1432 - Fluchtziel Gevonia
Immer dem Strom nach. Mit einem Floß können wir fast die ganze Strecke zurücklegen."
„Geh wieder schlafen. Morgen reden wir weiter."
Am nächsten Tag regnete es schlimmer als je zuvor. Die Gefangenen wateten durch knietiefen Schlamm zur Arbeitsstätte, und der Wald hatte Dutzende von neuen Wurzeln über die Fabrikanlage geschoben, als wolle er sie mit ganzer Kraft verteidigen.
Wie zufällig fand sich Eschraxan bei der ersten Pause neben Holm ein. „Hast du darüber nachgedacht?" fragte er und sah voller Widerwillen zu, wie der Ingenieur einen faustgroßen Käfer verzehrte. „Er schmeckt gut", erwiderte Holm. „Reines Eiweiß. Früher hat man diese Käfer als Delikatesse angesehen."
Er blickte Eschraxan an. „Bis zum Fluß sind es etwa fünfhundert Meter. Die Strömung ist stark. Wir werden ins Wasser springen und uns treiben lassen.
Wenigstens zwei Stunden lang. Danach gehen wir an Land und bauen ein Floß."
Der Alte preßte die Lider wie unter großer körperlicher Pein zusammen. „Und die Flußechsen?" gab er zu bedenken.
Holm hielt ihm einen noch lebenden Käfer hin. „Deshalb habe ich ihn gegessen", erwiderte er. „Das gibt eine Körperausdünstung, die diese Bestien abschreckt."
„Ich kann das nicht essen", würgte Eschraxan. „Dann verzichte auf die Flucht." Der Alte nahm den Käfer, schloß die Augen, brach das Insekt hinter dem Kopf auseinander und verzehrte es. „Ausgezeichnet", lobte Holm, als er es geschafft hatte. „Nun bin ich bereit, es mit dir zu riskieren."
Er übernahm die Initiative. Langsam arbeitete er sich näher an den Fluß heran, und Eschraxan folgte ihm. Sie trennten Wurzeln ab, warfen sie auf einen großen Haufen und suchten sich weitere Wurzeln aus, die dichter am Fluß lagen. Auf diese Weise entfernten sie sich von ihrem ursprünglichen Arbeitsplatz, bis sie nicht mehr in der Mitte der Gruppe der Gefangenen arbeiteten, sondern am Rand. „Achtung", flüsterte Eschraxan. „Ein Roboter!"
Es knallte vernehmlich, dann fuhr eine Peitsche auf den Rücken Holms herab. „Schneller", befahl der Roboter. „Ich will mehr Leistung."
„Ja, Herr", antwortete Holm demütig.
Der Automat drehte sich herum und blickte zu anderen Gefangenen hinüber. In diesem Moment handelte der Ingenieur.
Seine Axt wirbelte durch die Luft, durchbrach die Metallplastikschicht im Rücken der Maschine und zertrümmerte die darunter verborgene Syntronik. Es krachte vernehmlich, doch das fiel unter den Axtschlägen der anderen Gefangenen nicht weiter auf. Der Roboter blieb bewegungslos stehen.
Holm spähte zu dem zweiten Roboter hinüber, der sie bewachte. Er hatte vorher gesehen, daß er einen Gefangenen peitschte. Auch jetzt war die Maschine noch dabei, ihn zu peinigen. Sie wandte ihnen den Rücken zu.
Holm fuhr herum. Er schulterte die Axt und rannte zusammen mit dem Alten in den nahen Wald. Sie erreichten das Unterholz unbemerkt. „Schneller", trieb er Eschraxan. „Wir haben nur ein paar Minuten."
Sie waren noch keine hundert Meter weit gekommen, als die Alarmpfeifen schrillten. „Nur keine Panik", sagte der Ingenieur. „Damit wollen sie uns nur einschüchtern.
Noch wissen sie nicht, wohin wir gelaufen sind. Der Regen verwischt unsere Spuren, und in den Syntronikprogrammen der Robs ist eine Flucht im Fluß nicht enthalten. Sie gilt wegen der Echsen als unmöglich. Das ist unsere Chance."
Wenig später erreichten sie das Ufer des Flusses, der hier nur etwa zweihundert Meter breit war. Auf einer Sandbank - keine zehn Meter von ihnen entfernt - lagen Dutzende von Panzerechsen und ließen sich vom Regen umspülen.
Eschraxan zögerte. „Das ist doch Selbstmord", sagte er keuchend. „Die Käfer schützen uns", antwortete Holm und riß ihn mit. Sie rannten durch das knietiefe Wasser zur Sandbank hinüber. Die Echsen fuhren hoch - und wichen ihnen aus!
Der Ingenieur lachte schrill. „Sieh dir das an", schrie er. „Sie tun so, als hätten wir die Pest."
Sie überquerten die Sandbank und stürzten sich ins Wasser. Die Strömung packte sie und schwemmte sie hinweg. Ängstlich reckte Eschraxan den Kopf in die Höhe. Am Flußufer wimmelte es von Echsen, von denen die meisten wenigstens drei Meter lang waren. Die Tiere hoben die Köpfe, griffen jedoch nicht an, sondern ließen sie vorbeitreiben. „Es hilft", frohlockte der Alte. „Ich hätte es nicht geglaubt."
Holm lächelte nur. „Ganz ruhig bleiben", riet er. „Du brauchst nicht zu schwimmen. Das Wasser trägt gut. Es genügt, wenn
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