hälften der Tür auf.
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