1439 - Totenfeld
was sonst?«
»Dann haben Sie Unrecht, Jane.«
»Und wie sehen die Tatsachen aus?«
»Die Toten, denke ich, steigen nicht aus den Gräbern, sondern aus der Erde. Es ist nicht das Gleiche. Es gibt in der Nähe einen Leichenacker, ein Totenfeld, in dem sie liegen.«
»Warum nicht in den Gräbern?«
»Ich kann es nicht genau sagen. Es ist eine alte Geschichte. Hinzufügen muss ich noch, dass der Leichenacker nicht brach liegt.«
»Was bedeutet das?«
»Er wird bearbeitet. Der Landwirt, dem das Feld gehört, baut dort Mais an.«
»Und er hat sich nie für die Geschichte des Ackers interessiert?«
»Das kann ich nicht sagen. Ich habe nie mit ihm über das Thema gesprochen. Ich gehöre hier zwar zu den Bewohnern des Ortes, aber es gibt viele Menschen, die mir scheue Blicke zuwerfen. Ich bin sogar mal als Hexe bezeichnet worden.« Sie lachte und klatschte dabei in die Hände. »Nur weil ich hin und wieder Menschen die Karten lege. Ja, ich gebe zu, dass ich gern einen Blick hinter die Kulissen werfe, und die Karten lügen nicht, sagt man ja im Algemeinen.«
»Was haben Sie denn für die kommende Halloween-Nacht aus den Karten gelesen?«, fragte Jane.
»Nichts Besonderes, das kann ich Ihnen sagen. Oder nichts Konkretes.«
»Aber es könnte Ärger geben, nicht wahr?«
»Ich bin mir sicher, dass eine gefährliche Nacht vor uns liegt.«
Jane drehte mir ihr Gesicht zu. »Was sagst du dazu, John? Bitte, welche Antwort hast du?«
Auf diese Frage hatte ich gewartet und versucht, mich innerlich darauf einzustellen. Momentan sah ich noch kein Land. Es war alles zu ungewiss.
Das war die eine Seite. Es gab natürlich noch eine zweite. Und wenn ich mir die Frau gegenüber so anschaute, dann war ich mir ziemlich sicher, dass ich sie nicht als Spinnerin abtun durfte. Ein großer Teil dessen, was sie sagte, hatte schon Hand und Fuß. Auch wir hatten zu Halloween schon manche böse Überraschung erlebt.
Außerdem wartete niemand in London auf unsere Rückkehr. Dort lag nichts an, und deshalb sollte es kein Problem sein, die nächste Nacht hier in Hollow Field zu verbringen.
»Sie haben sich schon entschlossen, John!«, erklärte Anna.
»Ach, das wissen Sie?«
»Ich sehe es Ihnen an. Vergessen Sie nicht, dass man mich auch als Hexe bezeichnet hat.«
Jane gab die Antwort vor mir. »Ich könnte bleiben. Es gibt hier sicherlich ein Gasthaus, in dem wir absteigen können und…«
»Nein, nein, nein…« Heftig schüttelte Anna den Kopf. »Das kommt nicht in Frage. Das Haus mag Ihnen sehr klein vorkommen, aber es ist auch für drei Personen ausreichend. Unter dem Dach steht noch ein Zimmer frei. Sie müssen nur in die erste Etage gehen.«
Wieder warfen wir uns einen Blick zu. Jane deutete durch ihr Nicken an, dass sie nichts dagegen hatte, und auch ich stimmte zu.
»Sehr gut«, sagte Anna. Sie wirkte plötzlich entspannter und erleichtert. »Da wäre aber noch etwas«, sagte sie. »Ich weiß nicht, ob es mit dem Halloween-Fest zu tun hat. Gestern ist tatsächlich unsere kleine Bankfiliale überfallen worden. Der Zufall wollte, dass zwei Polizisten aus dem Nachbarort in der Nähe waren. Sie haben den Bankräuber verfolgt, der auf einem Motorrand geflohen ist. Aber sie haben ihn aus den Augen verloren. Er war plötzlich weg. Wie vom Erdboden verschwunden oder wie im Nebel aufgelöst.«
»Das ist nicht so unnormal.«
»Stimmt, John. Aber die Polizisten kehrten noch mal zurück. Und sie fanden die Maschine im Straßengraben, der zu dem Feld gehört, von dem ich Ihnen berichtet habe.«
»Zum Leichenacker?«
»Ja.«
»Und weiter?«, fragte Jane.
»Da kann man nur Vermutungen anstellen. Er kann geflohen sein und ist somit längst über alle Berge. Er kann aber auch hier geblieben sein. Auf dem Totenfeld. Vielleicht liegt dort irgendwo seine Leiche.«
»Ist denn danach gesucht worden?«, wollte ich wissen.
»Nein, das ist nicht der Fall. Nur werden die beiden Polizisten nicht aufgeben, wie ich hörte. Sie haben von oben Druck bekommen. Dieser Überfall ist einer von vielen, die in der Umgebung stattgefunden haben. Da ist jemand unterwegs, der die Orte auskundschaftet und dann die kleinen Filialen der Banken überfällt. Viel Geld erbeutet er nie, aber es läppert sich so zusammen.«
»Gut«, sagte ich. »Wir werden auch darauf achten.«
»Danke«, flüsterte Anna Bancroft und lächelte. »Danke, dass Sie sich entschlossen haben, zu bleiben. Ich habe mich in Ihnen beiden nicht getäuscht. Sarah hat in allen Punkten die
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